Hallo,
ich wollte mal fragen, inwiefern die Aorist-Imperative gebräuchlicher waren, als die präsentischen. Ich habe mir nämlich gerade überlegt, dass z.B. síga ja eigentlich "Schweig!" heißen müsste - dass das aber ja als Aorist-Imperativ vermutlich sinvoller formuliert wäre. Sígēson ist aber so ein unbachen "langes" Wort im Gegensatz zum ersten... Oder siṓpēson erst...
Re: Imperative Aorist
Βοηθὸς Ἕλληνικός schrieb am 25.05.2013 um 16:06 Uhr (Zitieren)
Gebräuchlicher kann man so nicht sagen, sondern was du im Griechischen mit dem jeweiligen Imperativ ausdrücken willst: Vgl.dazuMenge, Repetitorium der griechischen Syntax, unter § 138 (2):
Re: Imperative Aorist
Φιλομαθής schrieb am 26.05.2013 um 09:25 Uhr (Zitieren)
Max wollte doch wohl genau auf diese Merkwürdigkeit hinweisen, nämlich dass beim aus der Situation geborenen und auf die Situation bezogenen impulsiven Befehl gemäß Grammatik die umständliche (= unbachene?) Bildung vorzuziehen sei.
Wobei sich längere Wortformen ja nur bei Verben mit schwachem Aorist (wie eben bei σιγᾶν ergeben). Wohingegen bei vielen häufig gebrauchten Wörtern der Aor.-Imp. nicht länger als der Präs.-Imp. ist (oder sogar kürzer, z. B. δίδου - δός).
Man müsste mal am Text überprüfen, wie man sich etwa in der attischen Komödie über den Mund gefahren ist.
Re: Imperative Aorist
Βοηθὸς Ἕλληνικός schrieb am 26.05.2013 um 10:21 Uhr (Zitieren)
Bin gerade in der Komödie "Die Wespen" auf eine Stelle gestoßen (962/963):
Βδελυκλέων
ἄκουσον ὦ δαιμόνιέ μου τῶν μαρτύρων.
ἀνάβηθι ,τυρόκνηστι, καὶ λέξον μέγα...
Alles Imperativ-Aorist .. ;-)
Re: Imperative Aorist
Φιλομαθής schrieb am 26.05.2013 um 15:08 Uhr (Zitieren)
Die "Käsereibe" ist hier wohl sexuell konnotiert (wie in dem Enthaltsamkeitsschwur der Lysistrate "Οὐ στήσομαι λέαιν' ἐπὶ τυροκνήστιδος.")?
Eine Suche nach den konkreten Formen "σίγα" und "σίγησον" ergibt für Aristophanes zahlreiche Treffer für "σίγα", jedoch keinen für "σίγησον". (Bei den Tragikern findet sich "σίγησον" hingegen einige Male: Aischyl. Sept. 262, Soph. Ai. 975, Eur. Alc. 1088, Hipp. 603)
Man könnte eine Erklärung im Aspekt suchen: wenn man jemanden zum Schweigen auffordert, hat man das Ende der "Handlung" nicht im Blick, wählt darum den durativen Aspekt.
(Dennoch wäre zu untersuchen, ob die Imperativverwendung bei Verben mit starkem Aorist grundsätzlich anders geregelt ist als bei Verben mit schwacher Aoristbildung. Sprich: ob nicht doch in bedrängter Lage eher die kürzere Form gewählt wird.)
Natürlich kann man sich auch vom aspektuellen Standpunkt aus eine Erklärung suchen - aber mit dem Aspekt kann man m.E. immer so argumentieren, dass es einem passt. Im Alltäglichen Sprachgebrauch dürfte wohl doch das punktuelle bzw. ingressive vorherrschend gewesen sein: Hör zu! Iss auf! Komm her! Mach jetzt deine Hausaufgaben! etc.
Das kam mir eben daher in den Sinn, ob es nämlich hier wohl vom Aspekt abgekoppelte Präferenzen gibt...
Könnte das mal jemand auf deutsch erklären oder die Beispielsätze übersetzen?
Der Imperat. Präsens bezeichnet einen dauernden, für die Folge berechnenden Befehl oder ein allgemeingültiges Gebot: Τοὺς θεοὺς φοβοῦ. Οἱ πολῖται τοῖς νόμοις πειθέσθων.
Der Imperat. Aorist bezeichnet einen besonderen, auf unmittelbare Verwirklichung berechneten Befehl: Δός μοι τὸ βιβλίον. Οἱ στρατιῶται αὐτικα νῦν ἀναζευξάντων.
Ich kann nämlich kein Griechisch, bin hier gelandet, weil ich hörte die Vaterunserbitten seien in Imperfekt Aorist und wollte mal nach Beispielen suchen, wie der zu übersetzen sei...
Könnte das mal jemand auf deutsch erklären oder die Beispielsätze übersetzen?
Der Imperat. Präsens bezeichnet einen dauernden, für die Folge berechnenden Befehl oder ein allgemeingültiges Gebot: Τοὺς θεοὺς φοβοῦ. Οἱ πολῖται τοῖς νόμοις πειθέσθων.
Der Imperat. Aorist bezeichnet einen besonderen, auf unmittelbare Verwirklichung berechneten Befehl: Δός μοι τὸ βιβλίον. Οἱ στρατιῶται αὐτικα νῦν ἀναζευξάντων.
Ich kann nämlich kein Griechisch, bin hier gelandet, weil ich hörte die Vaterunserbitten seien in Imperfekt Aorist und wollte mal nach Beispielen suchen, wie der zu übersetzen sei...
Und mit "für die Folge berechneNDen Befehl" bzw "auf unmittelbare Verwirklichung berechneTen Befehl" kann ich gar nichts anfangen.
Könnte das mal jemand auf deutsch erklären oder die Beispielsätze übersetzen?
Der Imperat. Präsens bezeichnet einen dauernden, für die Folge berechnenden Befehl oder ein allgemeingültiges Gebot: Τοὺς θεοὺς φοβοῦ. Οἱ πολῖται τοῖς νόμοις πειθέσθων.
Der Imperat. Aorist bezeichnet einen besonderen, auf unmittelbare Verwirklichung berechneten Befehl: Δός μοι τὸ βιβλίον. Οἱ στρατιῶται αὐτικα νῦν ἀναζευξάντων.
Ich kann nämlich kein Griechisch, bin hier gelandet, weil ich hörte die Vaterunserbitten seien in Imperfekt Aorist und wollte mal nach Beispielen suchen, wie der zu übersetzen sei...
Und mit "für die Folge berechneNDen Befehl" bzw "auf unmittelbare Verwirklichung berechneTen Befehl" kann ich gar nichts anfangen.
Vielen Dank im Voraus.
Und wenn man den Satz "Δός μοι τὸ βιβλίον." mit einem Imperativ Präsens (im Griechischen) bilden würde, wie würde er sich dann übersetzen? Macht die Frage Sinn?
Re: Imperative Aorist
Γραικύλος schrieb am 02.03.2020 um 17:27 Uhr (Zitieren)
Der Imperativ Präsens lautet in der 2. Pers. Sg. δίδου.
Es müßte dies der Unterschied sein zwischen einer dauerhaften Übergabe und einem kurzen Rüberreichen, um etwas nachzuschlagen.
Re: Imperative Aorist
Markus schrieb am 02.03.2020 um 18:03 Uhr (Zitieren)
δίδου μοι τὸ βιβλίον (wenn das so stimmt)
würde man also auch mit "Gib mir das Buch. übersetzen?
Re: Imperative Aorist
Γραικύλος schrieb am 02.03.2020 um 18:10 Uhr (Zitieren)
Ja. Mit einem anderen Nebensinn.
Re: Imperative Aorist
Markus schrieb am 02.03.2020 um 19:43 Uhr (Zitieren)