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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Schuster, die ihren Leisten beiseite gelegt haben (687 Aufrufe)
Φιλομαθής schrieb am 16.12.2012 um 21:37 Uhr (Zitieren)
Berühmte Beispiele für Schuhmacher, deren Name nicht allein auf Ledersohlen, sondern auch auf Lederrücken geprägt wurde, sind der Fastnachtspieldichter Hans Sachs und der Philosophus Teutonicus Jakob Böhme. Auch der amerikanische (geradezu National-)Dichter Robert Frost hat zeitweilig als Schuster gearbeitet.

Doch findet man Schuster mit literarischen Ambitionen schon weit früher. Bei Diogenes Laertios steht folgende Notiz (2, 13, 122):

Σίμων Ἀθηναῖος, σκυτοτόμος. οὗτος ἐρχομένου Σωκράτους ἐπὶ τὸ ἐργαστήριον καὶ διαλεγομένου τινά, ὧν ἐμνημόνευεν ὑποσημειώσεις ἐποιεῖτο· ὅθεν σκυτικοὺς αὐτοῦ τοὺς διαλόγους καλοῦσιν. εἰσὶ δὲ τρεῖς καὶ τριάκοντα ἐν ἑνὶ φερόμενοι βιβλίῳ. [...] Οὗτος, φασί, πρῶτος διελέχθη τοὺς λόγους τοὺς Σωκρατικούς. ἐπαγγειλαμένου δὲ Περικλέους θρέψειν αὐτὸν καὶ κελεύοντος ἀπιέναι πρὸς αὐτόν, οὐκ ἂν ἔφη τὴν παρρησίαν ἀποδόσθαι.

Simon aus Athen, Schuster. Dieser verfasste, als Sokrates in seine Werkstatt kam und manches erörterte, von dem, woran er sich erinnerte, Aufzeichnungen. Daher nennt man diese Dialoge "Schusterdialoge". Es sind 33 Dialoge, die in einem Buch überliefert werden. Er hat, so heißt es, als erster die Worte des Sokrates erörtert. Als aber Perikles versprach, für sein Auskommen zu sorgen und wollte, dass er zu ihm käme, sagte er, er werde seine Meinungsfreiheit nicht verkaufen.

Nun könnte man die Person dieses Schusters Simon für ebenso legendenhaft und rein literarisch halten wie die meisten Geschichten und Anekdoten, die um die Figur des Sokrates herum entstanden sind, wenn nicht im Jahr 1959 die Ausgrabungen auf der Athener Agora tatsächlich das Haus eines Schusters namens Simon aus dem 5. Jh. v. Chr. zutage gefördert hätten.

http://www.agathe.gr/guide/boundary_stones_and_house_of_simon_the_cobbler.html

(Damit ist freilich nicht bewiesen, dass dieser Simon jener von Diog. Laert. erwähnte Bekannte des Sokrates ist, aber die Vorstellung, hier vielleicht tatsächliche Überreste aus dem weitgehend in mythische Ferne gerückten Leben des Sokrates sehen zu können, wirkt doch beinahe so aufregend, als bekäme man die rostigen Federn der Stymphalischen Vögel oder das Skelett des Minotaurus vorgeführt.)

Die Website der Agora-Ausgrabungen ist übrigens im Ganzen sehr informativ:

http://www.agathe.gr/
Re: Schuster, die ihren Leisten beiseite gelegt haben
ψαλτήριον schrieb am 17.12.2012 um 10:45 Uhr (Zitieren)
Danke für den interessanten Beitrag, von dem ich nur den auf Griechisch verfassten Teil nicht lesen konnte, da mir die Zeit und Muße für das Erlernen einer weiteren Sprache fehlt.
Re: Schuster, die ihren Leisten beiseite gelegt haben
Hylebates schrieb am 18.12.2012 um 06:39 Uhr (Zitieren)
Der Stein ist ja toll! Er sagt von sich selbst, dass er ein Grenzstein ist. Wie profan wirken dagegen unsere heutigen Hinweisschilder!

Habt Ihr bemerkt, dass auf dem Stein das "h" ausgeschrieben ist? Und zwar als "H"!
Re: Schuster, die ihren Leisten beiseite gelegt haben
Φιλομαθής schrieb am 18.12.2012 um 11:07 Uhr (Zitieren)
Jetzt, wo du's erwähnst ...

Ja, damals sprachen die Dinge noch selbst. So auch die Vasen, die ihren Besitzer angeben (etwa die Oinochoe des Phidias: "ΦΕΙΔΙΟ[Υ] ΕΙΜΙ" [ich gehöre dem Phidias] oder der Nestorbecher von Ischia [vermutl.]) und ihren Töpfer ("... Μ[' ]ΕΠΟΙΕΣΕΝ" [... hat mich gemacht]) bzw. Maler ("... Μ[' ]ΕΓΡΑΦΣΕΝ" [... hat mich bemalt]).

(Heute wahrt man eher eine gewisse Distanz zu den Geräten, selbst das Handy teilt mit: "Akku fast leer. Bitte laden!", nicht jedoch: "Mein Akku ist leer! Lade mich auf!")

@paeda: Der kursive Text war als Übersetzung für den griech. Abschnitt gemeint. Das war schlecht gekennzeichnet, verzeih!
Re: Schuster, die ihren Leisten beiseite gelegt haben
ψαλτήριον schrieb am 18.12.2012 um 22:43 Uhr (Zitieren)
@Φιλομαθής

Vielen Dank für den Hinweis. Erst jetzt sehe ich, dass die Übersetzung kursiv gedruckt ist.
Re: Schuster, die ihren Leisten beiseite gelegt haben
διψαλέος schrieb am 19.12.2012 um 00:47 Uhr (Zitieren)
aus aktuellem Anlaß:
In J.R.R Tolkiens Buch "Der kleine Hobbit",
der ja jetzt verfilmt in den Kinos gekommen ist,
haben die Geldbörsen von Trollen die dumme/tolle
Eigenschaft, bei Berührung durch Fremde laut zu quieken:
"Hallo, ich bin hier! Wer seid Ihr?"
(Ausgabe: dtv-Junior, München, Seite 53)

:-))
Re: Schuster, die ihren Leisten beiseite gelegt haben
Hylebates schrieb am 19.12.2012 um 19:53 Uhr (Zitieren)
Ich habe mal eine alte Scherbe in einer Vitrine gesehen, auf der ich meinte gelesen zu haben: "οσμαν εθηκε - Osman hat mich hierhergesetzt". Ich hielt das für einen Scherz, weil ein Archäologe namens Osman im Institut war. Erst nach langemm überlegen kam ich drauf, dass ich falsch getrennt hatte: ...ος μ' ἀνέθηκε.
 
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