α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Die Inadäquatheit von Übersetzungen (792 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 13:07 Uhr (Zitieren)
Wer das einmal testen will, mag sich versuchen:

1. an "Love is just a four-letter word" (Titel eines Liedes von Bob Dylan),
2. an "Imagine there’s no heaven / It’s easy if you try / No hell below us / Above us only sky" (Verse von John Lennon),
3. an dem Kalauer "Indien den Indianern" (--> Englisch) oder
4. - wer am liebsten am Griechischen scheitert - am Anfang des Johannes-Evangeliums.
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 13:18 Uhr (Zitieren)
Achtung, der Beispielsatz (1) enthält zwei Fallen!
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 13:31 Uhr (Zitieren)
Notabene: In keinem meiner Beispiele liegen die Probleme am mangelnden Kontext.
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
ανδρέας schrieb am 23.08.2009 um 13:32 Uhr (Zitieren)

???

1. Liebe ist nur ein Wort mit vier Buchstaben (im engl.) >>> abfällig gemeint

oder

1. Liebe ist ein Wort mit genau 4 Buchstaben (so wohl nicht gemeint)

Wie könnte man es noch übersetzen?

Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 13:36 Uhr (Zitieren)
Beide Übersetzungen sind inadäquat. Du stolperst schon in die erste Falle: Zähle mal die Buchstaben von "Liebe"!
Und die zweite Falle?

(Dein Problem hingegen kann man m.E. durch die Wortstellung entscheiden: Das "just" bezieht sich auf "word", denn es steht vor "a", nicht vor "four-letter".)
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
ανδρέας schrieb am 23.08.2009 um 13:43 Uhr (Zitieren)

>>>1. Liebe ist nur ein Wort mit vier Buchstaben (im engl.) >>> hier hatte ich bereits daruf hingewiesen, dass es IM ENGLISCHEN 4 Buchstaben hat (die Falle war ja nun nicht zu übersehen)

Die Wortstellung für just ist klar.
Aber wo soll der 2.te Fehler sein?

four - for ? > nur ein Wort für Buchstaben (Wortspiel), nur hingeschrieben, aber nicht real ?
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 13:54 Uhr (Zitieren)
Ah ja. Die Übersetzung müßte dann wohl auf fünf Buchstaben lauten.
Darauf muß ein Übersetzer nur achten; das Problem ist aber lösbar. (Ich habe mal in einer Übersetzung gelesen, auf der Erde lebten sechs Billionen Menschen. Da weiß man, was passiert ist, übersetzungstechnisch.)

Falle No. 2: "four-letter words" hat im amerikanischen Englisch eine sehr spezielle Bedeutung: "unanständige Wörter" - fuck, shit, piss, hell usw.
Bob Dylan benutzt nun den Umstand, daß im Englischen auch "love" vier Buchstaben hat und rechnet es daher unter die "four-letter words".
Eine Wiedergabe des Sinns lautet dann: "Liebe ist auch so ein unanständiges Wort wie Scheiß, Dreck, Mist ..."
Aber das ist eigentlich keine Übersetzung, denn das Wortspiel geht ja völlig verloren.
Unser Ausdruck "unanständige Wörter" enthält eben keinerlei Bezug auf die Zahl der Buchstaben, wovon hier aber der ganze Witz lebt.

Ich meine: unübersetzbar.
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 13:57 Uhr (Zitieren)
Und das war nur der erste Fall. Aber bei den anderen drei Sätzen liegen die Probleme klarer zutage.
Für übersetzbar halte ich keinen.
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Alexander schrieb am 23.08.2009 um 14:12 Uhr (Zitieren)
India for Indian Indians :)
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
ανδρέας schrieb am 23.08.2009 um 14:17 Uhr (Zitieren)

India for redskins/american indians/red indians

das gibt Ärger!
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 14:29 Uhr (Zitieren)
Mich hat vor allem der Imagine-Fall geärgert. Ich hab's mit "Paradies" versucht, aber dabei schaut man eben nicht, wie bei "heaven" (wg. der Doppeldeutigkeit) und bei unserem "Himmel", gleichsam nach oben. Der Pfiff des Wortspiels geht auch hier verloren.
Wortspiele sind natürlich eine Crux für jeden Übersetzer.
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 14:31 Uhr (Zitieren)
Aber bei Fall (4) liegt es nicht an Wortspielen, sondern an den vielfältigen Bedeutungen von ἀρχή und λόγος.
Ein alter Gräzist hat mal gesagt, er habe sein ganzes Leben gebraucht, um die Bedeutung von λόγος zu begreifen.
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 14:33 Uhr (Zitieren)
"Im Anfang war das Wort". Ha! Schon Faust hat sich daran die Zähne ausgebissen: "Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen."
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
ανδρέας schrieb am 23.08.2009 um 14:58 Uhr (Zitieren)
Die Vieldeutigkeit der Sprache, einige Beispiele:

Alte Mönchsregel: Wenn deine Augen eine Frau erblicken, schlage sie nieder.
(nach der Grammatik das Subjekt des Satzes, also die Augen, nach der üblichen Betonung die Frau)
Man kann Wasser trinken, man kann es auch lassen.
(man kann Wasser lassen oder das Trinken bleiben lassen)
China lässt die meisten Menschen hinrichten
(die meisten Menschen im Lande oder mehr Menschen, als andere Regierungen hinrichten lassen)
„Alleen sind nicht gefährlich – Rasen ist gefährlich“
(Warnschild an Landstraßen im Land Brandenburg; dort steht „rasen“ regelwidrig mit kleinem r, damit die Aussage eindeutig wird: Grünfläche oder schnelles Fahren)
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
ανδρέας schrieb am 23.08.2009 um 15:04 Uhr (Zitieren)

Unkundige würden "Mädchenhandelsschule" (Mädchenhandel?) oder "Bauernleberwurst"(dagegen wäre der Handel mit Nieren ja noch ein geringfügiges Delikt) sicher gar nicht erst übersetzen, sondern gleich die Polizei verständigen ...
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 15:07 Uhr (Zitieren)
Schöne Beispiele! Sie kamen sofort in meine Sammlung.
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 18:51 Uhr (Zitieren)
Die "Bauernleberwurst" ist als Idee ausbaufähig. Ich habe gerade mal familienintern "Katzenfutter" ins Gespräch gebracht. Kam allerdings nicht gut an bei ihr.
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
ανδρέας schrieb am 23.08.2009 um 19:28 Uhr (Zitieren)

Die arme Katze!

Ein Beitrag zur Wahl:

" Er ist ein viel versprechender Politiker"
:-D
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 19:41 Uhr (Zitieren)
Du wirst ja immer besser! Ruhig mehr davon!
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Alexander schrieb am 23.08.2009 um 19:52 Uhr (Zitieren)
Frauen parken hier umsonst ;)
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
ανδρέας schrieb am 23.08.2009 um 20:39 Uhr (Zitieren)
Ohne Kontext ist hier selbst der Mensch dem Computer nicht überlegen:

"Der Mann erkrankte an der Ruhr."

(verbrachte er seine Zeit gerade in der Nähe des Flusses, als er an einer unbekannten Krankheit erkrankte? Oder litt er an der bekannten Durchfallerkrankung?)
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 21:30 Uhr (Zitieren)
Daraus kann man eine lustige Stunde machen. Tut Eurer Phantasie weiterhin keinen Zwang an.
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
ανδρέας schrieb am 23.08.2009 um 22:13 Uhr (Zitieren)

Sie hielt ihm die Stange (sie hielt zu ihm ... )

Ein Mann sollte die Dame beim Tanz fair führen.

:-D
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 22:31 Uhr (Zitieren)
Sie hielt ihm die Stange.

Oh, oh, oh. Das geht als Beispiel aber frühestens ab Stufe 11 durch. Nicht vom Verständnis her, aber von der pädagogischen Verantwortbarkeit.
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 22:33 Uhr (Zitieren)
Im Lateinforum (sic!) hatten wir eben ἀνάθημα und ἀνάθεμα. Aber das zählt nicht richtig, weil es sich ja beim Schreiben unterscheidet. Beim Aussprechen jedoch muß man schon hübsch deutlich artikulieren.
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
ανδρέας schrieb am 23.08.2009 um 22:36 Uhr (Zitieren)

Ich gehe auch von einem verantwortungsvollen pädagogischen Umgang mit den Beispielen aus.

Unser Lateinlehrer traute sich einmal, einen "schmutzigen Witz" zu erzählen:

Warum hatten die Germanen so breite Hintern (das andere Wort hätte er niemals gebraucht)?
Sie saßen auf beiden Seiten des Rheins.

Hinterher hatte er ein schlechtes Gewissen ...
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 22:52 Uhr (Zitieren)
Mann, jetzt brauchen wir einen griechischen Witz, um diesen Tag stilvoll abzuschließen. Greifen wir doch nochmal auf den "Philogelos" von Hierokles und Philagrios zurück.
Hm. Was sagen die Kapitelüberschriften? Da Bibulus/Διψαλέος nicht da ist, können wir das Methysoi-Kapitel überspringen ... hm - ach, nehmen wir mal die Sidonier, offenbar die Ostfriesen der Antike.
Ein sidonischer Arzt hatte von einem seiner Kranken nach dessen Tod als Vermächtnis 1000 Drachmen empfangen. Als der nun begraben wurde, schloß der Arzt sich dem Trauerzuge an und äußerte dabei seinen Unmut, daß er ein zu geringes Vermächtnis erhalten habe.
Als nun auch der Sohn des Verstorbenen krank wurde und den Arzt, der ihn aufsuchte, bat, etwas gegen die Krankheit zu tun, sagte dieser: "Wenn du mir 5000 Drachmen als Vermächtnis aussetzt, werde ich dich kurieren wie deinen Vater."

(Philogelos oder Lachen in der Antike. Von Hierokles und Philagrios. Herausgegeben und übersetzt von Gerhard Löwe. München 1968, S. 43)

Interessant auf welche Einfälle zur Gestaltung des Lebensunterhalts von Ärzten man damals gekommen ist, so ganz ohne Krankenkasse! Ob das die Ärzte zu einer erfolgreichen Behandlung motiviert hat?
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
ανδρέας schrieb am 23.08.2009 um 22:55 Uhr (Zitieren)

"In deutschen Krankenhäusern werden täglich hunderte Patienten umgelegt"

Und ich bin verzogen.

Gute Nacht
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
ανδρέας schrieb am 23.08.2009 um 22:59 Uhr (Zitieren)

Ah, ein schönes Beispiel, tja die Ärzte standen wohl immer in der Kritik.

In China haben die Kaiser ihre Ärzte bezahlt solange sie gesund blieben. Bei Krankheit wurde die Zahlung ausgesetzt. Für die Krankenkassen dürfte das vielleicht die kostengünstigere Lösung sein ...

Jetzt aber

Gute Nacht
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
Γραικίσκος schrieb am 23.08.2009 um 23:01 Uhr (Zitieren)
Schön, daß wir nicht im Krankenhaus liegen, gelt? Sonst würden wir vielleicht noch umgelegt.
Gute Nacht!
Re: Die Inadäquatheit von Übersetzungen
andreas schrieb am 24.08.2009 um 14:15 Uhr (Zitieren)

Die Doppeldeutigkeit nach Sinn oder Struktur eines Satzes kann auch zu ernsthaften Auseinandersetzungen und Konflikten führen.
Sätze wie "Der Mann schlägt die Frau mit der Krücke" , "Das Geld liegt auf der Bank" (hoffentlich nicht auf der im Park) oder die Verwechslung von "Strom" als Gewässer oder Elektrizität, sind schöne Übungen für Vertretungsstunden.
Teilweise weniger lustig ist es im richtigen Leben: eine Bekannte (Name geändert, Sinn bleibt erhalten) namens "van Holland" hatte eine ernste telefonische Auseinandersetzung mit einer deutschen Amtsperson, weil sie die Frage nach dem Nachnamen richtig mit "van Holland" beantwortet hatte. Wohl auch durch den leichten Akzent verwirrt insistierte diese Amtsperson mit zunehmender Zerknirschtheit, sie wolle nicht wissen woher diese stamme, sondern wie sie heiße. Die Situation muss sich - wie man mir versicherte-fast zu einem verbalen Länderspiel Deutschland-Niederlande ausgewachsen haben, bis sich dieser einfache Sachverhalt endlich klärte.
;-)
 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: Helm

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.