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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Töte zuerst! (713 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 05.03.2013 um 18:31 Uhr (Zitieren)
Fünf ehemalige Chefs des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet stehen vor der Kamera Rede und Antwort über Israels Umgang mit den Palästinensern.
Den Ankündigungen zufolge nehmen sie kein Blatt vor den Mund.

Nominiert für den Oscar als bester Dokumentarfilm, bei der Berlinale als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.

Heute abend um 20.15 h auf arte (100 Min.), morgen abend auf ARD (90 Min.).
Re: Töte zuerst!
Γραικίσκος schrieb am 06.03.2013 um 12:56 Uhr (Zitieren)
Es passiert einem Lehrer nicht oft, daß seine Schüler bereits mit der Diskussion begonnen haben, bevor er den Raum betritt. Heute war das in meinem LK Geschichte der Fall.
Es war mir gelungen, ca. sechs Schüler dazu zu bewegen, sich gestern diesen Film anzuschauen.
Ich selber kann mich nicht erinnern, in den letzten Jahren einen derart verstörenden, politisch-philosophisch-moralisch packenden Film gesehen zu haben.
Der Rest des Kurses will sich den Film heute in der ARD ansehen.

Am Ende zitierte einer der Ex-Geheimdienstchefs (einer, der nach eigener Aussage vielfach Morde und sogar Folterungen von Gefangenen befohlen hatte), den preußischen Militärtheoretiker Clausewitz: "Ein Krieg ist gewonnen, wenn man dadurch eine bessere politische Situation erreicht hat." Der Israeli: "Nicht, wenn man ein Land erobert hat. Wir gewinnen jede Schlacht. Aber den Krieg werden wir verlieren."
Seit der Ermordung von Yitzak Rabin habe keine israelische Regierung mehr eine Strategie gegenüber der Palästinensern gehabt - nur noch eine Taktik. *)
Beeindruckt hat die Schüler ebenso wie mich auch der folgende Satz: "Wir verhalten uns gegenüber den Palästinensern wie die Nazis. Nicht wie die Nazis gegenüber den Juden - das war bodenlos; aber wie die Nazis gegenüber den Polen, Tschechen und Niederländern."

_____
*) Das kennt man ja aus der Antike: Hannibal, der geniale Taktiker und miserable Stratege.
Re: Töte zuerst!
filix schrieb am 06.03.2013 um 13:19 Uhr (Zitieren)
Wie war das gleich: "Clausewitz, der klug war, ohne Jude zu sein..."? Diskutierst du eigentlich auch ästhetisch-mediale Aspekte der Inszenierung wie z.B. die Dominanz der talking heads und die Vermengung von Archivmaterial und illustrativem Schnickschnack bzw. Animation aus der CGI-Abteilung (wie bei dem Überfall auf den Egged-Bus)?
Re: Töte zuerst!
Γραικίσκος schrieb am 06.03.2013 um 13:44 Uhr (Zitieren)
Ich habe gerade erst begonnen, mich mit dem Film auseinanderzusetzen: Die Diskussion im Unterricht ging, wie ich sagte, keineswegs von mir aus. Wir können das morgen vertiefen, sobald alle Schüler den Film gesehen haben. Heute saß ja die Mehrheit halb staunend, halb ahnungslos dabei.

Die spezielle Art der Animation hat mich wenig beeindruckt, d.h. sie ist vorderhand kein Thema meiner eigenen Reflexion. Eindrucksvoll fand ich vielmehr die präzisen Aufnahmen von militärischen Überwachungssatelliten inkl. der Telephonverbindungen der überwachten Personen - sowas hatte ich noch nie gesehen. Vermutlich ist deswegen bei mir auch nicht der Eindruck einer Dominanz von talking heads entstanden.

P.S.: Widersprichst Du Dir da nicht? Dominanz von talking heads einerseits - Archivmaterial und illustrativer Schnickschnack andererseits ...
P.P.S.: Warum sollten mich in einem Dokumentarfilm, genauer: Interviewfilm talking heads stören, selbst wenn sie dominierend sein sollten?
P.P.P.S.: Ich habe nicht nur Köpfe, sondern auch recht viel Gestik von Oberkörpern gesehen und mich u.a. gefragt, was es wohl mit der rechten Hand von Avraham Shalom auf sich haben mag.
P.P.P.P.S.: Kanntest Du - kennt man noch Jeshajahu Leibovitz? Er hat mich schon früher in einem Fenrsehinterview aus den Socken gehauen. Ein imponierender, hochintelligenter, geradezu weiser Kopf bei völliger Vernachlässigung seines Körpers.
Re: Töte zuerst!
filix schrieb am 06.03.2013 um 14:59 Uhr (Zitieren)
ad P.S./P.P.P.S: Nein, warum? "talking heads" meint die spezifische Situation des Einzelnen in der Interviewsituation (du sprichst ja weiter unten selbst vom "Interviewfilm"), der bald frei erzählt, antwortet oder kommentiert, die dem Dokumentarfilm doch ganz eindeutig die Grundstruktur gab. Sie exponierten (und verkörperten) die Geschichte, sie lieferten die Erzählung, sie kommentierten die Bilder und sich gegenseitig. Das ist keineswegs die einzig denkbare kommunikative Situation oder Darstellung von Rede im Film und schon gar nicht die ultima ratio des Dokumentarischen, ebenso wenig wie es per se "falsch" ist.
Selten übernahmen die sprachlosen Bilder den Film, sei es als Archivmaterial oder als Animation, das Kommando. Die Art und Weise, wie z.B durch Computersimulation der Betrachter in den Zeitkristall eingeführt wird wie in den Raum eines Computerspiels, in dem der Busüberfall stattfindet, bis diese Szene sich wieder zur Archivphotographie zurückverwandelt, bezeichnenderweise durch den Fehler, das Haar auf dem Negativ, das sich als materieller Bürge hereinschlängelt, woraufhin die talking heads wieder übernehmen, ist in meinen Augen einer Reflexion ebenso würdig wie die extrahierten moralischen Fragen. Dass diese Dinge keinen Einfluss haben auf die Wahrnehmung des Gesagten ( wie im Gegenzug das Gesagte die Bilder bändigt) erscheint mir mit Verlaub naiv.

ad P.P.S. Stören müssen sie dich ja nicht, wenn unter "stören" abzulehnen und zu verwerfen verstanden werden soll - es geht um die Reflexion der ästhetisch-medialen Dimension eines Dokumentarfilms, d.h. überhaupt erst einmal in den Blick zu bekommen, wie Bilder und Sprache in dieser Verschränkung arbeiten. Darauf zielte meine Frage, genauer: ob das auch Gegenstand der Diskussion mit deinen Schülern ist. Only this, and nothing more.

ad P.P.P.P.S. Nein, über das Wissen eines einzeiligen Lexikoneintrags hinaus kannte ich ihn nicht.
Re: Töte zuerst!
ανδρέας schrieb am 06.03.2013 um 18:15 Uhr (Zitieren)
Ich habe den Film gesehen. Natürlich waren die Aussagen brutal.
Israelis und Palästinenser reden ja nicht wirklich miteinander. Man konnte es sehen, als bei einer Konferenz bei Clinton Ehut Barak und Arafat sich nicht einigen konnten, wer den Konferenzsaal zuerst betritt. Der Erste hat symbolisch verloren, da er als Bittsteller gilt. Die Überwachungs- und Tötungsmethoden und die Technik sind dochübrigens bekannt. Entscheidend ist aber, dass man sich nicht einigen will. Aus den Interviews konnte man leicht erkennen, dass Israel die Palestinenser mit ihren Methoden in den Terrorismus treibt (Ihr habt die Flieger, wir die Selbstmordattentäter). Mit Rabins Tod drehte sich die Gewaltspirale hemmungslos weiter. Verdrängen (Siedlungspolitik), Vernichten (präventive Beseitigung potentieller Attentäter) und Belagern (Gaza-Streifen) setzen die Palestinenser eigene Gewalt gegenüber und stellen ein Gleichgewicht des Schreckens her, um Israel zu Verhandlungen zu zwingen. Das wird mit Nethanjahu nichts werden. Seit sein Bruder in Entebbe als Führer eines Befreiungskommandos fiel, galten Nethanjahu die Palestinenser nur noch als Feind. Beide Seiten kämpfen um die eigene Existenz. Unter diesem Aspekt können die nicht miteinander reden, wenn das Vertrauen fehlt. Und für Vertrauen haben beide Seiten wenig Anlass. Denn: Israel denkt, es könne nur verlieren, die Palestinenser denken, sie können nur gewinnen. Da hört man nicht auf.
 
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