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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Il principe Napoleon (oderint dum metuant) (390 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 09.05.2013 um 14:02 Uhr (Zitieren)
Joseph Görres hat eine fiktive "Proklamation Napoleons an die Völker Europas vor seinem Abzug auf die Insel Elba" geschrieben. Darin heißt es u.a.:

Ich habe wohl gewußt, daß allzu große Macht nicht sicher ist, weil sie gegen sich den Haß erweckt, und doch habe ich keinen neben mir geduldet. Fürchten sie mich nur, dann mögen sie immerhin mich hassen , so war meine Satzung. Furcht ist besser dann die Liebe. Liebe geht hervor aus eigner Willkür, Furcht aber kommt von dem, der furchtbar sich gemacht. Darum soll der starke Fürst greifen nach dem, was er selbst gebieten kann, und dem Schwächling die andere überlassen. Nur die hab ich geehrt, die sich gänzlich an mein Glück gehalten; haben sie das meinige, ich habe das ihrige besorgt. Nie habe ich mich in den Fall gesetzt, zu meinen Unternehmungen andere um ihren Beistand anzusprechen, ich habe immer zum Gehorchen sie gezwungen. Auf den Eigennutz hab ich in den Grundlagen mein Werk gebaut, der Besitz macht, daß die Menschen besessen werden; keinen Trotz hab ich gefunden, den das Anlachen des Goldes nicht besänftigt hätte. [...] Unnütze Grausamkeit hab ich nie ausgeübt, aber auch verräterischer Milde mich niemal hingegeben. Den Willen der Menschen hab ich gebändigt und gebrochen, bis sie dem meinigen sich gefügt und mit ihm eins geworden. Eisern und unwandelbar hab ich immer ihn gezeigt, damit ein Grauen, wie vor dem unerbittlichen Schicksal sie bemeistert. Dadurch daß sie verlernt, eignen Entschluß zu haben, bin ich ihnen unentbehrlich geworden, und sie haben meiner zu aller Zeit bedurft, und sind mir immer treu geblieben. Der wird in sein sicheres Verderben gehen, der das was geschehen soll, und nicht was geschieht, zum Maßstab seines Handelns macht; und wer in seiner Albernheit sich vorgenommen gut zu sein, geht zu Grunde unter denen die so klug sind, dem Bösen sich zuzuwenden. Undankbarkeit, Unbestand, Verstellung, Furcht und Eigennutz sind das Erbteil aller Menschen; hast du ihnen wohlgetan, und dafür auf ihren Dank und auf ihr Wort gebaut, mit Recht wirst du verderben, weil du nicht bessere Versicherung genommen hast. Darum auch kann der Fürst an sein Wort sich nimmer binden, will er irgend Großes leisten; allen ist es übel ausgeschlagen, die ängstlich nach Pflicht und Recht gehandelt haben. Gnade, Treue, Milde, Aufrichtigkeit, Geradheit, Wahrhaftigkeit, Religion, alles muß er anlegen wie Charaktermasken, dahinter aber soll er das Gegenteil von allem sein; denn er muß wissen, daß Recht und Unrecht nicht bis hinauf zu seinem Throne reicht, und daß der Gesetzgeber nicht dem Gesetze unterliegt. Auch vor dem Schändlichsten darf er kleinmütig nicht erschrecken, wenn das Gegenteil ihm den Untergang gebracht.


[Quelle: Joseph Görres, Ausgewählte Werke in zwei Bänden; herausgegeben von Wolfgang Frühwald. Freiburg/Basel/Wien 1978; Bd. 1, S. 232-235]

Der Text ins insgesamt außerordentlich eindrucksvoll geschrieben, natürlich an Macchiavelli angelehnt - diesem aber nicht unterlegen, sondern durch die Ironie seines Verfassers eher überlegen ... und dennoch bei weitem nicht so bekannt wie Macchiavelli.
 
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