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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Die Coen-Version der Odyssee (845 Aufrufe)
Φιλομαθής schrieb am 06.11.2013 um 16:56 Uhr (Zitieren)
Heute abend, 20:15 auf arte: O Brother, Where Art Thou?
Re: Die Coen-Version der Odyssee
Γραικίσκος schrieb am 06.11.2013 um 17:22 Uhr (Zitieren)
Auf den Einfall, das als Version der Odyssee zu deuten, bin ich noch gar nicht gekommen.
Re: Die Coen-Version der Odyssee
filix schrieb am 06.11.2013 um 21:39 Uhr (Zitieren)
Nun, wir war das gleich bei Borges: "Der Geschichten sind vier ...": die Verteidigung einer Festung, die Heimkehr, die Suche, das Opfer eines Gottes.
Re: Die Coen-Version der Odyssee
Γραικίσκος schrieb am 08.11.2013 um 15:33 Uhr (Zitieren)
Sind dies die Kriterien für eine Odyssee? Wo finden wir die denn im "Ulysses" von Joyce?
Re: Die Coen-Version der Odyssee
Φιλομαθής schrieb am 08.11.2013 um 16:17 Uhr (Zitieren)
Nur das zweite. (Borges behauptet, dass man Zahl der Erzählmotive auf vier essentielle zurückführen könne.)
Re: Die Coen-Version der Odyssee
Γραικίσκος schrieb am 08.11.2013 um 17:35 Uhr (Zitieren)
Ach so. Das habe ich falsch verstanden. Das zweite Erzählmotiv paßt natürlich. Allerdings glaube ich dann doch, mehr als diese vier Erzählmotive zu kennen. Spontan fällt mir Tschechows "Im Herbst" ein: das Gescheitertsein.
Re: Die Coen-Version der Odyssee
Γραικίσκος schrieb am 08.11.2013 um 17:55 Uhr (Zitieren)
Das Gescheitertsein klingt nicht nach Handlung; es gibt im Grunde auch keine - da trinkt sich jemand zu Tode.
Re: Die Coen-Version der Odyssee
filix schrieb am 09.11.2013 um 15:11 Uhr (Zitieren)
Natürlich ist Borges' Reduktionismus mehr eine letztlich antimoderne ästhetische Idee der ewigen Größe des Klassischen in der Wiederholung als ein vollständiges Klassifikationsschema - Campbells hero's journey ist dies ebenso wenig. Dennoch werden dadurch narrative Verbindungen deutlich, die beispielsweise zwischen Jason, Kapitän Ahab und manchen Helden Kafkas bestehen. In diesem Licht scheint es mir interessant , dass der genannte Ulysses als Inbegriff des modernen Romans sozusagen auch einen narratologischen Belastungstest dieser an die dreitausend Jahre alten Großstruktur darstellt - als müsste man sich an den Weggabelungen der Literaturgeschichte gerade daran messen, um brechen (oder auch nicht brechen) zu können.
Re: Die Coen-Version der Odyssee
Φιλομαθής schrieb am 10.11.2013 um 20:10 Uhr (Zitieren)
Antimodernität! Ein schwerer Vorwurf! ;-) Ich glaube aber, man darf Borges davon freisprechen. Denn die Motivik bildet ja nur ein Spezifikum, auf das wir einen literarischen Text untersuchen können. Stoffwahl, Handlungsstruktur, Sprache (das sind doch die Kriterien, auf die wir zuerst blicken bei der Beurteilung der Modernität eines Textes) werden von Borges gar nicht berührt.

Und selbst im motivgeschichtlichen Rahmen möchte ich hier keinen verspäteten Beitrag zur Querelle des Anciens et des Modernes sehen, denn dadurch, dass Borges eine Unwandelbarkeit der Motive postuliert, wird ja eine wertende Gegenüberstellung klassisch~neu gerade unterbunden. Viel eher als von einer Überhöhung der Antike ließe sich hier von einer Intertextualitätskonzeption sprechen.

Die Geschichten des Scheiterns kann man als Variation der dritten Geschichte, der der Suche, lesen. Aber in der Tat hebt der Borgessche Reduktionismus den Entwurf in eine kaum (an-)greifbare Allgemeinheit, die dadurch (ironisch?) auf die Spitze getrieben wird, dass die zweite Geschichte als mit der ersten verbunden und die dritte als Abwandlung der zweiten bezeichnet wird. (Man muss aber auch erwähnen, dass das Prosastück nicht Borges' eigentlichen Essaywerk angehört, sondern im Gedichtband El oro de los tigres zu finden ist, Borges sich hier also eher als Objekt, denn als Subjekt einer eventuellen literaturtheoretischen Debatte situiert.)

Die Odyssee ist reich an Motiven und je nachdem, welches man in den Vordergrund stellt, lassen sich andere Bezüge erkennen. Die Geschichte des Schweinehirten etwa, der in Wahrheit ein König ist, begegnet uns in der Geschichte des Zimmermanns, der in Wahrheit ein Gott ist. Und es ist natürlich auch Geschichte des Landstreichers, der in Wahrheit die unbesiegbare Kampfmaschine Rambo ist oder die Geschichte des mittellosen Nerds Peter Parker, der in Wahrheit ein Superheld ist.

Der als Underdog gewandete Held (sprich: Übermensch) bildet den Plot zu unzähligen Hollywood-Streifen (mit und ohne Bruce Willis) und einem Großteil der Comic-Literatur. Eine Variation hiervon stellt die Geschichte des zu Höherem berufenen Findelkinds (Moses, Romulus/Remus, Oliver Twist, Harry Potter) dar, bei der dem Helden seine Mission bzw. sein Rang zunächst nicht bekannt ist. Die dahinterstehende Sehnsucht ist die gleiche.
Re: Die Coen-Version der Odyssee
filix schrieb am 10.11.2013 um 22:40 Uhr (Zitieren)
Ich wollte mit der eingestreuten Bemerkung gewiss keinen Prozess gegen den "Reaktionär Jorge von Burgos" eröffnen ;) Gemeint war zunächst schlicht die in dieser zyklischen Theorie für mich doch präsente Distanz zu einem bestimmten Innovationsbegriff im literarischen Raum, der in meinen Augen zu den Kerncharakteristika der Moderne zählt. Gerade das von dir erwähnte Intertextualitätskonzept zählt nebst Metafiktion, fingierten Kunstwerken und Diskursen (für die das Modell ein Beispiel sein könnte) und anderem doch zu den, wenn man so will, literarischen Techniken, die Borges den Titel eines Vorläufers der Postmoderne eingetragen haben - die aber realisieren einen Bezug zur literarischen Vergangenheit, die sich schwer mit den Abgrenzungsgesten der Moderne, ihrer Vorstellung von Erneuerung in Einklang bringen lässt:
"Es macht das künstlerische Selbstbewußtsein der Moderne aus, ästhetische Konvention zu parodieren und klassische Traditionen zu vergessen. Borges stellt eine Ausnahme dar, man muß wohl sagen: er stellt ein Ausnahme her. Er schafft sich als Schriftsteller inmitten dieser vergangenheitsfeindlichen Moderne eine alexandrinische Situation. Wenn Borges' Schriften stets den Bezug zu älteren Stoffen, Formen und Ideen hervorkehren, ihren Zitatcharakter also offen eingestehen, so führen sie insgeheim eine Polemik gegen das Programm der Moderne, das durch die Negation aller vergangenen Kunstformen zur Wahrheit des Unmittelbaren sei es des individuellen Ausdrucks, sei es der funktionalen Notwendigkeit zu gelangen verspricht." (H.Schlaffer: Borges, Frankfurt a. M. 1993 - S.68)


(Um deine schöne Aufzählung der fortwirkenden Motive zu ergänzen:der Zimmermann, der in Wahrheit ein Gott ist, tritt inkognito auch als Gärtner auf.)
 
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