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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
War Homer frivol? (745 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 10.11.2012 um 15:01 Uhr (Zitieren)
Herakleitos in den "Homerischen Allegorien":
Ungestraft eröffnet man gegen Homer einen scharfen und hitzigen Streit wegen seiner angeblich geringschätzigen Behandlung der Religion. Denn freilich, wenn seine Darstellung nicht einen bildlichen Sinn hat, dann war er durch und durch frivol. In beiden Epen wimmelt es ja von gottlosen Geschichten, die von widergöttlichem Unverstand erfüllt sind. Wenn man nun meint, dies seien einfach dichterische Erzählungen ohne philosophische Bedeutung, ohne einen allegorischen Sinn, der im Hintergrunde steht, dann müßte Homer ein Salmoneus oder Tantalos gewesen sein und an dem schmählichen Gebrechen einer zügellosen Zunge gelitten haben. Darum mußte ich mich auch sehr wundern, daß unser frommes Leben, das sich in Tempeln, Heiligtümern und über das ganze Jahr verteilten Festen bewegt, mit solcher Liebe an den homerischen Frivolitäten hängt und seine ruchlosen Worte immer im Munde führt. Denn gleich im frühesten Kindesalter werden die Knaben, die eben erst mit dem Lernen beginnen, im Unterricht mit ihm aufgesäugt und indem wir sie von ihm fast wie Windeln umhüllen lassen, geben wir ihren Seelen seine Gesänge wie einen Trunk Milch zu schlürfen. Werden sie größer, so steht er ihnen auch noch zur Seite und er begleitet ihre Entwicklung, bis sie in kurzem völlig zu Männern herangereift sind. Ja selbst im Alter werden wir seiner nicht überdrüssig. Legen wir ihn beiseite, so dürsten wir bald wieder nach ihm und fast fällt das Ende der Beschäftigung mit Homer für die Menschen mit dem Lebensende zusammen. Darum ist es nach meine Meinung klar und muß jedermann einleuchten, daß den homerischen Epen nicht der Makel gottloser Geschichten anhaftet. Denn beide, zuerst die Ilias und dann die Odyssee, legen ein durchaus reines und von jeder Befleckung freies übereinstimmendes Zeugnis ihrer eigenen frommen Gesinnung ab mit den Versen:
"Niemals möcht' mit den Göttern, den Himmelsbewohnern, ich streiten." (Il. 6, 129)
"Töricht, die wir mit Zeus uns messen zu können vermeinen." (Il. 15, 104)

(Nachsokratiker, a.a.O., S. 151 f.)

Nun möchte ich doch gerne die philosophische Bedeutung und den allegorischen Sinn der homerischen Götterdarstellung kennenlernen.
Re: War Homer frivol?
διψαλέος schrieb am 10.11.2012 um 16:27 Uhr (Zitieren)
Ich verstehe die Frage, bzw. den Ansatz zur Frage nicht:
"frivol" bedeutet doch eine schlüpfrige Anspielung mit sexuellem Inhalt?

Nun kann ich den Homer nicht im Original verstehen (lesen schon, aber Homer schreibt ja auch noch in einem "speziellen" Dialekt)
Re: War Homer frivol?
Γραικίσκος schrieb am 10.11.2012 um 16:30 Uhr (Zitieren)
Auch die Behandlung religiöser Themen auf einem als unziemlich empfundenen Niveau (Götter, die einander schlagen oder Ehebruch betreiben), nannte man früher (nennt man noch?) "frivol".
Re: War Homer frivol?
Γραικίσκος schrieb am 10.11.2012 um 16:31 Uhr (Zitieren)
Auf solche Schilderungen bei Homer bezieht sich Herakleitos. Hat da nicht sogar einmal ein griechischer Held einen Gott im Kampf verletzt? Diomedes?
Re: War Homer frivol?
διψαλέος schrieb am 10.11.2012 um 16:40 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικίσκος am 10.11.12, 16:31Auf solche Schilderungen bei Homer bezieht sich Herakleitos. Hat da nicht sogar einmal ein griechischer Held einen Gott im Kampf verletzt? Diomedes?

Ja, sogar zwei: Ares und Aphrodite,
das gelang aber nur durch Mithilfe von Pallas Athene
Re: War Homer frivol?
διψαλέος schrieb am 10.11.2012 um 16:50 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικίσκος am 10.11.12, 16:30Auch die Behandlung religiöser Themen auf einem als unziemlich empfundenen Niveau (Götter, die einander schlagen oder Ehebruch betreiben), nannte man früher (nennt man noch?) "frivol".


Homer "spiegelt" sozusagen die ihm bekannte menschliche, bzw. damalige politisch-soziale Ordnung in den Olymp:

An der Spitze steht ein Fürst, der nicht unbedingt durch rechtmäßige Erbfolge auf dem Thron sitzt (Zeus).
Unter ihm seine Vasallen, die er aber immer im Zaume halten muß.
Dazu dann eben das "normale" Verhalten von Herrschaften zu allen Zeiten:
Neben der "rechtmäßigen" Ehefrau, die meistens einfach nur aus politisch-strategischen Gründen geehelicht wurde,
eine Reihhe von Nebenfrauen und Mätressen.
(Der in Europa so hochverehrte Karl der Große hatte nachweislich 10 Frauen,
teilweise geehelicht, teilweise "offizielle" Nebenfrau)

Daher beschreibt Homer in seinen Götterschilderungen einfach nur die "Ist"-Zustände seiner Zeit.
Vielleicht kann man das sogar als versteckte Kritik an den damals Herrschenden verstehen.
Re: War Homer frivol?
Γραικίσκος schrieb am 10.11.2012 um 16:52 Uhr (Zitieren)
So mag es sein. Aber ob das die "philosophische Bedeutung" und der "allegorische Sinn" sind, die Herakleitos meint? Ich kann mir unter seiner Ansicht so wenig vorstellen.
Re: War Homer frivol?
διψαλέος schrieb am 10.11.2012 um 16:56 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικίσκος am 10.11.12, 16:52So mag es sein. Aber ob das die "philosophische Bedeutung" und der "allegorische Sinn" sind, die Herakleitos meint? Ich kann mir unter seiner Ansicht so wenig vorstellen.

So geht es mir auch, trotz wiederholten Lesens.
Re: War Homer frivol?
Γραικίσκος schrieb am 10.11.2012 um 17:00 Uhr (Zitieren)
Vielleicht geht es ihm ähnlich wie Christen, die alles, was sie im NT nicht wörtlich nehmen wollen, als metaphorisch auffassen. Auch da fehlt mir dann öfters die Vorstellung, was diese Metaphern genau bedeuten sollen.
Re: War Homer frivol?
Φιλομαθής schrieb am 11.11.2012 um 11:44 Uhr (Zitieren)
Wenn man nun meint, dies seien einfach dichterische Erzählungen ohne philosophische Bedeutung, ohne einen allegorischen Sinn, der im Hintergrunde steht, dann müßte Homer ein Salmoneus oder Tantalos gewesen sein und an dem schmählichen Gebrechen einer zügellosen Zunge gelitten haben.

Diese Worte scheinen sich auf die Homerschelte des Xenophanes (Frg. 21 B 11 D-K, bzw. Frg. B 12)

πάντα θεοῖσ' ἀνέθηκαν Ὅμηρός θ' Ἡσίοδός τε,
ὅσσα παρ' ἀνθρώποισιν ὀνείδεα καὶ ψόγος ἐστίν,
κλέπτειν μοιχεύειν τε καὶ ἀλλήλους ἀπατεύειν.

Alles haben Homer und Hesiod den Göttern zugeschrieben,
was bei Menschen schmählich ist und als Vorwurf gilt:
stehlen, ehebrechen und einander betrügen.

zu beziehen und wenn Herakleites einer solchen Auffassung entgegenarbeitet, wird man eher bei (dem verlorenen) Theagenes von Rhegion Anknüpfungen vermuten dürfen als bei Sokrates/Platon (der von ihm als Ὁμήρου συκοφάντης bezeichnet wird).

Falls ich dich recht verstehe, werden gerade die Homer-Allegoresen bei Nestle nicht angeführt, sondern nur das Einleitungskapitel? Der διψαλέοσsche Euhemerismus entspricht jedenfalls nicht der von Herakleitos angestrebten Mythendeutung. Wie seine Auslegungen sich gestalten, mag ein Auszug veranschaulichen:

Ὅθεν, οἶμαι, κἀν τῇ θεομαχίᾳ Ποσειδάων ἵσταται διαμιλλώμενος. αἰεὶ γὰρ ἄπιστος ἔχθρα πυρὶ καὶ ὕδατι, τῶν δύο στοχείων ἐναντίαν πρὸς ἄλληλα φύσιν ἀποκεκληρωμένων· διὰ τοῦθ' ὁ Ποσειδῶν, ὑγρά τις ὕλη, καὶ παρὰ τὴν πόσιν οὕτως ὠνομασμένος, ἐξ ἀντιπάλου μάχεται ταῖς διαπύροις ἀκτῖσι τοῦ ἡλίου. πρὸς γὰρ Ἀπόλλωνα ποίαν ἔχει πρόφασιν ἐξαίρετον ἀπεχθείας. (Kap. 7 Ende)

Daher scheint es mir auch sinnfällig, dass Poseidon in der Theomachie als sein (Apollo-Helios') Widersacher auftritt. Es besteht nämlich eine fortdauernde, unüberbrückbare Feindschaft zwischen Feuer und Wasser, weil den beiden Elementen eine gegnerische Natur bestimmt worden ist. Daher kämpft Poseidon, weil er ein feuchtes Element darstellt und so von Posis (der Trank) seinen Namen herleitet, aus seiner Gegnerschaft heraus gegen die flammenden Strahlen des Helios, denn darin hat er den Hauptgrund seiner Feindschaft gegenüber Apollon.
Re: War Homer frivol?
Γραικίσκος schrieb am 11.11.2012 um 11:48 Uhr (Zitieren)
Das ist informativ. Danke.
Ja, Nestle hat ausgewählt und gibt nur die Einführung wieder.
 
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