Verschiedengeschlechtliche Zwillinge sind rar gesät in der Mythologie. Folgende konnte ich finden:

Aghdi (Ind. M.), Enkelin des Brama, Tochter der Satarupa und des Suajambu. Letzterer war der erste Menu, und beide Gatten waren Zwillings-Geschwister, Kinder Brama's. A. war die Gemahlin eines berühmten Braminen Ruschi; zwei Könige wagten es, um ihre Hand zu werben, doch da sie viel höher stand, als diese, wurde ihnen die ungeheure Kühnheit streng verwiesen und sie einem armen Priester zu Theil, welcher als Bramine an Bang ihr gleich war.

Aklima (Orient. Sage). Nach den Traditionen und Büchern der Perser und Muhamedaner gebar Eva dem Adam jederzeit Zwillinge; A. war die Zwillingsschwester Kains, von diesem heiss geliebt, doch durch Adam dem Abel bestimmt, und so die unschuldige Ursache des ersten Brudermordes.

Phylander (Gr. M.), Sohn des Apollo und der Acacallis. Zu Delphi war ein Standbild einer Ziege, welche Ph. und seine Zwillingsschwester Phylacis säugte.

Aus: Wilhelm Vollmer: Wörterbuch der Mythologie aller Völker. Neu bearbeitet von Dr. W. Binder. Stuttgart, ³1874. (Dig. Bibl. Bd. 17)

Hey, danke schon für die schnelle Antwort.
Nicht wahr, Zwillingspärchen gibt's nicht so häufig.

Isis und Osiris waren Geschwister, aber keine Zwillinge?

Oh, mit Fragezeichen. Das muss ich überprüfen, auch wenn ich die nächsten Tage nicht dazu komme.
In der Sage von Emuin Macha kommt auch ein Zwillingspärchen vor; nach der Geburt habe ich aber nichts von ihm gehört.

Danke auf jeden Fall für Eure Gedankenblitze. Bis die Tage (sind unterwegs).

Zitat von Γραικίσκος am 26.12.12, 23:04

Isis und Osiris waren Geschwister, aber keine Zwillinge?

Den Quellen nach waren sie - wie es sich für ordentliche, mythologische Wesen gehört - Geschwister, vielleicht auch Halbgeschwister (mit gemeinsamer Mutter) und miteinander verheiratet.

http://www.zeno.org/Hederich-1770/A/Osiris?hl=osiris

http://www.zeno.org/Hederich-1770/A/Isis?hl=isis

Ich bin mir nicht sicher:
In einem Gründungsythos der Inkas gibt es auch
ein Geschwisterpaar, ob es aber ein Zwillingspärchen war, weiß ich nicht.

in der germanischen Mythologie gibt es das Zwillingspaar
"Freyr" und "Frey(j)a" aus dem Göttergeschlecht der Wanen.
Allerdings ist die Quellenlage dazu sehr dürftig.

Mir ist Dornröschen bekannt - und zwar die Originalfassung aus dem Pentameron (Giambattista Basile), heißt hier nicht Dornröschen, sondern Thalia, Sonne und Mond, in dem Thalia (Dornröschen) die Zwillinge Sonne und Mond gebiert, die sie anschließend erlösen.

@dusty:
Es geht um Zwillingspärchen, also ein Junge und ein Mädchen.

(Allerdings soll in den KHM ("Grimms Märchen") Zwillingspärchen vorkommen.)

Danke für die Hinweise, ich werde ihnen demnächst mal nachgehen. Aklima und Aghdi scheinen wirklich nur in diesem einen Lexikon vorzukommen - ansonsten finden sich keine Hinweise. Mich würde interessieren, welche Quellen Vollmer meint.

Tatsächlich hatte ich schon mal im Grimm nachgeschaut, allerdings nur, weil mir Jorinde und Joringel eingefallen sind. Die sind keine Zwillinge.

Ich werde recherchieren und Euch bei Bedarf über Fortschritte informieren.

Soweit ich im Gutenberg-Projekt mit der Suche umgehen konnte, gibt es in Grimms Märchen genau ein Zwillingspärchen, nämlich die Kinder von Rapunzel. Alle anderen Zwillinge sind gleichgeschlechtlich.

Es gibt im gesamten Projekt noch ein Zwillingspärchen, nämlich in der malaiischen Mythologie die zwei ersten Menschen.

So gesehen, nämlich als die ersten Menschen, müßten doch auch Adam & Eva ein zweigeschlechtliches Zwillingspärchen sein, oder?

Mit Isis und Osiris war es nichts?

Zitat von Γραικίσκος am 7.1.13, 16:55

So gesehen, nämlich als die ersten Menschen, müßten doch auch Adam & Eva ein zweigeschlechtliches Zwillingspärchen sein, oder?

Eher Mutterpflanze und Steckling.

Zitat von Γραικίσκος am 7.1.13, 16:55

So gesehen, nämlich als die ersten Menschen, müßten doch auch Adam & Eva ein zweigeschlechtliches Zwillingspärchen sein, oder?

Jein,
da Adam wohl schon eine längere Zeitlang im Paradies lustwandelte,
bis ihm auffiel, daß er wandelte ohne ein Objekt der Lust,
bat er den Schöpfer um eine Gefährtin.
Dieser schuf aus einer Rippe eben Eva.
Streng genetisch gesehen waren sie "Zwillinge", da gleiches Erbgut, geklont zwar,
aber eben identisches Erbgut.
Rechtlich gesehen waren es Geschwister,
da gleicher Erzeuger und zeitlich versetzt zur Welt gekommen.

Isis und Osiris habe ich noch nicht überprüft - ich bin sehr langsam geworden.

War Adam nicht die Mutter von Eva? ;-)

Es ist schon bekannt, daß
- es im Buch Genesis zwei verschiedene Schöpfungsmythen gibt und
- sie in dem hier anstehenden Punkt nicht übereinstimmen, ja?
"Er schuf den Menschen nach seinem Bilde; als Mann und als Weib erschuf er sie." Zugleich, wie Zwillinge.

Bei Athenes 'Kopfgeburt' ist gelegentlich die Rede davon, dass der ungeborene männliche Zwilling derselben samt Mutter Metis noch in Zeus schlummert - ich habe das wenigstens bei Milton in dessen "De Idea Platonica quemadmodem Aristoteles intellexit"gelesen: "Haud ille Palladis gemellus innubae Interna proles insidet menti Jovis" (Es handelt sich um die spöttische Erkundung der Frage, nach welchem Urbild denn der Mensch geschaffen sein soll) Dazu vermerkt Thomas Warton im 18.Jhdt. "This aboriginal Man, the twin-brother of the virgin Pallas, does not remain in the brain of Jupiter where he was generated; but, although partaking of Man's common nature, still exists somewhere by himself, In a state of singleness and abstraction, and in a determinate place. Whether among the stars.” Jedenfalls findet sich eine ähnliche - selbstredend unbelegte - Behauptung im aktuellen Wikipedia-Artikel zu "Athene": "Daraus entsprang in voller Rüstung Athene. Sie wurde daher als eine Verkörperung des Geistes (da aus dem Kopf des Zeus = Kopfgeburt; siehe Namensherleitung) und damit der Weisheit und Intelligenz angesehen. Der Bruder der Athene blieb in Metis (beziehungsweise in Zeus) ungeboren und unbenannt."

Zitat von Γραικίσκος am 8.1.13, 16:38

"Er schuf den Menschen nach seinem Bilde; als Mann und als Weib erschuf er sie." Zugleich, wie Zwillinge.

Ich habe mich eine Weile mich Fundamentalisten rumgeschlagen. Einen Schaden habe ich nicht davongetragen. So ein Fundamentalist würde Deinen Zusatz "gleichzeitig" als unbiblisch abtun, weil es im zweiten Schöpfungsbericht keinen Hinweis darauf gibt (d.h. keinen Beweis für eine Gleichzeitigkeit).
Aber das ist ein interessanter Gedanke.

Athenes Zwilling - mysteriös! ;-)

Bei Hesiod steht nichts von einer Zwillingsschwangerschaft der Metis, aber die Sache ist immerhin auslegbar: Man kann darüber streiten, ob Metis den Sohn, den sie gebären sollte, bereits in sich trug oder ob Zeus sie verschlingend nicht nur dessen Geburt, sondern auch dessen Empfängnis verhinderte.

Zeus, der König der Götter, erkor sich zur ersten Gemahlin
Metis, die hoch an Rat über Götter und Menschen hervorragt.
Aber als sie Athene, die strahlenäugige Göttin,
Eben sollte gebären, bethörte mit schmeichelnden Worten
[890] Zeus ihr listig den Sinn und versenkte hinab in den Leib sie:
Denn des gestirneten Himmels Gebieter und Gaia gehorcht' er.
Also rieten sie ihm, dass nicht die Würde des Herrschers
Unter den ewigen Göttern statt Zeus ein andrer erlange.
Metis war es bestimmt, zu gebären verständige Kinder,
[895] Erst die Tritongeborne, die Göttin mit strahlenden Augen,
Welche dem Vater an Mut und klugem Sinne sich gleichstellt:
Weiter sollte sie dann dem Herrscher der Menschen und Götter
Einen gewaltigen Sohn voll Kraft und Stärke gebären:
Doch es verschlang zuvor der Gott in den eigenen Leib sie,
[900] Dass die Göttin Gutes und Schlimmes mit ihm beriete.

Theogonie 886-900. Übers. Rudolf Peppmüller.



In einem Chrysipp-Fragment (908, Arnim SVF II, 258), das wahrscheinlich eine ältere Fassung der Theogonie überliefert, heißt es:

συμμάρψας δ᾽ ὅ γε χερσὶν ἑὴν ἐγκάτθετο νηδὺν
δείσας, μὴ τέξῃ κρατερώτερον ἄλλο Κεραυνοῦ.
τοὔνεκά μιν Κρονίδης ὑψίζυγος αἰθέρι ναίων
κάππιεν ἐξαπίνης· ἣ δ᾽ αὐτίκα Παλλάδ᾽ Ἀθήνην
κύσατο· τὴν μὲν ἔτικτε πατὴρ ἀνδρῶν τε θεῶν τε
πὰρ κορυφὴν Τρίτωνος ἐπ᾽ ὄχθῃσιν ποταμοῖο.
Μῆτις δ᾽ αὖτε Ζηνὸς ὑπὸ σπλάγχνοις λελαθυῖα
ἧστο, Ἀθηναίης μήτηρ, τέκταινα δικαίων
πλεῖστα θεῶν τε ἰδυῖα καταθνητῶν τ᾽ ἀνθρώπων.

Indem er sie aber bei den Händen packte, schlang er sie hinunter in seinen Magen,
weil er fürchtete, dass sie einen anderen gebäre, der stärker als der Donnergott.
Deswegen schluckte der hochwaltende Kronide, der im Äther wohnt, sie
plötzlich hinunter. Sie wurde augenblicklich schwanger
an Pallas Athene. Der Vater der Menschen und Götter brachte diese
durch seinen Kopf zur Welt an den Steilufern des Flusses Triton.
Metis aber saß weiterhin unten im Leib des Zeus verborgen,
die Mutter der Athene, die Baumeisterin des Rechts,
die am meisten weiß unter Göttern und sterblichen Menschen. [~ Th. 887]



Nichts von einem Bruder. Die Schwangerschaft der Metis scheint, wenn das Medium κύσατο nicht überinterpretiert ist, spontan geschehen zu sein, sozusagen durch Selbstbefruchtung. Vielleicht wollte sie, noch bevor sie durch das Verschlungenwerden ihre Fruchtbarkeit einbüßte, auch den für Zeus so gefährlichen Bruder der Athene hervorbringen, nur war Zeus eben schneller.

Im theoi-project habe ich gerade gefunden, dass Veritas und Mendacium laut Aesop im selben Brennofen entstanden sind, der eine ein Abbild der anderen. Wobei ich im Schreiben merke, dass sie beide dasselbe Geschlecht haben müssen. Ihre Genera sind aber verschieden.

Laut Pausanias hatte Narkissos eine Zwillingsschwester, in die er eigentlich verliebt war. Nach ihrem Tod hat er deswegen sein Spiegelbild angeschaut.

Byblis' Zwillingsbruder hieß Kaunos. Sie war in ihn verliebt und wollte sich wegen dieser Liebe umbringen - so wurde sie in eine Hamadryade oder Hydrias verwandelt. (Antoninus Liberalis)

Nonnus nennt Beroe die Zwillingsschwester von Aion - das tut er wohl an der einen Stelle der Dionysiaca, an einer anderen sind sie keine Zwillinge.