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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum (770 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 10.11.2012 um 14:33 Uhr (Zitieren)
Wer kann zweifeln, daß das Leben ein Geschenk der unsterblichen Götter, ein sittliches Leben aber ein solches der Philosophie ist? Wir verdanken also dieser um so viel mehr, als ein sittliches Leben eine größere Wohltat ist als das Leben an sich. Das dürfte für sicher gelten, wenn nicht auch die Philosophie eine Gabe der Götter wäre: denn den Besitz des Wissens haben sie zwar niemand, aber die Fähigkeit dazu jedermann verliehen. Denn wenn sie sie zum Gemeingut gemacht hätten und wir wissend zur Welt kämen, so hätte die Wissenschaft ihre beste Eigenschaft verloren: sie wäre ein Geschenk des Zufalls. Nun aber liegt ihr Wert und ihre Größe gerade darin, daß sie einem nicht in den Schoß fällt, daß sie jeder sich selbst verdankt und sie nicht von einem anderen beziehen kann. [...] Die Aufgabe der Philosophie ist es, die Wahrheit über Gott und die Welt zu finden. [...] Sie lehrte das Göttliche verehren und das Menschliche lieben, daß die Herrschaft in den Händen der Götter liege, unter den Menschen aber eine Gemeinschaft bestehe. Diese blieb so lange unverletzt, bis die Habsucht sie trennte und auch denen die Armut brachte, die sie am wohlhabendsten gemacht hatte. Denn sie hörten auf, alles zu besitzen, sobald sie Eigentum verlangten. Aber die ersten Menschen und die nächste Generation folgten harmlos der Natur und sahen in ihr ihre Führerin und ihr Gesetz, indem sie sich dem Schiedsspruch der Überlegenen anvertrauten. Denn es ist ein Gesetz der Natur, das Schwächere dem Stärkeren zu unterwerfen. [...]

[Quelle: Wilhelm Nestle (Hrsg.), Die Nachsokratiker. 2 Bde. Jena 1923; Bd. 2, S. 86 f.]

Wenn ich es recht verstehe, unterscheidet Poseidonios einen Naturzustand gemäß dem Gesetz der Natur von einem durch die Philosophie vermittelten sittlichen Zustand, in dem eine (Güter-)Gemeinschaft unter den Menschen bestehen soll.
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Anastasia schrieb am 10.11.2012 um 23:19 Uhr (Zitieren)
Kritik des Eigentums zu so früher Zeit?

Das Schwächere wird dem Stärkeren unterworfen als Naturgesetz. Darwin voraus?
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
διψαλέος schrieb am 10.11.2012 um 23:37 Uhr (Zitieren)
Poseidonios ist ein Kind seiner Zeit, nicht mehr und nicht weniger.

Philosophie schafft nicht, sie beschreibt Zustände.

Die Kunst der Philosophie ist es, komplizierte Zusammenhänge zu erkennen, zu analysieren und zu beschreiben.
Sie schafft aber keine neuen Bedingungen.
Wie auch?
Selbst die beste philosophische Schule kann die Grundbedürfnisse des Menschen/aller Lebewesen nicht hinwegphilosophieren:
Essen, Trinken, sexuelle Erfüllung, gemeinhin "Metabolismus" genannt.
Die Frage ist nicht "Warum?", sondern "Wie?"
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Anastasia schrieb am 11.11.2012 um 00:41 Uhr (Zitieren)
Meinst du, dass es Eigentum und den Begriff des Eigentums schon immer gegeben hat?

Meinst du, dass das Streben nach Überlegenheit zu den Grundbedürfnissen gehört?
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
διψαλέος schrieb am 11.11.2012 um 01:17 Uhr (Zitieren)
Zitat von Anastasia am 11.11.12, 0:41Meinst du, dass es Eigentum und den Begriff des Eigentums schon immer gegeben hat?

Meinst du, dass das Streben nach Überlegenheit zu den Grundbedürfnissen gehört?


Beide Fragen beantworte ich mit einem eindeutigen "Nein".
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Anastasia schrieb am 11.11.2012 um 11:57 Uhr (Zitieren)
Wenn du meine Fragen mit Nein beantwortest, wäre es ja doch interessant, der Frage nachzugehen, wie und wann der Eigentumsbegriff aufkam und damit das Streben nach Mehr und Macht.
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Γραικίσκος schrieb am 11.11.2012 um 12:06 Uhr (Zitieren)
Meinst du, dass es Eigentum und den Begriff des Eigentums schon immer gegeben hat?
Meinst du, dass das Streben nach Überlegenheit zu den Grundbedürfnissen gehört?


Beide Fragen beantworte ich mit einem eindeutigen "Nein".

Die Antwort klingt jedenfalls sehr überlegen.
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Γραικίσκος schrieb am 11.11.2012 um 12:16 Uhr (Zitieren)
Es steht vermutlich so, daß die Neolithische Revolution (der Übergang zu Ackerbau und Viehzucht) die Menschheit im Hinblick auf Eigentum, Raub, Krieg, Versklavung und Patriarchat 'verdorben' hat. Und möglicherweise ist dieser Übergang mythisch überliefert als Verlust 1. des Goldenen Zeitalters (Hesiod) bzw. 2. des Paradieses (Buch Genesis).
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Anastasia schrieb am 11.11.2012 um 12:28 Uhr (Zitieren)
Dein Beitrag spricht einen Punkt an, der in letzter Zeit in einem ganz anderen Zusammenhang thematisiert wird: die ökologischen Folgen von Ackerbau und Viehzucht.

Auf der einen Seite wurde die "Erfindung" des Ackerbaus und der Viehzucht notwendig, auf der anderen Seite richtet sie zunehmend und langfristig immer verheerendere Schäden an.
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Γραικίσκος schrieb am 11.11.2012 um 12:33 Uhr (Zitieren)
Mit Ackerbau und Viehzucht kann man mehr Menschen ernähren, als es eine Wildbeuterkultur (Jäger und Sammler) kann. Die Menschen hätten andernfalls mit einer hohen Kindersterblichkeit leben müssen. Und heute? Wie soll man sieben Milliarden Menschen ernähren? Die ökologischen Folgen sind in der Tat katastrophal.
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Anastasia schrieb am 11.11.2012 um 12:41 Uhr (Zitieren)
Es geht ja auch immer mehr um Nachhaltigkeit. Schon heute ist die Qualität der Lebensmittel nicht mehr dieselbe. Wie auch? Monokultur, Überdüngung, usw. Alles hat eben auch Grenzen.

Die ethischen Auswirkungen kommen hinzu!


Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Γραικίσκος schrieb am 11.11.2012 um 12:49 Uhr (Zitieren)
Kennst Du den österreichischen Dokumentarfilm "We Feed the World"?
Er handelt von den ökonomischen Ursachen dieser Tendenz. In diesem Film habe ich erfahren, was man heute häufiger lesen kann: daß Nestlé bemüht ist, in Entwicklungsländern Wasser zu verkaufen, was zwei Folgen hat: 1. nicht mehr alle Menschen können sich Wasser erlauben, 2. Nestlé pumpt die Grundwasserbestände leer und zieht dann weiter.
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Anastasia schrieb am 11.11.2012 um 14:13 Uhr (Zitieren)
Von dem Film habe ich gehört, ihn aber nicht gesehen. Über Nestlé wie über andere Konzerne habe ich keine gute Meinung. Ich frage mich auch immer häufiger, wie es dazu kommen konnte, dass Kartellgesetze nicht mehr greifen. Für Demokratien sind solche Entwicklungen fatal!
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Γραικίσκος schrieb am 12.11.2012 um 18:11 Uhr (Zitieren)
Nestlé betreibt dieses Geschäft z.B. in Pakistan. Ich zweifle, ob es dort eine Kartellgesetzgebung überhaupt gibt; obendrein ist das ja ein schweizer Konzern ist, kein deutscher.
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
ψαλτήριον schrieb am 12.11.2012 um 20:47 Uhr (Zitieren)
Die Schweiz hat also auch kein funktionierendes Kartellgesetz!
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
διψαλέος schrieb am 12.11.2012 um 22:40 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικίσκος am 11.11.12, 12:06
Die Antwort klingt jedenfalls sehr überlegen.

Nein, bitte nicht "überlegen", sondern "überlegt".
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
arbiter schrieb am 12.11.2012 um 22:42 Uhr (Zitieren)
ob es den Begriff des Eigentums gab, ist wohl nicht die Frage; zweifellos steht aber das Ja zur zweiten Frage (Rangordungskämpfe, nicht zuletzt um gesicherten und privilegierten Zugang zu überlebenswichtigen Ressourcen, dazu auch Sexualkonkurrenz) hiermit in Zusammenhang, wobei auf die historische Veränderung der Arten und Formen des Eigentums differenziert zu betrachten wäre
Re: Poseidonios über Philosophie, Götter, Natur & Eigentum
Γραικίσκος schrieb am 13.11.2012 um 17:01 Uhr (Zitieren)
Das hängt wohl davon ab, ob wir von unserer natürlichen Einstellung her den gewalttätigen Schimpansen oder den Bonobos gleichen, die ihre Konflikte bekanntlich auf eine etwas entspanntere und entspannendere Art lösen.
 
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