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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Asymmetrische Kriege (623 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 17.08.2013 um 12:30 Uhr (Zitieren)
Eine Neuerscheinung:
Beatrice Heuser
Rebellen, Partisanen, Guerilleros
Asymmetrische Kriege von der Antike bis heute
Paderborn 2013
Ferdinand Schöningh Verlag

34,90 Euro
Re: Asymmetrische Kriege
ανδρεας schrieb am 18.08.2013 um 11:44 Uhr (Zitieren)
Was mich am Begriff "asymmetrisch" stört, ist der moralische Beiklang. Man glaubt, definieren zu können, wie sich der militärische Gegner gefälligst zu verhalten hat. Folgt er nicht der eigenen Form der Kriegsführung, gilt dies als verwerflich. Freischärler, Terroristen, Guerilla-Kämpfer, Rebellen, Partisanen u.a. Begriffe deuten auf eine unrechtmäßige, perfide und verachtungswürdige Kampfweise hin. Spartacus galt bei den Römern als Freischärler, als Taliban. Alles eine Frage der Perspektive. Die frz. u. belg. Resistance wird ja dagegen heute heldisch verehrt. Gandhi zeigte zwar einen vorzüglichen Weg des Widerstands gegen eine Besatzungsmacht. Aber auch sein Weg endete in einem blutigen Bürgerkrieg und der Teilung Indiens. Dabei diktieren doch immer die Möglichkeiten die Handlungsweise. Wer hoffnungslos technisch unterlegen ist, greift zu den Mitteln, die ihm bleiben. Man denke an die Indianer, die Eisenbahnstationen überfielen oder die IRA, an die Aufstände in Indien gegen die Briten oder die SWAPO in Namibia. Asymmetrisch sind Kriege meistens, weil eine Seite oft technisch und taktisch überlegen ist. Cäsar traf diesbezüglich auch auf unterlegene Gallier. Gem. Cicero gilt trotz Kriegsvölkerrecht "inter arma silent leges" auch heute noch. Der Gewinner bestimmt, was rechtens ist. Als die Mudschahedin noch gegen die Sowjets kämpften, war das hochlöblich. Talibankämpfer sind dagegen böse, obwohl sie sich in ihrer Geisteshalten wohl wenig unterscheiden.
Asymmetrisch ist eigentlich nur der Blick und die Bewertung. Die Interessenlage bestimmt, wer im "Recht" ist und der Sieger schreibt dann die Geschichtsbücher.
Re: Asymmetrische Kriege
Γραικίσκος schrieb am 18.08.2013 um 12:13 Uhr (Zitieren)
Ich verstehe das so, daß der Begriff 'asymmetrisch' hier zunächst nur bedeutet, daß zwei Kampfweisen nicht symmetrisch sind: Der eine Gegner setzt diese und jene Mittel ein, der Gegner völlig andere.
In dem Buch von Frau Heuser (ich beziehe mich auf die Rezension) macht die Beachtung von Kriegsregeln, die es ja seit der Antike gab, einen dieser Faktoren aus. Die andere Seite hält sich nicht an Kriegsregeln, weil sie es sich taktisch und strategisch nicht erlauben kann; dann wäre sie hoffnungslos unterlegen.
Diese Kriegsregeln haben dann oft in der Tat einen moralischen Anstrich ("fairer Kampf"). Will der im regulären Kampf überlegene Gegner den Vorteil, den die andere Seite durch regellosen Kampf erwirbt, ausgleichen, besteht die Gefahr, daß er den Vorteil, den das moralische Ansehen mit sich bringt, einbüßt.
Ein gutes Beispiel dafür ist heute die Beachtung der Haager Landkriegsordnung und der Genfer Konvention. Wenn die andere Seite systematisch der Unterschied zwischen Kombattanten und Zivilisten unterläuft (als taktischer Vorteil), dann ist für den an sich stärkeren Gegner die Gefahr groß, seinerseits durch den Kampf gegen Zivilisten an Ansehen zu verlieren.
M.a.W.: Es handelt sich nicht um ein genuin moralisches, sondern primär um ein taktisches und strategisches Problem, bei dem die Moral die Rolle eines Faktoren unter anderen spielt. Die Moral wird im Krieg - und sonst auch gelegentlich - selber zur Waffe.

Daß der Sieger die Geschichtsbücher schreibt, hört bzw. liest man oft. Ich erinnere mich aber ganz deutlich, daß hier einmal über eine Untersuchung gesprochen worden ist, die mit empirischen Belegen das Gegenteil behauptet hat. Der Verlierer hat, so meine ich mich an das Hauptargument zu erinnern, Grund zum Nachdenken. Ein Beispiel aus der Antike war der Grieche Polybios.
Re: Asymmetrische Kriege
Γραικίσκος schrieb am 18.08.2013 um 12:16 Uhr (Zitieren)
Hier war's:
http://www.albertmartin.de/altgriechisch/forum/?view=2602

R. Koselleck, immerhin! Der ist renommiert.
Re: Asymmetrische Kriege
ανδρεας schrieb am 18.08.2013 um 12:22 Uhr (Zitieren)
Ja, das ist interessant. Die Bewertung hängt wohl auch vom zeitlichen Abstand zum Ereignis ab. Das hebt die Objektivität .
Re: Asymmetrische Kriege
arbiter schrieb am 18.08.2013 um 18:21 Uhr (Zitieren)
Begriff und Anspruch der Objektivität sind schon seit längerem aus der historischen Wissenschaft verbannt.
Bekanntlich ist der zu erforschende Sachverhalt nicht vorhanden, er wird erst geschaffen, und da kommt es in erster Linie auf das leitende Interesse an; die Qualität ergibt sich danach aus der Beherrschung des Handwerks, der Redlichkeit der Datenauswahl und der Offenlegung der Bewertungsmaßstäbe.

Letztlich relevant ist aber, was in den Köpfen der Abnehmer hängenbleibt. Und die haben - zunächst jedenfalls - ihre eigenen Lieblingsthemen und Präferenzen für bestimmte Bilder - das erklärt auch, wieso längst widerlegte Irrtümer und Lügen immer weiter tradiert werden und am Leben bleiben.
 
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