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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Als ich klein war ... (768 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 22.05.2013 um 12:44 Uhr (Zitieren)
Als ich klein war, sah Deutschland anders aus. Es gab noch keine Türken hier. Und dann kamen sie: gebraucht & gerufen als Gastarbeiter.
Gestern ist ein wunderbarer, berührender Film über diese Zeit gesendet worden: "Almanya - Willkommen in Deutschland" von Yasemin Samdereli. Köstlich die Szene mit dem Alptraum des Vaters, in dem er bei seiner Einbürgerung verpflichtet wird, an der deutschen Leitkultur teilzunehmen: Schweinshaxn zu essen, nach Mallorca in Urlaub zu fahren usw. Oder der Alptraum des Kindes vor der Übersiedlung, es müssen in Deutschland Menschenfleisch essen, jede Woche in der Kirche bei der Kommunion. Man reibt sich die Augen und fragt: ja, was ist das eigentlich, die deutsche Leitkultur?
Es gab aber in meiner Jugend auch noch keine Griechen - es gab überhaupt noch keine Gastarbeiter. Die ersten waren die Italiener; die Griechen kamen - meiner Erinnerung nach - mit ihrer Aufnahme in die EU. Seitdem gibt es den Griechen als Restaurant. Seitdem kennen wir Sirtaki, Theodorakis, Ouzo, Retsina, Gyros, Bifteki.
Wann wird uns ein Grieche einen so schönen Film über diese Zeit drehen?
Re: Als ich klein war ...
Γραικίσκος schrieb am 22.05.2013 um 12:58 Uhr (Zitieren)
Das Staunen des Kindes: "Haben die aber große Ratten in Deutschland!" - "Das sind Hunde, Dackel!"
Re: Als ich klein war ...
ανδρέας schrieb am 22.05.2013 um 20:29 Uhr (Zitieren)
Ich habe einige Erfahrungen mit Migranten, positiver und negativer Art. Wenn man in ein Land auswandert, sollte man sich zumindest informieren. Den Film habe ich leider nicht gesehen. Aber zur Integration gehören beide Seiten und ich weiß, dass Deutschland in den letzten Jahren viel Geld dafür ausgibt, dass Menschen mit Migrationshintergrund sich einfinden können. Gleichgültigkeit ist allerdings nicht die beste Voraussetzung, wenn man in der neuen Heimat Fuß fassen möchte. Mangelnde Aufgeschlossenheit und Desinteresse an der eigenen Zukunft hat sicher viele Ursachen. Ein Beispiel, das ich gestern persönlich hatte:

Mühsames Telefongespräch (verkürzt) mit einem Bewerber (offenkundig mit Migrationshintergrund) für eine Beschäftigung, die er aber nicht genau spezifizieren konnte:

Ich: “Was haben Sie denn bisher gearbeitet?“
Bewerber:“ In Hellersdorf?“ (Anm. :ein Stadtteil in Berlin)
Ich:“ Ah, ja, interessant. Und was war das für ein Job?“
Bewerber: „ In einer Firma?“
Ich (man entwickelt sich zum Ermittler): „Was haben denn die anderen Kollegen gemacht?“
Bewerber:“ Die saßen in Zimmern und schauten auf Bildschirme.“(unglaublich)
Ich: „War das eine Sicherheitsfirma und Sie beim Wachschutz?“
Bewerber: „Ja, genau. Aber ich war nicht lange da.“(sehr überraschend)
Ich: “Gut. Dann wissen wir das. Und welche Tätigkeit möchten Sie machen?“
Bewerber: “Irgendwas mit Büro oder so.“
Ich: “Warum?“ (diese Wendung hatte ich nicht erwartet, mutig)
Bewerber: „ Das ist besser bezahlt und man arbeitet in Häusern.“(stimmt, wirklich ehrlich der Mann)
Ich: “Welchen Beruf haben Sie denn gelernt?“
Bewerber:“ Gartenbau. Das war aber auch draußen.“
Ich: “Haben Sie die Lehre abgebrochen?“
Bewerber:“Ja, aber erst nach ein Jahr.“ (Anm. Endungen sind im Berliner Sprachraum allgemein entbehrlich)

Das Gespräch habe ich dann höflich, aber schnell abgebrochen. Immerhin habe ich noch erfahren, dass er 28 Jahre alt war, keinen Schulabschluss hatte (die Lehrer waren seiner offen vorgetragenen Ansicht nach übrigens alle ausländerfeindlich) und sein Job war ein kurzes Praktikum im Rahmen einer Weiterbildung. Gearbeitet hatte er ansonsten in nicht nennenswertem Umfang sporadisch bei Verwandten. Geboren ist er übrigens in Deutschland. Die Hausmeisterstelle, die frei gewesen wäre, habe ich nicht erwähnt. Er hätte sicher gemeint, dass es genau gepasst hätte- im Haus.


Ähnliches erlebe ich öfter. Lustig finde ich es nur vordergründig. Einen Film könnte ich auch darüber drehen. Nur würde den keiner fördern. Ich denke, Deutschland ist sehr tolerant. Ich auch. Aber es kostet Nerven. Warum fehlen gut ausgebildete Leute in einem Land, das viele junge Leute hat?
Re: Als ich klein war ...
Γραικίσκος schrieb am 22.05.2013 um 20:41 Uhr (Zitieren)
Das ergäbe gewiß auch Stoff für einen Film. Aber ich habe ebenfalls das Gefühl, daß das nicht in dem Trend liegt, der gefördert wird. Was eigentlich, künstlerisch gesehen, schnurz sein sollte - Dein Dialog ist ebenso komisch wie es die in dem Film sind, nur in einer anderen Richtung.
Re: Als ich klein war ...
ανδρέας schrieb am 22.05.2013 um 20:56 Uhr (Zitieren)
In der Misere des deutschen Fußballs hat sich im Jahre 2000 der DFB zusammengesetzt und die Nachwuchsorganisation reorganisiert (vgl. aktuellen Spiegel). Das Ergebis: U17, U19 und U21 sind Europameister geworden und die Nationalmannschaft ist -vielleicht nach Spanien - die beste der Welt (an guten Tagen). Im Champions-League Finale stehen 2 deutsche Mannschaften. Das sind greifbare Ergebnisse.
So packt man Probleme an: Analyse-Schlussfolgerung-Maßnahmen-Kontrolle der Effizienz-Nachjustieren-Umsetzen.(Punkt).
Alles andere ist Politik!
Re: Als ich klein war ...
Γραικίσκος schrieb am 23.05.2013 um 10:06 Uhr (Zitieren)
In Balzacs Roman "Die Bauern" sagt ein Pfarrer:
"Man soll mit dem Elend nicht rechten; ich meine, es hat verborgene Ursachen, deren Beurteilung nur Gott zusteht, physische Ursachen, die oft fatal sind, und moralische Ursachen, die dem Charakter entspringen; sie werden durch Anlagen hervorgerufen, denen wir die Schuld beizumessen pflegen und die manchmal das Ergebnis von Eigenschaften sind, die sich zum Unglück für die Gesellschaft nicht ändern lassen."
Re: Als ich klein war ...
στρουθίον οἰκιακόν schrieb am 23.05.2013 um 10:44 Uhr (Zitieren)
die Griechen kamen - meiner Erinnerung nach - mit ihrer Aufnahme in die EU.


Ohne Dir Deine Erinnerung bestreiten zu wollen:
Meine Erinnerungen diesbezüglich reichen deutlich weiter zurück: "meine" ersten Griechen waren schon vor dem Putsch ausgewandert, bzw. infolgedessen geflohen, also erste Hälfte/Mitte der 70er Jahre. Das bestätigt sich z. B. in den Angaben, die die griechisch-orthodoxe Gemeinde meiner Region zu ihrer Geschichte macht, vgl. http://www.orthodox-bruehl.de/images/downloads/festschrift%202008.pdf. Sie ist zwar 1983 gegründet worden, nennt aber ausdrücklich ein vorher bestehendes Gemeindeleben im Köln-Bonner Raum.

Das wiederum deckt sich wieder mit persönlichen Erinnerungen: Mein äußerst griechenaffiner Vater, in den 70er Jahre Presbyter unserer ev. Gemeinde, nahm mich (der ich damals Altgriechisch lernte) zu einem (oikumenisch offenen) Pfingstgottesdienst der gr. Gemeinde mit, und ich weiß noch gut, wie ich meine altgriechischen Ohren aufgerissen habe, als ich zum ersten Mal auf Neugriechisch parlieren hörte ... (Und meinen Vater bewunderte, der noch dreißig Jahre, nachdem er für ca. ein Jahr als Soldat auf Salamis stationiert gewesen war, sich mühelos unterhalten konnte.) Darüber hinaus weiß ich noch, wie sehr mich die Herzlichkeit, die ich an diesem Tag erfahren durfte, beeindruckt und für dieses Volk gewonnen hat.
Re: Als ich klein war ...
Ψ schrieb am 23.05.2013 um 12:30 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικίσκος am 23.5.13, 10:06"Man soll mit dem Elend nicht rechten; ich meine, es hat verborgene Ursachen, deren Beurteilung nur Gott zusteht, physische Ursachen, die oft fatal sind, und moralische Ursachen, die dem Charakter entspringen; sie werden durch Anlagen hervorgerufen, denen wir die Schuld beizumessen pflegen und die manchmal das Ergebnis von Eigenschaften sind, die sich zum Unglück für die Gesellschaft nicht ändern lassen."

Dem letzten Teil stimme ich nicht zu. Ob moralische Ursachen (nur) eine Charakterfrage sind und diese wiederum genetisch angelegt, darüber ließe sich sicherlich auch streiten.
Re: Als ich klein war ...
Ψ schrieb am 23.05.2013 um 12:33 Uhr (Zitieren)
Korrektur: Eine Charakterfrage kann natürlich nicht genetisch angelegt sein. Meine Formulierung war etwas unglücklich. Was ich sagen wollte, dürfte dennoch klar sein.
Re: Als ich klein war ...
arbiter schrieb am 23.05.2013 um 17:42 Uhr (Zitieren)
...gab es keine Sozialhilfe und kein Kindergeld, aber Vollbeschäftigung.
Wie Gr. im Zusammenhang mit Migration auf Elend kommen kann, ist mir schleierhaft: Das "Elend" hier wurde ja von den meisten als sehr attraktiv angesehen, sonst wären sie nicht hier.
Re: Als ich klein war ...
ανδρέας schrieb am 23.05.2013 um 21:29 Uhr (Zitieren)
Nebenbei: laut BBC Umfrage ist Deutschland das beliebteste Land der Welt!

http://www.sueddeutsche.de/panorama/umfrage-bbc-kuert-deutschland-zum-beliebtesten-land-der-welt-1.1678792

... außer bei den Griechen.Und das, obwohl Deutschland (u.a. natürlich) gegen die geltenden EU-Verträge (bail-out Klausel) den Griechen aus ihrer Misere geholfen hat.
Re: Als ich klein war ...
Φιλομαθής schrieb am 23.05.2013 um 23:08 Uhr (Zitieren)
Wir sind eben unverbesserliche Menschenfreunde. Wenn der Grieche erst merkt, dass unsere Regierung vom Volk zur Beteiligung am Rettungsschirm geradezu gedrängt worden ist, und dass dahinter nicht etwa die Sorge um die deutschen Gläubigerbanken, sondern die reine Selbstlosigkeit steht, dann wird er sich der weltumspannenden Liebe zum deutschen Wesen nicht länger entziehen können ...
Re: Als ich klein war ...
Γραικίσκος schrieb am 26.05.2013 um 17:04 Uhr (Zitieren)
Wie Gr. im Zusammenhang mit Migration auf Elend kommen kann, ist mir schleierhaft: Das "Elend" hier wurde ja von den meisten als sehr attraktiv angesehen, sonst wären sie nicht hier.

1. Die meisten "Menschen mit Migrationshintergrund" sind hier in der zweiten oder dritten Generation, also nicht aufgrund einer eigenen, persönlichen Entscheidung. (Genau genommen, bin ich ein Mensch mit Migrationshintergrund - in der 6. Generation.)
2. Das von ανδρέας geschilderte Verhalten könnte einem wohl ebenso bei einem Menschen ohne Migrationshintergrund begegnen.
3. Der Pfarrer in Balzacs Roman bezieht sich nicht auf einen armen Menschen, sondern genau auf einen solchen Taugenichts. Das ist eine Form von Elend.
Re: Als ich klein war ...
Γραικίσκος schrieb am 27.05.2013 um 16:25 Uhr (Zitieren)
Griechen gab es- so habe ich inzwischen von einem Griechen erfahren - als Gastarbeiter in Deutschland seit Anfang der 60er Jahre, also vor dem EU-Beitritt. Im Ruhrgebiet am Hochofen.
 
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