Γραικίσκος schrieb am 19.02.2013 um 16:06 Uhr (Zitieren)
Weiß jemand, ob nationalsozialistische Ideologen des Dritten Reiches sich explizit auf Sparta bezogen haben? Positiv oder negativ ist einerlei.
Meine bisherigen Recherche in folgenden Werken hat keinen Befund ergeben:
- Adolf Hitler: Mein Kampf
- Adolf Hitler: Monologe im Führerhauptquartier
- [Max Domarus:] Hitler - Reden und Proklamationen
- Alfred Rosenberg: Der Mythus des 20. Jahrhunderts
- Joseph Goebbels: Tagebücher
Re: Sparta im Nationalsozialismus
filix schrieb am 19.02.2013 um 16:40 Uhr (Zitieren)
Abgesehen von der Analyse rhetorischer Selbstüberlistungen, wie sie Göring im Januar 1943 mit "... und es wird auch einmal heißen: kommst du nach Deutschland, so berichte, du habest uns in Stalingrad liegen sehen, wie das Gesetz, das heißt, das Gesetz der Sicherheit unseres Volkes, es befohlen hat."* abgeliefert hat, geht Anuschka Albertz in ihrer Untersuchung zur Rezeptionsgeschichte der Thermopylen-Schlacht auch auf die allgemeine Sicht des Nationalsozialismus auf Sparta ein.
Beispielsweise hier auf die Folgen derselben für den Geschichtsunterricht: http://books.google.at/books?id=riawG2hZJtIC&pg=PA247
* In der Druckfassung zu "Kommst du nach Deutschland, so berichte, du habest uns in Stalingrad kämpfen sehen, wie das Gesetz ..." geändert.
Re: Sparta im Nationalsozialismus
Γραικίσκος schrieb am 19.02.2013 um 16:47 Uhr (Zitieren)
Stimmt, Göring, hat sich so geäußert.
Das Buch ist interessant - genau das, was ich brauche.
Danke.
Re: Sparta im Nationalsozialismus
Φιλομαθής schrieb am 19.02.2013 um 17:30 Uhr (Zitieren)
"Auch in seinem Kampf-Buch erweist sich Hitler vertraut mit den Grundzügen der Alten Geschichte und bietet zahlreiche Anspielungen auf antikes Gedankengut. Die schaumgebohrene Aphrodite [Mein Kampf, München 1924/39, S. 94], die Weisheit des Perikles [MK. 88], das Epigramm auf Thermopylae [MK. 224] und der Verrat des Ephialtes [MK. 707], die Folgen von Cannae [MK. 251] und das Schwert des Brennus [MK. 770] waren dem Autor wie seinen Lesern geläufig. Auch in den Tischgesprächen finden sich detaillierte Angaben zur Alten Geschichte, so zu den Zahlen der Bürger und Heloten in Sparta [Henry Picker: Hitlers Tischgespräche ..., Stuttgart 1963, S. 177], die auf fachnahe Lektüre schließen lassen."
"In der Architektur waren es die dorische Säule und ein von ihr inspirierter Pfeiler, die mit Vorzug Verwendung fanden: so in der Nürnberger Tribüne und am Haus der Kunst in München. Dort bei der Eröffnung der "Großen Deutschen Kunstausstellung" am 19. Juli 1937 erklärte Hitler, nie sei die Menschheit "in Aussehen und Empfindung der Antike näher" gewesen als jetzt. Die Liebe zum Dorischen hatte auch, wie Albert Speer bezeugt, ideologische Gründe: Der dorische Stil galt als "Ausdruck der neuen Ordnung" [Albert Speer: Spandauer Tagebücher, Ffm. 1975, S. 262]. Sah man doch im Kriegerstaat Spartas ein Muster der eigenen Gesellschaftsordnung. Eugenische Auslese Neugeborener, sportliche Erziehung der Knaben und Mädchen, Gemeinschaftsideal der Kriegerelite, Zuch und Opferbereitschaft für den Staat, Ablehnung alles Fremden - dies paßte ins neue Programm [Karl Christ: Sparta, Darmstadt 1986, S. 46 ff.]"
Alexander Demandt: Hitler und die Antike, in: Urgeschichte der Moderne. Die Antike im 20. Jahrhundert, hrsg. von Bernd Seidensticker und Martin Vöhler. Stuttgart und Weimar 2001. S. 138 u. 143.
Re: Sparta im Nationalsozialismus
Φιλομαθής schrieb am 19.02.2013 um 17:51 Uhr (Zitieren)
... schaumgeborene ...
Re: Sparta im Nationalsozialismus
Γραικίσκος schrieb am 19.02.2013 um 17:53 Uhr (Zitieren)
Das sind weitere interessante Hinweise - auch wenn mir Hitlers Kenntnisse der Antike eher oberflächlich erscheinen. Immerhin belegen sie, was ich wissen bzw. bestätigt haben wollte: daß Sparta als eine Art Erziehungsideal galt.
Der Aufsatz von Karl Christ in dem genannten Band aus der Reihe Wege der Forschung ist sehr informativ.
Re: Sparta im Nationalsozialismus
Γραικίσκος schrieb am 19.02.2013 um 17:58 Uhr (Zitieren)
Hitler benutzt 'Ephialtes' als Synonym für Verräter, so wie man ab dem Zweiten Weltkrieg 'Quisling' gesagt hat. Gut, auch dafür benötigt man minimale historische Kenntnisse.
Re: Sparta im Nationalsozialismus
ανδρέας schrieb am 19.02.2013 um 18:17 Uhr (Zitieren)
In "Mein Kampf" ist Sparta m.W. nicht explizit erwähnt, aber natürlich der Spartakusbund. Auch Leonidas oder Lakonien wird im Stichwortverzeichnis nicht genannt. Allerdings sagt er zum Geschichtsunterricht ("Wert der humanistischen Bildung", S.469 f.):
Merkwürdeiger Weise werden auch die Thermopylen nirgendwo erwähnt, obwohl auf S. 470 kurz hinter der o.a. Stelle Gelegenheit gewesen wäre, dieses Beispiel anzubringen:
Die Thermopylen kamen also erst nach Stalingrad in den Fokus. Aber das Buch sollte wohl auch nicht zu früh die Leute verschrecken, denke ich.
Zu viel Sparta hätte da sicher keine Punkte gebracht.