Φιλομαθής schrieb am 06.05.2014 um 17:54 Uhr (Zitieren)
Walter Savage Landor, in dem Rudolf Borchardt den "letzten großen lateinischen Dichter Europas" ausmachte, hat in seinen Imaginary Conversations auch eine Begegnung Epiktets mit Seneca fingiert.
Das Gespräch ist erkennbar asymmetrisch angelegt. Der Freimütigkeit Epiktets, der gleich eingangs signalisiert, dass er nur von Mensch zu Mensch, nicht von Sklave zu Ritter sprechen werde, hat weder die gebildete Diktion noch das rhetorische Pathos eines Seneca etwas entgegenzusetzen.
In der Konstellation mag man einen Rückgriff auf die römische Komödie mit ihren souverän auftretenden Sklaven (oder auch den Äsop-Roman), in dem pointierten Stil eine Ankündigung des wildeschen Dialogs erkennen.
Γραικίσκος schrieb am 07.05.2014 um 16:22 Uhr (Zitieren)
Epiktets letzter Satz ist groß. Hoffen wir, daß er auch wahr ist.
Re: Epiktet und Seneca
Φιλομαθής schrieb am 10.05.2014 um 19:27 Uhr (Zitieren)
Man begegnet der Wahrheit heutzutage wohl mit größerer Skepsis als zu Landors Zeiten, spricht lieber von Wahrheiten als von Wahrheit. Immerhin bestehen doch noch Gewissheiten (wie die der eigenen Sterblichkeit), die uns auf immer neue Weise bewusst und drängend werden können.
Nicht recht klar ist mir bei dem Text oben, wie ich den Vergleich der durch die Ringe gespreizten Finger mit einem Feigenblatt deuten soll.
Re: Epiktet und Seneca
filix schrieb am 11.05.2014 um 09:54 Uhr (Zitieren)
filix schrieb am 11.05.2014 um 09:55 Uhr (Zitieren)
Besser gesagt: dem, was den es ...
Re: Epiktet und Seneca
Φιλομαθής schrieb am 11.05.2014 um 13:37 Uhr (Zitieren)
Ja, das Foto macht die sexuelle Symbolkraft des Feigenblatts, die ihm offenbar auch Tertullian ansah, wenn er vom ante Christum caro ... de ficulneis foliis pruriginem retinens und von lasciviae frondes (de pud. 6) spricht, unmittelbar anschaulich.
Allerdings scheinen die beiden anderen Vergleiche (gekreuzigter Sklave, zertretene Kröte) auf einen gewaltsamen Tod anzuspielen und Senecas Ende zu prophezeien. Ich frage mich daher, ob man das Bild vom Feigenblatt auch in diese Richtung deuten kann.