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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Rätsel (1217 Aufrufe)
filix schrieb am 28.04.2018 um 15:13 Uhr (Zitieren)
Der Schiffsarzt verhält sich hier zu den Parteigängern des spitzen Endes wie der Riesenbezwinger zu den Erzfeinden der Kraniche.

Um welche Szene(n) geht es?
Re: Rätsel
Φιλομαθής schrieb am 28.04.2018 um 18:20 Uhr (Zitieren)
Die zweite Szene kann man als Bildfolge in Dresden betrachten. Die Rolle des Protagonisten übernimmt dabei der sächsische Kurfürst höchstselbst.
Re: Rätsel
Φιλομαθής schrieb am 28.04.2018 um 18:28 Uhr (Zitieren)
Die erste Szene ist durch zahlreiche Verfilmungen und Buchillustrationen im kollektiven Gedächtnis freilich weitaus präsenter.
Re: Rätsel
filix schrieb am 28.04.2018 um 19:53 Uhr (Zitieren)
Gratuliere.

Lamuel Gulliver, seines Zeichens u.a. Schiffsarzt, strandet in Jonathan Swifts Satire Gulliver's Travels or Travels into Several Remote Nations of the World. In Four Parts. (1726) auf der Insel Liliput, wo er im Schlaf von den zwergenhaften Einwohnern, die aus dem langen und blutigen Streit, auf welcher Seite ein gekochtes Ei aufzuschlagen sei, schließlich als Partei des spitzen Endes (Small-endians) hervorgegangen sind, umringt und gefesselt wird. Eine vielleicht nicht ganz so bekannte Darstellung aus dem 19. Jhdt. stammt von Jean-Georges Vibert: https://tinyurl.com/yankavgl

Vorbild könnte eine Szene gewesen sein, die zu den Legenden um Herakles zählt. Dieser soll, nachdem er in Libya den Riesen Antaios bezwungen hatte, eingeschlafen und von den dort sesshaften Pygmäen, einem fabelhaften Volk geringer Körpergröße, das schon bei Homer in erbitterter Feindschaft zu den Kranichen lebte, gleichfalls umzingelt und angegriffen worden sein. Anders als sein literarischer Nachfahre schüttelt er sie einfach ab.

Eine Bildbeschreibung in den Eikónes (2.22) des Philostratos - https://tinyurl.com/yd8ympux -
bezeugt, dass sich schon die antike Kunst des Sujets angenommen hat. Die erwähnte Dresdner
Version aus dem Zyklus von der Hand Lucas Cranachs des Jüngeren findet sich hier: deshttps://tinyurl.com/yd8u4vjq
Re: Rätsel
filix schrieb am 28.04.2018 um 19:55 Uhr (Zitieren)
Lemuel Gulliver ...
Re: Rätsel
Φιλομαθής schrieb am 29.04.2018 um 22:19 Uhr (Zitieren)
Erstaunlich sind die Schwankungen in der Größe, denen die antiken Vorstellungen von den Pygmäen unterworfen waren. Während sie bei Philostrat der Überlieferung nach Getreideähren mit der Axt fällten und sie für Bäume ansahen, existieren andererseits plastische Vasen, die einen Pygmäen mit erlegtem Kranich über der Schulter darstellen:

http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/propylaeumdok/volltexte/2010/718
(im Artikel Abb 28, S. 18, und Abb. 36/37, S. 24/25)

*

In recht guter Auslösung (doch leider mit Wasserzeichen) kann man die beiden Cranach-Tafeln auch hier betrachten:

http://lucascranach.org/DE_SKD_GG1943
http://lucascranach.org/DE_SKD_GG1944

Dasselbe Motiv in von uns aus trans-, aber eigentlich ja zisalpinem Ambiente wurde von Dosso Dossi (heute Alte Galerie, Schloss Eggenberg, Graz) verwendet, wobei den Herkules ein Herkules verkörpert, nämlich Ercole II. d'Este:

https://www.museum-joanneum.at/fileadmin/user_upload/Alte_Galerie/Gemaelde/Dossi_1200.jpg
Re: Rätsel
filix schrieb am 30.04.2018 um 11:47 Uhr (Zitieren)
Danke für die weiteren Abbildungen.

Was die Größenverhältnisse angeht, mag eine Rolle spielen, dass die Geranomachie trotz allem eine todernste Sache ist, die Gegner müssen einander also einigermaßen ebenbürtig sein, um den tragikomischen Effekt zu erzeugen.
Darstellungen wie die am Fuß der berühmten Françoisvase sind denn auch von einiger Brutalität:
https://tinyurl.com/y85no3hj

Selbst dort, wo diese Kampfszenen besonders karikiert werden, ändert sich an dem Größenverhältnis kaum etwas, dafür nimmt die Entstellung zu: die Pygmäen sind krumm, haben dümmliche Gesichter, tragen ihre dicke Bäuche auf Storchenbeinen, führen die Waffen mit Bleistiftarmen, während ihre schlaffen, unverhältnismäßig großen Genitalien herumbaumeln (so z.B. auf dem Kabeirion Kantharos SM 3159, Staatl. Museen Berlin). Alexandre G. Mitchell behandelt u.a. diese Vasenmalerei in seinem aufschlussreichen Buch Greek Vase-Painting and the Origins of Visual Humour, Cambridge University Press 2009 auf S. 269.

In der Bildbeschreibung Eikónes 2.22 überwiegt hingegen m.E. das Lächerliche, einen ernsthafte Kampf gibt es hier nicht, Herakles schüttelt sie ab wie Ameisen und packt sie lachend in Tasche, d.h. sein Löwenfell.
Re: Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 30.04.2018 um 12:22 Uhr (Zitieren)
Philostratos schreibt ja auch noch, daß die Pygmäen "wie Ameisen in der Erde wohnen".
Da müssen sie sich im Kampf schon hüten, daß sie nicht von Herakles eingeatmet werden.
So treffen sie besondere Vorkehrungen gegen sein Atmen.

Eine interessante Geschichte.
Re: Rätsel
filix schrieb am 30.04.2018 um 13:23 Uhr (Zitieren)
daß sie nicht von Herakles eingeatmet werden.


Sozusagen Herakles als Ameisenbär.

Eikónes 2.22 legt zunächst nahe, dass es sich wie bei Cranach d. J. um eine Folge von Bildern handelt. Es könnte sich aber auch die Ekphrasis verselbständigt haben und über das Bildgeschehen hinaus erzählen, was zwar nicht dargestellt wurde, aber gleich geschehen wird. Ob diese Bildbeschreibungen überhaupt ganz bestimmten Kunstwerken folgen, ist meines Wissen bis heute umstritten.
Re: Rätsel
Γραικίσκος schrieb am 30.04.2018 um 13:30 Uhr (Zitieren)
Ob diese Bildbeschreibungen überhaupt ganz bestimmten Kunstwerken folgen, ist meines Wissen bis heute umstritten

Diese Frage hatte ich mir gerade gestellt. Falls nicht, handelt es sich um eine sehr originelle Art von Literatur - etwa so wie Stanislaw Lems Rezensionen fiktiver Bücher ("Die vollkommene Leere").
Re: Rätsel
Φιλομαθής schrieb am 01.05.2018 um 12:40 Uhr (Zitieren)
Vielleicht ergab sich die Freiheit, die Größe der Pygmäen in den verschiedenen Darstellungen zu variieren - je nachdem, ob nun der Kontrast oder die Ebenbürtigkeit der Antagonisten hervorgehoben werden sollte -, auch dadurch, dass als Maß für die "Faustgroßen" einerseits das alte Längenmaß der pygme diente, dem die Strecke von der Faust zum Ellenbogen zugrunde lag*, und andererseits die Faust selbst.

_____
Iulius Pollux, Onomastikon 2, 158: ἀπὸ δὲ τοῦ ὠλεκράνου πρὸς τὸ τοῦ μέσου δακτύλου ἄκρον, τὸ διάστημα πῆχυς. εἰ δὲ συγκάμψειας τοὺς δακτύλους, ἀπ᾽ ἀγκῶνος ἐπ᾽ αὐτοὺς πυγὼν τὸ μέτρον. εἰ δὲ συγκλείσειας, πυγμή. ["Der Abstand von der Ellbogenspitze zur Spitze des Mittelfingers entspricht einem pechys (Elle). Wenn man die Finger zusammenkrümmt, ergibt die Strecke vom Ellbogen bis zu ihnen eine pygon (Elle), wenn man die Hand schließt, <ergibt die Strecke> eine pygme (Faust)."]
Re: Rätsel
filix schrieb am 02.05.2018 um 14:16 Uhr (Zitieren)
Bist du sicher, dass es nicht um zwei verkürzte Formen der Elle geht (pygon und pygme), deren Längenunterschied nur gering ist?

https://books.google.de/books?id=Am06AAAAcAAJ&pg=PA235
https://books.google.de/books?id=5VFUjHN7kjUC&pg=PA368#v=onepage&q&f=false
Re: Rätsel
filix schrieb am 02.05.2018 um 14:51 Uhr (Zitieren)
Ach so, du meintest pygme (als verkürzte Elle) vs. pygme jenseits der üblichen Maßbezeichnung als anschauliche Größer einer Faust. Also die Faustellengroßen im Unterschied zu den Faustgroßen.
Re: Rätsel
Φιλομαθής schrieb am 02.05.2018 um 21:34 Uhr (Zitieren)
Zitat von filix am 2.5.18, 14:51Also die Faustellengroßen im Unterschied zu den Faustgroßen.

Ja, so hatte ich es gemeint. (Zugegebenermaßen besteht auch zwischen der Größe einer Faust [im eigentlichen Sinne] und Ameisengröße immer noch ein nicht unerheblicher Abstand.)
 
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