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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
thales (1711 Aufrufe)
Markus schrieb am 07.07.2013 um 17:44 Uhr (Zitieren)
es gibt ja den ausspruch von thales, dass alles voll von göttern sei. Kennt ihr noch mehr zitate zum pantheismus der antike?
Re: thales
Hylebates schrieb am 07.07.2013 um 22:19 Uhr (Zitieren)
Demokrit im Ofen: Tritt ein, auch hier sind Götter.
Re: thales
filix schrieb am 07.07.2013 um 22:40 Uhr (Zitieren)
Re: thales
Φιλομαθής schrieb am 07.07.2013 um 22:54 Uhr (Zitieren)
Das würde zu dem passen, was Diogenes Laertios über Heraklits Ende berichtet:

9, 3: Schließlich wurde er Misanthrop, ging in die Berge und lebte da von Pflanzen und Kräutern. Doch davon bekam er die Wassersucht, kehrte in die Stadt zurück und stellte den Ärzten die rätselhafte Frage, ob sie eine Sintflut in Trockenheit verwandeln könnten. Da diese nicht begriffen, grub er sich in den Mist eines Kuhstalls ein, weil er hoffte, durch dessen Wärme werde das Wasser verdunsten. Das gelang aber nicht, und so starb er mit 60 Jahren.

4. [...] Nach Hermipp hat er die Ärzte angesprochen, ob man nicht durch Entleerung der Eingeweide das Wasser herausbringen könne. Da sie verneinten, habe er sich in die Sonne gelegt und seinen Dienern befohlen, ihn mit Kuhmist zu bestreichen. Unter solchen Strapazen sei er am zweiten Tag gestorben und auf der Agora begraben worden. Dagegen erzählt Neanthes von Kyzikos, er hätte aus dem Mist nicht mehr herauskommen können, sei liegengeblieben und schließlich, entstellt und unkenntlich, von den Hunden gefressen worden.

(Übers. Fritz Jürß)
Re: thales
Markus schrieb am 07.07.2013 um 23:12 Uhr (Zitieren)
ah, die stelle von heraklit hatte ich schon einmal gehört, habt ihr sie auch im original? Ich glaube meist wird sie in Latein zitiert, so ja auch von lessing bei nathan der weise
Re: thales
Φιλομαθής schrieb am 08.07.2013 um 08:46 Uhr (Zitieren)
Διὸ δεῖ μὴ δυσχεραίνειν παιδικῶς τὴν περὶ τῶν ἀτιμοτέρων ζῴων ἐπίσκεψιν. Ἐν πᾶσι γὰρ τοῖς φυσικοῖς ἔνεστί τι θαυμαστόν· καὶ καθάπερ Ἡράκλειτος λέγεται πρὸς τοὺς ξένους εἰπεῖν τοὺς βουλομένους ἐντυχεῖν αὐτῷ, οἳ ἐπειδὴ προσιόντες εἶδον αὐτὸν θερόμενον πρὸς τῷ ἰπνῷ ἔστησαν (ἐκέλευε γὰρ αὐτοὺς εἰσιέναι θαρροῦντας· εἶναι γὰρ καὶ ἐνταῦθα θεούς), οὕτω καὶ πρὸς τὴν ζήτησιν περὶ ἑκάστου τῶν ζῴων προσιέναι δεῖ μὴ δυσωπούμενον ὡς ἐν ἅπασιν ὄντος τινὸς φυσικοῦ καὶ καλοῦ.

[Aristot. part. an. 645a 17-23]

"Deshalb darf man sich nicht auf kindische Weise ekeln bei der Betrachtung der niederen (verachteteren, unreinen) Tiere. In allen diesen Naturerscheinungen liegt nämlich etwas Ehrfurchtgebietendes. Und in dem Sinne wie Heraklit der Legende nach zu Fremden sprach, die ihn besuchen wollten, die aber ihre Schritte hemmten, als sie beim Näherkommen erkannten, dass er sich in einer Jauchegrube (an einem Ofen) wärmte - er forderte sie nämlich auf, sich ein Herz zu nehmen und hineinzusteigen: denn auch hier seien Götter -, so muss man an die Untersuchung jedes einzelnen Tieres herangehen und es nicht mit Widerwillen betrachten, weil in allen etwas Naturgemäßes und Schönes waltet."
Re: thales
Markus schrieb am 08.07.2013 um 09:48 Uhr (Zitieren)
ah, super, besten Dank!

Aber mal so nebenbei... Thales war doch eigentlich gar kein Pantheist, oder?
Re: thales
filix schrieb am 08.07.2013 um 12:44 Uhr (Zitieren)
Das hängt von der Definition von Pantheismus ab - die (vorsokr.) Substanzmetaphysiken, die einen Urstoff heranziehen (bei Thales ist es das Wasser), um die Erscheinungswelt zu erklären, haben es an sich, dass sie dem Urstoff dabei Attribute zumessen, die ihn als lebendiges, formendes, alles durchwaltendes Prinzip, d.h. wenn man so will als Göttliches erscheinen lassen. Man kann es jedoch auch umgekehrt sehen, nämlich so, dass diese an diesen Universalstoffen gewonnen Ideen erst die Grundlage für Gottesvorstellungen abgeben, die von allem Menschlichen sich reinigen wollen. So taucht schon sehr früh - bei Xenophanes beispielsweise - (nicht nur moralisierende) Kritik am Anthropomorphismus auf.
----
Danke, Φιλομαθής für den Hinweis auf weitere Stellen, aus denen hervorgeht, dass Heraklit für Jauchegrube, Kot und Mist einiges übrig hatte. Die aus einer Art Offlineforum des 19. Jhdts. hervorgegangene Deutung, in der 'User' Michelet am 4. August auf ein 'Posting' Mullachs vom 22. Juni 1861 antwortet, scheint sich irgendwie nicht durchgesetzt zu haben, obwohl sie gerade im Kontext der Überlieferung durch die Aristoteles-Stelle ziemlich überzeugend wirkt. Eigenartig auch, dass manche dt. Interpreten des 20.Jhdts. den H. bisweilen in den Backofen stecken ("... aber hier gerade kümmert sich der Denker nicht um die Anwesenheit der Göttin, an welcher Anwesenheit ihm doch bei seinem Aufenthalt im Backofen alles liegt" - Heidegger, " Ein Vergleich aus der Technik — also eine Vor-Spiegelung. Aber: »Auch hier sind Götter«, so Heraklit im Backofen" Jünger), ganz wie Hylebates den Demokrit.
Re: thales
Φιλομαθής schrieb am 08.07.2013 um 15:47 Uhr (Zitieren)
Im Backofen (so kannte ich es auch) wird Heraklit wohl deshalb gesucht, weil er die Besucher zum Hineinkommen auffordert (εἰσ-ιέναι). Die Präposition πρός bezeichnet bei θέρεσθαι wohl zunächst einmal nur die Wärmequelle, nicht die räumliche Beziehung zu ihr (wenn man vom Gemoll-Eintrag ausgeht).
Re: thales
διψαλέος schrieb am 08.07.2013 um 18:43 Uhr (Zitieren)
Die antiken Backöfen waren begehbar...

Für Pantryküchen waren sie nicht geeignet.

Ein Backofen in Pompeji:

http://www.holidaycheck.de/data/urlaubsbilder/images/13/1156185181.jpg

B-)
Re: thales
διψαλέος schrieb am 08.07.2013 um 18:48 Uhr (Zitieren)
... und auch noch im 19.Jahrhundert hatten Backöfen ein gewisses Ausmaß...

(siehe das Märchen "Hänsel und Gretel")
Re: thales
Markus schrieb am 08.07.2013 um 19:38 Uhr (Zitieren)
also, meinte heraklit, dass im feuer die götter sind? Wie kommt es denn zu der verwechslung misthaufen/backofen? Sind das zwei ähnliche vokabeln?
Re: thales
Φιλομαθής schrieb am 08.07.2013 um 22:01 Uhr (Zitieren)
Liddell-Scott-Jones gibt unter dem Stichwort ἰπνός bei Punkt IV. die Bedeutung dunghill, privy an. Die Übertragung des ursprünglichen Sinns Ofen, Herd auf den Misthaufen erklärt sich aus der beidem gemeinsamen Wärmeentwicklung. Der Misthaufen ist also svw. ein Dung-Herd.

Die von filix beigebrachten Erläuterungen zur Stelle und der Kontext, in dem Aristoteles die Heraklit-Anekdote einführt, lassen die übertragene Bedeutung Misthaufen, -grube hier als das Wahrscheinlichere erscheinen.

Es macht einfach wenig Sinn, dass Aristoteles von δυσχεραίνειν, von τῶν ἀτιμοτέρων ζῴων und von δυσωπούμενον sprechen, und dann einen Backofen in diesen Zusammenhang stellen soll.
Re: thales
διψαλέος schrieb am 08.07.2013 um 22:09 Uhr (Zitieren)
Der Misthaufen ist also svw. ein Dung-Herd.

Ja,
man hatte sogar in England mittels "Dung-Herde" Ananas züchten können...
http://de.wikipedia.org/wiki/The_Lost_Gardens_of_Heligan

Abschnitt "Der Nutzgarten"
Re: thales
Markus schrieb am 08.07.2013 um 22:24 Uhr (Zitieren)
also würde er dann also sagen, dass auch in dem misthaufen götter sind? Komische Vorstellung oder Götter und Misthaufen...
Re: thales
διψαλέος schrieb am 08.07.2013 um 22:28 Uhr (Zitieren)
Warum?
Für einen gläubigen Menschen ist Gott überall...

Und schließlich ist "Mist" auch Gottes Werk,
bzw. er ist der Auslöser, mittels "Schöpfung"..
Re: thales
filix schrieb am 08.07.2013 um 22:50 Uhr (Zitieren)
Pape hat "ἰπνός [...] Poll. 5, 91 bei Ar. auch = die Mistgrube." Das ist eine Stelle aus dem Onomastikon des Iulius Pollux, die auf eine Verwendung des Wortes in dieser Bedeutung bei Aristophanes verweist.
http://www.zeno.org/Pape-1880/A/%E1%BC%B0%CF%80%CE%BD%CF%8C%CF%82

Was die Interpretation angeht, so übersetzt schon Aristoteles die Vorstellung Heraklits von den in solch 'niedrigen' Dingen anwesenden Göttern in etwas zwischen den "Wundern der Natur" und dem Naturschönen, das er zu einer Grundeinstellung des Erforschenden macht. Im Grunde eine sehr moderne Lesart, die in der Analogie von der näheren kosmotheologischen Bestimmung abrückt: die Begeisterung für die Staunen erweckende Vielfalt der Tierwelt soll einen in der Erkenntnis leiten, nichts durch Ekel bzw. (moralische) Verachtung aus dem Kreis möglicher Erkenntnisobjekte ausgeschlossen werden. Was die Natur der Götter jenseits dieser Disposition des Forschers ist, wird unwichtig.

---
Zur Ananas auf Pferdemist: Unlängst las ich im Wikipedia-Artikel Ananas http://de.wikipedia.org/wiki/Ananas einen Verweis auf eine winterharte Sorte namens "Nova Agrippina" (der obligatorische Bezug zur Antike - ein Philologenscherz womöglich). Das ist m.E. ein Hoax - auch wenn die Abbildung derselben im Schnee auf den botanischen Laien prima vista überzeugend wirkt. Was denkt ihr?
Re: thales
Markus schrieb am 08.07.2013 um 23:02 Uhr (Zitieren)
wie ist der scherz zu erklären? agrippina war doch die mutter neros, oder?
Re: thales
filix schrieb am 08.07.2013 um 23:15 Uhr (Zitieren)
Eine gute Frage - vielleicht: robust, d.h. schwer umzubringen wie Agrippina minor?
Re: thales
Φιλομαθής schrieb am 08.07.2013 um 23:37 Uhr (Zitieren)
Das ist eine elegante Deutung. Ich hatte vermutet: Colonia Agrippina = Köln, -> Nova Agrippina = Neukölln (besonders unwirtlicher Stadtteil im Süden Berlins).

Solche U-Boote können große Hartnäckigkeit gegen ihre Ausmerzung entwickeln, wenn sie erst einmal von Fachbüchern übernommen worden sind, die dann wieder als Literaturnachweis im Wikipedia-Eintrag dienen.
http://www.fr-online.de/medien/wikipedia-wie-ich-stalins-badezimmer-erschuf,1473342,8265842.html

Mir werden solche Späße immer ein wenig unheimlich: plötzlich trifft man tatsächlich auf überwinternde Ananasstauden in Berlin-Neukölln und bald darauf findet man einen kleinen, zentnerschweren Metallkegel ...
Re: thales
Markus schrieb am 08.07.2013 um 23:51 Uhr (Zitieren)
Also, das ist aber auch weit hergeholt, oder? Da überzeugt mich die Deutung von filix mehr.
Re: thales
ανδρέας schrieb am 10.07.2013 um 00:07 Uhr (Zitieren)
Neukölln ist nach einer der beiden Gründungsgemeinden Berlins benannt: Cölln und Berlin (heute Berlin Mitte). Cölln wurde 1237 erstmals urkundlich erwähnt, sieben Jahre vor der ersten urkundlichen Erwähnung Berlins, mit dem es sich 1307 zur Doppelstadt Berlin-Cölln mit einer nach außen gemeinsamen Verwaltung vereinigte. Die Urkunde stammt vom Februar 1238, enthält aber den Text eines Vertrages, der im Oktober 1237 in Brandenburg, in Anwesenheit des Pfarrers Symeon de Colonia, zur Beilegung des Brandenburger Zehntstreits geschlossen wurde. 1912 erfolgte die Umbenennung des Ortes von Rixdorf im Südosten Berlins zu Neukölln. Der Grund der Umbenennung durch die Behörden war der seinerzeit negative Gesamteindruck des Ortes: Rixdorf galt als Hochburg von Kriminalität und „schlechten Sitten“.
Gebracht hat die Umbenennung aber nichts.
Re: thales
διψαλέος schrieb am 10.07.2013 um 01:16 Uhr (Zitieren)
Da gab es doch mal um die vorletzte Jahrhundertwende (vom 19. zum 20. Jahrhundert) so einen Berliner "Gassenhauer":
"In Rixdorf is Musike"...
(oder so...)

Eine der ersten "Schallplatten",
der Text wurde entschärft...
B-)
 
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