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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Kannagara (802 Aufrufe)
Hylebates schrieb am 09.09.2013 um 20:51 Uhr (Zitieren)
Ich bin gerade wieder über eine Seite gestolpert, die ich vor Jahren mal gelesen habe: http://www.tsubakishrine.org/kaminomichi/Kami_no_Michi_7.html
Dieser Satz hat mich an unseren alten Platon erinnert:
Beauty, Truth and Goodness are essentially related and when beauty is perceived, truth and goodness follow close behind.
Re: Kannagara
Φιλομαθής schrieb am 10.09.2013 um 15:56 Uhr (Zitieren)
Unser Plato (Auf welche Gemeinschaft ist das "unser" gemünzt? Auf "uns Abendländler", "uns Philhellenen" oder ...?) äußert vergleichbares in Diotimas bekannter Rede zur Schau des Schönen, die Sokrates im Symposion vorträgt: Der Eros eröffne über die Zuneigung zu einem konkreten Leib den Zugang zum Schönen, das, wenn der Liebende es stufenweise aus allen Bedingtheiten herauslöse und als Idee erkenne, in ihm wahre Tugend (ἀρετὴς ἀληθής) hervorbringe.

Denn dies eben heißt ja, den richtigen Weg der Liebe einschlagen oder von einem anderen auf diesem geleitet werden, wenn man um dieses Schönen willen von jenem vielen Schönen ausgeht und so stufenweise innerhalb desselben immer weiter vorschreitet, von einem zu zweien und von zweien zu allen schönen Körpern, und von den schönen Körpern zu den schönen Lebensnotwendigkeiten, und von den Lebensnotwendigkeiten zu den Erkenntnissen, bis man innerhalb der Erkenntnisse bei jener Erkenntnis endigt, die von nichts anderem als von jenem Schönen selber die Erkenntnis ist, und so schließlich das allein wesenhafte Schöne erkennt. Auf diesem Höhepunkte des Lebens, o mein lieber Sokrates, fuhr die Seherin aus Mantineia fort, auf welchem er das Schöne selbst betrachtet, hat das Leben des Menschen, wenn irgendwo, einen wahrhaften Wert. Wenn du dies Schöne einstmals erblicken solltest, dann wird es dir nicht mit der Schönheit des Goldes und der Kleidung und mit schönen Knaben und Jünglingen vergleichbar erscheinen, bei deren Anblicke du jetzt außer dir gerätst und, wie viele andere, bereit sein würdest, für den steten Anblick des Lieblings und das stete Zusammenleben mit ihm, wenn es nur möglich wäre, Essen und Trinken aufzugeben und ihn nur immerfort anzuschauen und mit ihm zu verkehren. Was sollen wir also wohl gar von dem glauben, dem es zuteil würde, das Schöne selbst, lauter, rein und unvermischt zu erblicken und nicht verunreinigt mit Fleische und Farben und allem übrigen irdischen Tande, sondern der das Schöne selbst, göttlich, lauter und klarer Reinheit zu erschauen vermöchte? Meinst du wohl, sprach sie, daß das Leben eines Menschen gering erscheinen könnte, der dorthin blickt und mit ihm umgeht? Oder wirst du vielmehr inne, so schloß sie, daß es ihm hier allein gelingen wird, wenn er das Schöne mit dem Auge anschaut, welchem es allein wahrhaft sichtbar ist, nicht bloße Schattenbilder der Tugend zu gebären, da er ja auch nicht an einem Schattenbilde haftet, sondern die wahre Tugend, weil er sich mit der Wahrheit verbunden; wenn er aber die wahre Tugend gebiert und auferzieht, daß es ihm dann gelingt, ein Gottgeliebter zu werden, und, wenn irgend einem andern Menschen, so auch ihm unsterblich zu sein?
[Platon, Gastmahl 211c-212a. Übers. Susemihl]
Re: Kannagara
Γραικίσκος schrieb am 14.09.2013 um 21:45 Uhr (Zitieren)
Die Einheit von Gutem, Schönem und Wahrem ist das Thema des Dialogs Philebos.
Re: Kannagara
Φιλομαθής schrieb am 28.09.2013 um 10:10 Uhr (Zitieren)
Worauf beziehst du dich dabei? Im Philebos-Dialog selbst wird ja als Thema die Frage an den Anfang gestellt, ob eher die ἡδονή oder eher die φρόνησις den Menschen zu einem glücklichen Leben verhelfen.

(Nicht ohne Witz ist es, wenn Plato dem Titelhelden des Dialogs eine - fast - stumme Rolle zuteilt und ihn gleich zu Beginn eindösen lässt, als sollte so illustriert werden, was Sokrates über die hedonistische Lebensweise äußert, dass sie der von Quallen und Muscheln gleiche.)
Re: Kannagara
Γραικίσκος schrieb am 28.09.2013 um 12:18 Uhr (Zitieren)
Ich meine den Abschnitt, der 64e beginnt, wo Sokrates feststellt, daß er auf der Suche nach dem Guten die Natur des Schönen gefunden hat und daß die Wahrheit Teil dieser κράσις ist. So sind alle drei beisammen.
Re: Kannagara
Φιλομαθής schrieb am 28.09.2013 um 15:10 Uhr (Zitieren)
Hm ... Meinst du, dass das κάλλος hier tatsächlich im ästhetischen Sinn gebraucht ist oder doch eher in dem ethischen einer καλοκἀγαθία? Μετριότης und συμμετρία, aus denen das κάλλος (und die ἀρετή) hervorgehen soll, sind ja in dieser Beziehung ebenfalls ambivalente Begriffe. Für möglich halte ich, dass die Vieldeutigkeit erwünscht ist und Sokrates den Protarchos in seiner Argumentation überrumpeln will.

Schon in seiner Beweisführung gegen die reinen Lebensweisen (21a-e) scheint mir Sokrates unzulässig getrickst zu haben. Gegen ein Leben ohne φρονεῖν, νοεῖν und λογίζεσθαι wird angeführt, dass ohne Gedächtnis von den empfundenen Freuden nichts bestehen bliebe. Nun ist aber zuvor keineswegs bewiesen worden, dass das Gedächtnis überhaupt der φρόνησις zugehörig ist und einem Leben der reinen Lust fehlen würde.

Und wir wären gegen den Einwand, ein Leben ohne Verstand gleiche dem von Quallen oder Muscheln nicht sprachlos wie Protarchos, sondern würden Sokrates mit dem, was er in der Apologie über das Totsein gesagt hat (bzw. sagen wird), konfrontieren:

Laßt uns aber auch so erwägen, wieviel Ursache wir haben zu hoffen, es sei etwas Gutes. Denn eins von beiden ist das Totsein: entweder so viel als nichts sein noch irgend eine Empfindung von irgend etwas haben, wenn man tot ist; oder, wie auch gesagt wird, es ist eine Versetzung und Umzug der Seele von hinnen an einen andern Ort. Und es ist nun gar keine Empfindung, sondern wie ein Schlaf, in welchem der Schlafende auch nicht einmal einen Traum hat, so wäre der Tod ein wunderbarer Gewinn. Denn ich glaube, wenn jemand einer solchen Nacht, in welcher er so fest geschlafen, daß er nicht einmal einen Traum gehabt, alle übrigen Tage und Nächte seines Lebens gegenüberstellen und nach reiflicher Überlegung sagen sollte, wieviel er wohl angenehmere und bessere Tage und Nächte als jene Nacht in seinem Leben gelebt hat, so glaube ich, würde nicht nur ein gewöhnlicher Mensch, sondern der Großkönig selbst finden, daß diese sehr leicht zu zählen sind gegen die übrigen Tage und Nächte. Wenn also der Tod etwas solches ist, so nenne ich ihn einen Gewinn, denn die ganze Zeit scheint ja auch nicht länger auf diese Art als eine Nacht. [apol. 40c-e]
Re: Kannagara
Γραικίσκος schrieb am 28.09.2013 um 15:49 Uhr (Zitieren)
Μετριότης und συμμετρία habe ich in der Tat als übergeordnete Prinzipien für Güte, Schönheit und Wahrheit (die Angemessenheit von Aussage und Sachverhalt) verstanden.
Dein Einwand gegen 21a-e ist interessant. Erinnerung und Wahrnehmung (Wahrnehmung) hatte ich umstandslos der φρόνησις zugeordnet und zugleich als konstitutiv für die Lustempfindung angesehen. Lust erfordert einen Vergleich mit anderen Zuständen, oder?
Zur Verteidigung der Apologie 40c-e fällt mir nichts ein. Denn auch etwas Gutes erlebt man ja nur im Vergleich, also nicht bewußtlos.
Re: Kannagara
Φιλομαθής schrieb am 29.09.2013 um 01:11 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικίσκος am 28.9.13, 15:49Lust erfordert einen Vergleich mit anderen Zuständen, oder?

Da bin ich mir überhaupt nicht sicher. Taucht nicht im Nahpunkt der Ekstase, an der Pforte zum reinen Wohlbefinden stets die Reflexion als Störenfried auf, der Zweifel, der fragt, ob man nun wirklich glücklich sei?

Ohne Frage: gefühlsmäßig sträubt sich alles in mir, ein Leben, das in einem bewusstlosen Delirium hingebracht wird, für erstrebenswert zu halten. Aber die Beweisführung im Philebos halte ich dennoch nicht für stichhaltig.

Und gegen ein Leben der reinen Vernunft wird überhaupt nicht erst argumentiert. Es wird als evident angesehen, dass ein Leben ohne Lust und Leid [!] nicht erstrebenswert sein könne.

Der Sokrates des vorliegenden Dialogs betreibt großen Aufwand, den Begriff der ἡδονή in seiner Mehrdeutigkeit zu entwickeln. Er führt hierzu das Konzept vom Einen (τὸ ἕν), Vielen (τὰ πολλά) und Unbegrenzten (τὸ ἄπειρον) ein (14c ff., v. a. 16c-e). Wenn ich es recht verstehe, kann man das Eine als "Begriff", das Viele als "Unterbegriffe" und das Unbegrenzte als "Nicht begrifflich gegeneinander definierte Ausprägungen (oder kürzer: die Variationsbreite) der unter einem Begriff erfassten Gegenstände" übersetzen.

Ein Bewusstsein für das Problem, dass unter einem Lexem mehrere Begriffe verschiedener Bedeutung versammelt sein können, ist offenbar durchaus vorhanden.

Ist es also zu weit hergeholt, wenn man annimmt, dass Platon seinen Lesern abverlangen könnte, mit diesem Bewusstsein dem unvermittelt in die Argumentation eingeführten κάλλος gegenüberzutreten und es nicht zusammenfallen zu lassen mit der ästhetischen Schönheit, die er 51b ff. als Ursache reiner Lust bestimmt? Diese reinen Lüste erhalten ja in der abschließenden Rangfolge der κτήματα (66a-d) den fünften Platz, τὸ σύμμετρον καὶ καλὸν καὶ τὸ τέλεον καὶ ἱκανόν dagegen den zweiten.
 
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