Niemand weiß , wie der berühmte Thales die Sonnenfinsternis vom 28. Mai 585 errechnet haben will.
Dmitri Panchenko (Akademie der Wissenschaften, St. Petersburg) in einem Aufsatz im Journal of the History of Astronomy veröffentlichte Überlegung (1994, S279 ff.):
http://articles.adsabs.harvard.edu/c...&filetype=.pdf

Demnach sei Thales wahrscheinlich am Hof des Pharaos Necho (610 - 595 v. Chr.) mit assyrischen Astronomen in Kontakt gekommen. Thales könnte über sie von den im 8. und 7. vorchristlichen Jahrhundert von chaldäischen Priestern aufgezeichneten Sonnenfinsternissen und deren 54-Jahre-Saros-Zyklen erfahren haben. Die Priesterastronomen hatten noch keinen Begriff des Saros-Zyklus. Warum ein 54-Jahreskreislauf stattfand, war ihnen unbekannt. Aber sie hatten bereits ein umfangreiches Beobachtungswissen. Wenn eine Sonnenfinsternis auftritt, so geht ihr 5 oder 6 Monate zuvor eine Mondfinsternis voraus. Die Mondfinsternis am 17. Dezember 586 v. Chr. konnte den Astronomen die Möglichkeit einer Sonnenfinsternis im darauffolgenden Mai angezeigt haben. Die theoretische Leistung des Thales basierte also eigentlich wohl auf recht trivialen Überlegungen, nämlich tradierten Beobachtungen.
Wenn Thales für seine Vorhersage als „Grenze das Jahr ansetzte, in dem das Ereignis auch wirklich eintrat“ (οὖρον προθέμενος ἐνιαυτὸν τοῦτον, ἐν τῷ δὴ καὶ ἐγένετο ἡ μεταβολή. Herodot 1,74), so ist die auch eher ungenau und keineswegs hat er damit einen bestimmten Tag vorhergesagt.
Nach Panchenko hat Thales die nur wenige Jahre später stattfindende, einem anderen Saroszyklus angehörende Sonnenfinsternis vom 16. März 581 v. Chr. angekündigt und nicht die vom 28. Mai 585 v.Chr. . Möglicher Weise haben auch die Zeitgenossen auch eine andere von Thales vorhergesagte Sonnenfinsternis mit der Schlacht zwischen Medern und Lydern in Zusammenhang gebracht und Herodot hat diese Geschichte dann übernommen.

Im Grunde hätte nach dieser Auffassung Thales das Ereignis quasi aus einer Tabelle abgelesen und grob vorhergesagt. Und seine Quelle hat er auch verschwiegen! Heute würde man ihm wohl seine akademischen Würden dafür aberkennen.