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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Lockende Sirenen (614 Aufrufe)
Φιλομαθής schrieb am 24.05.2018 um 23:00 Uhr (Zitieren)
Die Sirenenepisode in der Odyssee ist immer wieder Anlass zu philosophischen Interpretationen geworden, nicht zuletzt durch Horkheimer und Adorno in ihrer Dialektik der Aufklärung. Ein anderes Beispiel stammt aus dem 7. Jahrhundert und findet sich in einer Sammlung erdichteter Briefe in griechischer Sprache. Das Werk erschien in lateinischer Übersetzung als erste Veröffentlichung eines Mannes, dessen Todestag sich heute jährt. Vielleicht weiß jemand, um wen es sich handelt, oder findet es anhand der angefügten Übersetzung eines Stücks nach der lateinischen Vorlage heraus.

"In der Tat ist auch die dichterische Unterhaltungsliteratur aller Weisheit voll. Man sagt, die Gefährten des Ulysses hätten ihre Ohren mit Wachs verstopft, als sie in ihren Schiffen zu den verführerischen Sirenen fuhren, Ulysses aber sei mit Fesseln angebunden worden, gleichsam wie in einem Kerker ohne Fluchtmöglichkeit. Hier werden die Geheimnisse der Philosophie vorgestellt; denn ich glaube, dass das Gedicht die Sirenen stellvertretend für die entehrenden Lüste gezeichnet hat. Und ich bewundere Homer außerordentlich als jemanden, der die Wahrheit mit der Handlung gleichnishaft zusammenbringt, der die Wahrheit mit unserem Ohrenschmaus wie einen Trank mit dem süßeren Nektar vermengt, einen sehr starken Wein sozusagen durch Verdünnung mit Wasser. Denn so werden wir weder durch die Dichtung belogen noch durch eine unfassliche Untersuchung in Taumel versetzt. Deswegen bezeichnet er durch das Wachs die Ahnungslosigkeit, durch die Fessel jedoch die Philosophie. Daher genoss nur Ulysses das Hörerlebnis des überaus lieblichen Gesanges, und die Fesseln unterbanden seine Leidenschaft. Die Betrachtung der Laster ist nämlich die philosophische Tugend, die Zügelung der Lüste aber ist die Siegestrophäe der Philosophie. Wenn also, mein Antimachus, die Irrfahrten des Ulysses das gegenwärtige Leben nachbilden und der bedauernswerte Mensch in marinen Wirrnissen herumtreibt, uns die Echos der Freuden der Sirenen in Beschäftigung halten und die Lockungen wie Winde bald hierhin, bald dorthin drängen, werden wir der ehelichen Treue der Penelope entsprechen, wenn wir ein unauflösliches und göttliches Band der Tugend, die Philosophie, gebrauchen."
Re: Lockende Sirenen
filix schrieb am 29.05.2018 um 11:12 Uhr (Zitieren)
Der Übersetzer ist berühmter als der Verfasser, er fügte der Menschheit nach Freud die kosmologische Kränkung zu.
Re: Lockende Sirenen
Γραικίσκος schrieb am 29.05.2018 um 15:24 Uhr (Zitieren)
Dann muß es sich um Nikolaus Kopernikus handeln, was der Hinweis auf den Todestag bestätigt.
Daß der sich mit sowas befaßt hat, wußte ich nicht.
Re: Lockende Sirenen
Φιλομαθής schrieb am 29.05.2018 um 22:20 Uhr (Zitieren)
Ich gratuliere. Ja es ist Kopernikus, der die Epistolae morales, rusticae et amatoriae des Theophylaktos Simokates übersetzt hat. Die Kopernikus-Übersetzung mit dem griechischen Text der Aldina, die Kopernikus wahrscheinlich benutzt hat, findet man hier:

https://books.google.de/books?id=jwdaAAAAcAAJ&pg=PA120#v=onepage&q&f=true

Eine neuere Edition der Epistolae des Theophylaktos ist auch in Rudolf Herchers Epistolographi Graeci enthalten:

http://archive.org/stream/epistolographoih00hercuoft#page/763/mode/1up
 
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