Re: Griechisch schimpfen
Φιλομαθής schrieb am 20.04.2013 um 15:10 Uhr (
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Von Semonides hat sich eine Art von Frauenbeschimpfung erhalten, der sog. "Weiber-Iambos" (Frg. 7) ein Katalog von Frauentypen, in dem verschiedene weibliche Charaktere nicht nur mit Tieren identifiziert, sondern gar als aus Tieren erschaffen vorgestellt werden (sowie einer aus dem Meer und einer aus Erde). Man glaubt teilweise, darin den erhaltenen Teil einer wechselseitigen Geschlechterbeschimpfung zu sehen.
Die Gottheit schuf von Anfang an die Sinnesart
der Frau auf ganz verschiedne Weise: Eine nach
dem Borstenschwein. Der liegt zu Hause alles mistig
und ohne Ordnung, treibt herum sich auf dem Boden.
Sie wäscht sich selber nicht, auch ihre Kleider nie,
und sitzt auf ihrem Haufen Dreck und mästet sich.
Die andre schuf der Gott nach dem durchtriebnen Fuchs.
Die weiß Bescheid in allem; nichts kann ihr entgehen,
nichts Böses und auch nichts von dem, was besser ist.
Oft nennt sie Gutes schlecht, oft auch das Schlechte gut;
von einem Tag zum andern wechselt sie die Launen.
Die dritte schuf er nach dem Hunde. Rührig, ganz
ihr Urbild, will sie alles hören, alles wissen,
sie schnüffelt und sie treibt sich überall umher
und kläfft, auch wenn sie keine Menschenseele sieht.
Kaum dürfte man durch Drohung sie zum Schweigen bringen,
auch nicht, wenn man vor Wut die Zähne ihr zerschlägt
mit Steinen, nicht einmal durch sanfte Schmeichelworte,
selbst dann nicht, wenn sie in dem Kreis der Gäste sitzt.
Man wird mit ihrem Mundwerk nie und nimmer fertig.
Die vierte schufen die Olympier aus Erde
und gaben sie dem Mann. Schwerfällig ist dies Weib,
kennt böse nicht und gut nach seiner Art und weiß
in einer Tätigkeit zu glänzen nur: im Essen.
Selbst wenn die Gottheit einen harten Winter schickt,
rückt sie, obwohl sie friert, den Stuhl nicht an das Feuer.
Die fünfte aus dem Meer. Die zeigt zwei Wesenszüge:
An einem Tage lächelt sie und ist vergnügt;
ein Gast, der sie im Haus erblickt, wird lobend sagen:
»Es gibt doch in der ganzen Welt kein andres Weib,
das besser wäre und gewinnender als sie!«
Doch ist schon anderntags ihr Anblick unausstehlich,
man darf ihr nicht zu nahe kommen, nein, dann wütet
sie furchtbar, wie zum Schutz der Jungen eine Hündin,
und zeigt sich barsch und herzlos allen gegenüber,
bei Feinden wie bei Freunden ohne Unterschied.
Wie zwar das Meer sich oft in tiefer Ruhe dehnt,
gefahrlos, Seeleuten zu ungetrübter Freude
im Lauf des Sommers, oft jedoch, wild rasend, auch
dahintobt, mit den aufgewühlten Wogen donnernd,
genauso zeigt sich diese Frau in ihrem Zorn.
Ihr Wesen, gleich dem Meer, birgt ganz verschiedne Seiten.
Die sechste aus dem schmutzig-grauen, sturen Esel.
Kaum können Zwang und Drohung sie bewegen, das
Gewünschte schließlich doch im ganzen auszuführen.
Inzwischen bleibt mit Essen sie beschäftigt, tags
wie nachts, sie schlingt in einem Winkel, schlingt am Herde.
Zugleich ist sie bereit, mit jedem Mann, der sie
besucht, sich auf ein Liebesspielchen einzulassen.
Die siebte, elend und abscheulich, aus dem Marder.
Ihr gehen Anmut völlig ab und Lieblichkeit,
sie bietet keine Freuden, ihr fehlt jeder Reiz.
Zwar treibt die Gier zu Beischlaf sie und Liebeswonnen,
doch flößt dem Mann sie, der ihr beiwohnt, Ekel ein.
Durch Lug und Trug fällt sie den Nachbarn bitter lästig,
verzehrt auch Fleisch oft, das sie nicht zum Opfer weihte.
Die achte stammt vom Pferd, dem schönen, stolz bemähnten.
Um Plackerei und Kummer sucht sie sich zu drücken,
setzt schwerlich eine Handmühle in Gang und schwingt
kein Sieb und schafft auch kaum den Unrat aus dem Haus,
nimmt kaum am Ofen Platz, aus Scheu vor Kohlenstaub.
Gezwungen nur erduldet sie des Gatten Liebe.
Sie wäscht sich täglich zwei-, ja dreimal ihren »Schmutz«
vom Leib und salbt sich ein mit duftgetränkten Ölen.
Die Haarpracht trägt sie üppig lang und stets gekämmt,
von frischen Blüten wird sie reizvoll überschattet.
Solch Weib gewährt zwar Fremden eine Augenweide,
erwächst jedoch für ihren Ehemann zur Plage -
sofern der nicht, ein Herrscher oder Zepterträger,
an einem Anblick dieser Art sich herzlich freut.
Die neunte stammt vom Affen. Zeus verhängte über
die Männerwelt mit ihr das weitaus größte Übel.
Ihr Angesicht ist häßlich; wenn solch Weib die Stadt
durchschreitet, lachen alle Leute über sie.
Mit Mühe nur kann sie den kurzen Hals bewegen;
ganz platt ist ihr Gesäß, die Glieder Haut und Knochen.
Wie arm der Mann, der solche Mißgestalt umfängt!
Sie zeigt sich listig und benimmt sich wie ein Affe,
und lacht man über sie, so macht es ihr nichts aus.
Kaum jemandem erweist sie Gutes, nein, sie schaut
auf eins nur, ist den ganzen Tag auf eins bedacht:
den andern möglichst schweren Schaden anzutun.
Die zehnte von der Biene. Wer sie heimgeführt,
ist glücklich; sie allein bleibt frei von jedem Makel.
Sie läßt des Lebens Güter blühen und gedeihen.
Geliebt und liebend altert sie mit ihrem Gatten
als Mutter stattlicher und ruhmbedeckter Kinder.
Weit ragt hervor sie aus dem Kreise aller Frauen,
und rings umfließt sie Anmut, das Geschenk der Götter.
Nur ungern nimmt sie Platz in einer Weiberrunde,
in der man von den Liebesfreuden sich erzählt.
Das sind die tüchtigsten und äußerst klugen Frauen,
die Zeus als hohes Glücksgeschenk den Männern gibt.
Die andern Frauen, nach dem bösen Plan des Zeus,
sie sind und bleiben bei den Männern als ein Unheil.
Hat Zeus doch als das höchste Übel sie geschaffen.
Und wenn sie auch, dem äußren Schein nach, Nutzen stiften -
sie bringen dem, der sie besitzt, nur größten Schaden.
Denn schwerlich kann ein Mann, mit einer Frau vereint,
den ganzen Tag hindurch sich Heiterkeit bewahren,
auch nicht sogleich den Hunger aus dem Hause treiben,
den Feind, der unterm Dach wohnt, den verhaßten Gott.
Und glaubt der Mann, im Haus zu größter Freude Grund
zu haben, sei ein Gott, sei auch ein Mensch der Spender:
sie findet Grund zum Tadeln, rüstet sich zum Kampf.
Wo nämlich eine Frau sich findet, kann man selbst
dem Gastfreund nicht von Herzen den Willkomm entbieten.
Und weckt ein Weib den Anschein höchster Sittsamkeit,
so kann sie grad dem schmählichsten Vergnügen frönen;
der Mann steht ahnungslos mit offnem Mund - die Nachbarn
ergötzt sein Anblick auch, indes die Gattin sündigt.
Wer daran denkt, wird seine eigne Gattin loben,
die Frau des anderen mit Tadel überhäufen:
Wir wissen nicht, daß wir in gleicher Lage sind!
Denn Zeus erschuf die Weiber als das größte Übel
und schlug damit den Mann in Bande, die nie reißen.
So raffte Hades einen Teil der Männer hin,
als sie sich, einem Weib zuliebe, wütend stritten,
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[Übers. Dietrich Ebener. Aus Digitale Bibliothek Bd. 30]