Ich vermute, die Odyssee ist komplexer und spannender als die Ilias und sie hat mit der Rückkehr zu Penelope sogar ein Familien - happy end. Die Irrfahrten bedeuten Ortswechsel, Spannung auf neue unerwartete Begebenheiten und fesselnde Charaktere, und es gibt eine Hauptfigur, auf die man sich konzentrieren und mit der man sich identifizieren kann. Und der berühmte Trick mit dem Troianischen Pferd kommt auch darin vor. Es gibt Rückblenden und Parallelhandlungen, die die Geschichten immer wieder in einen neuen Kontext stellen und in zahlreiche Bezüge stellen, die man literarisch auswerten kann.
Dagegen hat die Ilias mehrere Helden und kein happy end, sondern eine tragische Beerdigungsszenerie, die zum düsteren Schlachtgemälde passen, das mit dem Kampf um die Stadt verbunden ist. Hier Verzweiflung und Verlust, in der Odyssee Überleben und Herstellung der Harmonie. In der Ilias entwickelt sich aus der Ordnung das Chaos des Krieges und dies wird nicht aufgelöst. Die Handlung ist vergleichsweise eindimensional auf die Tragödie ausgerichtet. Dagegen entwickelt sich in der Odyssee aus der Verirrung die Ordnung. Der Held hat überlebt. Es hat sich gelohnt zu kämpfen.

Hey.

Eine interessante Überlegung. Die Odysse ist quasi das Vorbild des Romans, die Ilias "einfach nur" ein Heldengedicht.
Die Odyssee bietet auch mehr, was man adaptieren kann. In der Ilias ist es vielleicht Patroklos' Tod, Achills und Priamos' Trauer ... und, so spät abends kann ich mich nicht auf die restliche Handlung konzentrieren. Ist vielleicht auch durch anderes als meine Müdigkeit begründet.