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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Gruß von der Asphodeloswiese (1172 Aufrufe)
Φιλομαθής schrieb am 24.02.2016 um 17:21 Uhr (Zitieren)
EINLADUNG

Rings Bücherwände, unstet kühl belichtet,
Entrückt dem Jetzt: viel Geist, viel Qual –
Als nickten Schädelreihen, hochgeschichtet,
Aus Katakombennacht: dies war einmal.

Und Stimmen hallen, lauter bald, bald minder,
Geweht wie über einen schlimmen See;
Draus trinkt das Nebelvieh statt warmer Rinder,
Dort wachsen Asphodelen für den Klee.

Den Gruß der Welt hab ich in klaren frommen
Gedichten mir zum Gegengruß gespart.
Ein Mitmensch hat ihn selten angenommen
Im Blühen meiner Gegenwart.

So muß ich dich zu meinem Feste laden,
Der du dies Licht der grünen Erde erbst;
Du schnürst vielleicht in kleiner Faust den Faden
Des ersten bunten Drachens durch den Herbst.

Ich bin mit einem Stücke Brot allein
Und einem Messer, das es schneidet.
Mein Körper mag im Paradiese sein,
Was in ihm leuchtet, leidet.

Doch ist ein Trost: gewiß zu hoffen,
In diese Stunde kommen einst Gesellen.
Was jetzt mein Mund sagt, hört ihr Ohr dann offen,
Was mir jetzt hell ist, wird sie dann erhellen.

Bewirten wird mein Herzschlag sie, bedienen,
Denn diesen Schlag kann nicht der Staub bestatten.
Mein Herz ist freilich nicht mehr unter ihnen,
Selbst nicht, der allhin mit mir geht, mein Schatten.

Komm du und du, ihr seid geladen.
Mein Dankfest glüht nochmals in eurem dann,
Und andrer Amseln, anderer Zikaden
Gesang hört ihr mit meiner Seele an.


[Oskar Loerke: Sämtliche Gedichte, hg. von Uwe Pörksen und Wolfgang Menzel, Göttingen 2010, Bd. 1, S. 491 f.]


Heute jährt sich Loerkes Todestag zum 75. Mal.
Re: Gruß von der Asphodeloswiese
Hylebates schrieb am 26.02.2016 um 10:00 Uhr (Zitieren)
Ein tolles Gedicht.
Der, kann man das sagen, Topos des Lebens in der Literatur ist hier irgendwie weniger ovidisch-siegesgewiss.

Warum wohl sind es Asphodelien, die mit der Unterwelt in Verbindung gebracht werden?
Re: Gruß von der Asphodeloswiese
rex schrieb am 05.03.2016 um 13:45 Uhr (Zitieren)
Zitat von Hylebates am 26.2.16, 10:00Warum wohl sind es Asphodelien, die mit der Unterwelt in Verbindung gebracht werden?
Ι
Zu diesem Thema hier ein wunderbarer Vierzeiler meines Kollegen und Lieblingslyrikers:
HENRI MATISSE: "ASPHODÈLES"

"Sträuße - doch die Blätter fehlen,
Krüge - doch wie Urnen breit,
- Asphodelen,
der Proserpina geweiht -"
Gottfried Benn

Quellen:
1. Gottfried Benn: Briefe an F.W. Oelze. Herausgegeben von H. Steinhagen und J. Schröder. Erster Band, Seite 287. Limes Verlag, Wiesbaden und Müchen, 1977.
2. Gottfried Benn: Gesammelte Werke in vier Bänden. Herausgegeben von Dieter Wellershoff. Dritter Band, Seite 217. Klett-Cotta, Limes Verlag, Wiesbaden und München, 1978.
Asphodelus (Asphodill, Affodill) Gattung aus der Familie der Liliengewächse. Asphodelus ramosus, mit weißen Blüten, in Griechenland, Spanien und Italien einheimisch und oft in großer Zahl die Wiesen schmückend, liefert in den Wurzelknollen eine Speise, die schon die alten Pelasger genossen. Bei den Griechen war diese Art der Persephone und der Demeter geweiht; man schrieb ihr Wunderkräfte zu und pflanzte sie auf Gräber. In der Odyssee wird häufig der Asphodeluswiesen gedacht als eines Aufenthaltsortes der Seelen, wo Minos Gericht hält. Auch die Japaner pflanzen und stellen den weißen Affodill auf Gräber und in Begräbnishallen...
aus: Meyers Konversationslexikon, 1895.

http://www.klassik-stiftung.de/uploads/tx_lombkswdigitaldocs/Valk_Lyrische_Ekphrasis_01.pdf
https://de.wikipedia.org/wiki/Asphodeliengrund





Re: Gruß von der Asphodeloswiese
Hylebates schrieb am 06.03.2016 um 19:57 Uhr (Zitieren)
Danke, rex, für den poetischen Ansatz.
Benn ist durchaus ein faszinierender Dichter.
Re: Gruß von der Asphodeloswiese
Hylebates schrieb am 10.03.2016 um 20:49 Uhr (Zitieren)
Das erwähnte Bild sieht übrigens ... interessant aus.
 
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