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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Des Adlers ärgster Feind (718 Aufrufe)
Φιλομαθής schrieb am 26.12.2012 um 21:42 Uhr (Zitieren)
In einem Gedicht aus hellenistischer Zeit wird die intime Feindschaft zwischen dem Adler und einem anderen Tier geschildert:

τῷ μέν τ' ἔκπαγλον κοτέων βασιλήϊος ὄρνις
αἰετὸς ἐκ παλαχῆς ἐπαέξεται, ἀντία δ' ἐχθρήν
δῆριν ἄγει γενύεσσιν ὅταν βλώσκοντα καθ' ὕλην
δέρκηται· πάσας γὰρ ὅγ' ἠρήμωσε καλιάς,
αὕτως ὀρνίθων τε τόκον κτίλα τ' ὤεα βρύκων.

Um welches Tier mag es sich handeln und aus welchem Gedicht stammen die Verse?
Re: Des Adlers ärgster Feind
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 27.12.2012 um 00:21 Uhr (Zitieren)
Ich löse mal auf:
Kampf des Drachens gegen den Adler.
Das Ganze stammt aus Nikanders Theriaka
Re: Des Adlers ärgster Feind
Φιλομαθής schrieb am 27.12.2012 um 11:45 Uhr (Zitieren)
So ist es. Das ging ja beeindruckend schnell! Die Übersetzung der Verse (448-52):

Von alters her hegt der königliche Vogel, der Adler, gegen ihn schrecklichen Zorn schon wenn er heranwächst, dann aber [wenn er flügge ist] führt er einen erbitterten Kampf gegen ihn mit dem Schnabel, sobald er gewahrt wie er sich durchs Unterholz bewegt.

Denn ebendieser verwüstet ganze Nester, indem er ohne Unterschied sowohl das Küken dieser Vögel wie auch das umhegte Gelege zerbeißt.


Daran anschließend (453-57):

αὐτὰρ ὁ τοῦ καὶ ῥῆνα καὶ ἠνεμόεντα λαγωόν
ῥεῖα δράκων ἤμερσε νέον μάρψαντος ὄνυξι
θάμνου ὑπαΐξας· ὁ δ' ἀλεύεται· ἀμφὶ δὲ δαιτός
μάρνανθ'· ἱπτάμενον δὲ πέριξ ἀτέλεστα διώκει
σπειρηθεὶς καὶ λοξὸν ὑποδρὰξ ὄμμασι λεύσσων.

Der Drache wiederum schießt, wenn jener ein Lamm oder einen windgleichen Hasen gerade mit den Klauen erfasst hat, unter einem Busch hervor und beraubt [ihn auf diese Weise] leicht. Der aber weicht ihm aus. Nun streiten sie beide um das Mahl. Fliegt jener dann kreisend [über ihm], so verfolgt er ihn doch ohne Unterlass mit den Augen argwöhnisch empor spähend, während er [die Beute] umschlungen hält.

Offenbar hat diese Schlange Drakon wenig gemein mit unserer Vorstellung eines Drachen, ist sie doch nicht sonderlich groß und wird als für den Menschen harmlos dargestellt : οὐ μὲν ὅγ' αὕτως | ἐγχρίμψας ἤλγυνε καὶ ἢν ἔκπαγλα χαλεφθῇ· | βληχρὸν γὰρ μυὸς οἷα μυληβόρου ἐν χροῒ νύχμα | εἴδεται αἱμαχθέντος ὑπὸ κραντῆρος ἀραιοῦ. (So verursacht er, wenn er einem nahe kommt, kein Leid, selbst wenn er wütend angreift: denn harmlos wie von einer Maus, die einen Mühlstein benagt hat, erscheinen die Abdrücke von seinem winzigen Fangzahn auf der Haut.)
Re: Des Adlers ärgster Feind
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 27.12.2012 um 15:16 Uhr (Zitieren)
Schöner Beitrag!
Ja, die Theriaka ist ein interessantes Gedicht von Nikander in Hexametern. Es gibt auch eine deutsche Übersetzung von Dr. Brenning "Nikanders Theriaka und Alexipharmaka" von 1904. Die beiden Abschnitte von Φιλομαθής übersetzt er so:
http://www.fotos-hochladen.net/uploads/nikanderwnfajdkx6y.jpg
Re: Des Adlers ärgster Feind
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 27.12.2012 um 16:53 Uhr (Zitieren)
Ich finde auch interessant, dass dein Beitrag auf gewisse Leute im Forum paßt...;-)
Re: Des Adlers ärgster Feind
διψαλέος schrieb am 27.12.2012 um 19:33 Uhr (Zitieren)
In der Tat wuchs die Vorstellung von der Größe eines Drachens im Laufe des Mittelalters.

Wenn man sich Abbildungen, z.B. von St.Georg
im Kampf mit dem Drachen, anschaut, so ist im
allgemeinen der "Drache" nicht sonderlich groß.

So ging in der Vorstellung der Menschen die Gefahr
auch nicht zunächst von der Größe eines Drachens aus,
sondern eher von seiner Listigkeit.

Im Laufe der Zeit mußte so ein Lindwurm, der von
einem Drachentöter ("Siegfried") bezwungen wurde,
eine ansehnliche Größe bekommen, damit der Ruhm
entsprechend groß wird.
Re: Des Adlers ärgster Feind
Φιλομαθής schrieb am 30.12.2012 um 11:55 Uhr (Zitieren)
Und doch scheint es auch unter den antiken Drachen/Schlangenungeheuern ganz beachtliche Exemplare gegeben zu haben. Vom Python heißt es bei Kallimachos (h. 4, 90-93):

οὔπω μοι Πυθῶνι μέλει τριποδήιος ἕδρη,
οὐδέ τί πω τέθνηκεν ὄφις μέγας, ἀλλ᾽ ἔτι κεῖνο
θηρίον αἰνογένειον ἀπὸ Πλειστοῖο καθέρπον
Παρνησὸν νιφόεντα περιστέφει ἐννέα κύκλοις.

Noch kümmere ich mich nicht um den Sitz der Dreifußwächterin in Python (Delphi), und auch die große Schlange ist noch keineswegs tot, im Gegenteil: dieses Untier mit schrecklichem Schlund, das beim Fluß Pleistos herumkriecht, ringelt sich um den schneebedeckten Parnass in neun Windungen.

Und über den Drachen, den Kadmos erlegt hat, sagt Ovid (met. 3, 41-45):

ille volubilibus squamosos nexibus orbes
torquet et inmensos saltu sinuatur in arcus
ac media plus parte leves erectus in auras
despicit omne nemus tantoque est corpore, quanto,
si totum spectes, geminas qui separat arctos.

Jener windet in rollenden Verschlingungen die Schuppenringe und zu unausmessbaren Bogen spannt er sich im Ansprung und mehr als zur Hälfte aufgerichtet blickt er aus luftiger Höhe herab auf den ganzen Wald und ist von so großer Körperlänge, wenn du ihn ganz erblicken könntest, wie jener, der zwischen dem Bär[inn]enpaar steht.

Merkwürdig erscheint mir an der Nikandros-Stelle, dass sie nicht recht in Einklang zu bringen ist mit dem alten Adler-und-Schlange-Symbol, das in seinem Kern den Kampf von Gut und Böse verkörpert. (Noch Nietzsche bezieht sich ja im Zarathustra auf diese Symbolik, wenn er die Überwindung des Dualismus Gut-Böse in der Versöhnung von Adler und Schlange bildhaft macht.)

Hier wird nun von den 15 in dem Gedicht dargestellten Schlangen ausgerechnet diejenige Schlange in beständigem Kampf mit dem Adler stehend gezeigt, die für den Menschen die ungefährlichste ist und die zudem von Asklepios (Παιήων: der Arzt bzw. Heiler/Heiland) aufgezogen wurde, also kaum als Verkörperung des Bösen taugt.

Es fragt sich, ob die Symbolik Nikandros nicht mehr bewusst war, ob er ihr absichtlich entgegenarbeitete und dem Bild eine eigene Deutung unterlegte oder ob ihn die Treue gegenüber der wissenschaftlichen Vorlage zu seinem Eigensinn nötigte.
 
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