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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Graeculi? (1288 Aufrufe)
John schrieb am 26.08.2009 um 18:27 Uhr (Zitieren)
Liebe Helfer und Helfershelfer,
meine Arbeit an Plutarch geht langsam voran. Heute habe ich mich mit dem Thema "Griechenland unter römischer Herrschaft" befasst und frage mich, ob ich so ein Thema in so einem Forum überhaupt anbringen darf. Doch es blieb ja genug Griechentum übrig, sodass ich es wage.
Ich habe viele, nennen wir es Vermutungen über das Verhältnis von Römern und Griechen in dieser Zeit gelesen. Scheinbar sind wenige Originalquellen von griechischer Seite erhalten geblieben, meine Verwirrung ist groß.
Plutarch jedenfalls begrüßte die neuen Herren im Lande mehr oder weniger, was an seinen Parallelbiographien abzulesen ist. Auf der anderen Seite gab es viele Aufstände gegen die Besatzer, sodass der Jerusalem-Eroberer Pompeius zu Hilfe gerufen werden musste...
Hat jemand eine Literaturempfehlung über den aktuellen Forschungsstand oder eigene Ideen?
Vielen Dank wie immer im Voraus :)
Re: Graeculi?
διψαλέος schrieb am 26.08.2009 um 18:33 Uhr (Zitieren)
Literaturempfehlungen habe ich als Hobby-Historiker keine,
aber eigene Ideen.
:-))
(allerdings, ob sie wissenschaftlich brauchbar sind???)
B-)
zunächst:
Rom war eine Ordnungsmacht, die dem Chaos der Diadochen-Kämpfe ein Ende machte.
Allerdings entpuppte sich die neue "Ordnungsmacht" bald auch als "ungemütlich",
so wie wir es ja in der Geschichte bis HEUTE immer wieder erleben.
Ich sehe sehr viele Parallelen zwischen den Geschehnissen 150 v.Chr.- 50 n.Chr und
1800 - 2000 ...
Re: Graeculi?
John schrieb am 26.08.2009 um 18:38 Uhr (Zitieren)
Also vergleichbar mit der Situation in Jerusalem? Da fällt mir spontan die Sitzung der Volksfront von Judäa ein... "Was haben die Römer uns gebracht?" :)
Aber danke für den Hinweis! Sicherlich waren die Reaktionen der Griechen ebenso verschieden wie die "moderner" Menschen auf andere Situationen.
Re: Graeculi?
διψαλέος schrieb am 26.08.2009 um 18:39 Uhr (Zitieren)
Ich vergleiche:
Europa um 1800
seit Jahrhunderten toten Vormachtskämpfe der einzelnen Mächte
Oikoumene:
Seit Jahrhunderten (Tod Alexanders des Großen)
tobten Vormachtskämpfe der Diadochenreiche

Europa ab 1900
Eine "neue", "überseeische" Macht greift ein: die USA
(bisher nur in der westlichen Hemisphäre aktiv)

Oikoumene um 150 v.Chr.:
Eine "neue", "überseeische" Macht greift ein: das Imperium Romanum.(bisher nur im westlichen Mittelmeer aktiv)

usw...
Re: Graeculi?
John schrieb am 26.08.2009 um 18:41 Uhr (Zitieren)
Verstehe, verstehe...
Re: Graeculi?
διψαλέος schrieb am 26.08.2009 um 18:44 Uhr (Zitieren)
die Römer waren für die Levantiner so was, wie für die Europäer die Amerikaner:
Neureich, neumächtig, überheblich, kulturlos, von den Verhältnissen keine Ahnung habend...
(eine seltsame Sprache sprechend..)
sich dann aus einem Minderwertigkeitskomplex heraus
eine Historie zusammenstopselnd..
(Romulus und Remus von Mars gezeugt?
Die Griechen kichern: Das war der Gärtner...)

:-))
Re: Graeculi?
διψαλέος schrieb am 26.08.2009 um 18:53 Uhr (Zitieren)
Die Römer, das waren Bauerntrampel (im wahrsten Sinne des Wortes),
Die Stadt Rom war eine Ansammlung von Lehmhaufen,
die die Römer "Häuser" und "Villen" nannten...
Die Tempel schmucklos und aus grob behauenen Steinen hingeklotzt.
Literatur?
Poesie?
Lyric?
Theater?
Philosophie?
Wissenschaft?
keine Spur....
(wohlgemerkt, wir schreiben ca. 150 v.Chr.)
;-)
Re: Graeculi?
διψαλέος schrieb am 26.08.2009 um 18:55 Uhr (Zitieren)
Das einige, was einigemaßen ein wenig Bewunderung
(und Ängste) hervorrief:
Der Straßenbau und die militärische Organisation...
Re: Graeculi?
διψαλέος schrieb am 26.08.2009 um 18:57 Uhr (Zitieren)
Kopfschütteln allerdings über die moralischen Vorstellungen...
(und über die so nüchterne "offizielle" Religion)
Re: Graeculi?
John schrieb am 26.08.2009 um 19:07 Uhr (Zitieren)
Danke, danke! Darf ich dich zitieren?
Vor allem
Die Stadt Rom war eine Ansammlung von Lehmhaufen, die die Römer "Häuser" und "Villen" nannten...

gefällt mir. :) Deinen Gedankengang werde ich sicherlich aufgreifen.
Re: Graeculi?
John schrieb am 26.08.2009 um 19:13 Uhr (Zitieren)
Um die "offizielle Religion" geht es mir! Für Plutarch galten vor allem die Juden als superstitio - Aberglaube bzw. falscher Glaube - und das vor allem nur an einen Gott. Er spricht zwar von einem einzigen göttlichen Prinzip, was überall gilt, aber das verlangt bei Gelegenheit mal ein eigenes Thema!
Re: Graeculi?
Γραικίσκος schrieb am 26.08.2009 um 19:54 Uhr (Zitieren)
Über quasi-monotheistische Tendenzen bei griechischen Autoren haben wir hier schon gelegentlich gesprochen bzw. diskutiert. Einiges davon findes Du, wenn Du "Monothesimus" und "monotheistisch" als Suchbegriffe eingibst.
Re: Graeculi?
ανδρέας schrieb am 26.08.2009 um 19:55 Uhr (Zitieren)
Als Einleitung zu
>>> Die Stadt Rom war eine Ansammlung von Lehmhaufen, die die Römer "Häuser" und "Villen" nannten... <<<
eine kleine Ergänzung. K. Marx hat einen Aufsatz in Latein geschruieben, wo er darlegt, dass sich die Römer vor den Punischen Kriegen wenig um Redekunst, Wissenschaft etc. gekümmert haben:

... Zu keiner Zeit waren die Römer weiter entfernt von den besten Künsten und Wissenschaften als im Zeitalter vor den Punischen Kriegen,
als man Bildung nur sehr wenig schätzte, ...

http://www.hs-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost19/Marx/mar_lat1.html

Später erst haben die gebildeten Römer alles Griechische aufgesaugt.
Re: Graeculi?
John schrieb am 26.08.2009 um 20:21 Uhr (Zitieren)
Es geht mir genauer gesagt um die Frage, warum die frühen Christen verfolgt wurden. Prozesse gegen sie sind erst für das 2. Jahrhundert nachgewiesen, die Gründe müssen aber deutlich vorher anzusetzen sein (Paulus' erste Missionsreise ist zwischen 45 und 47 anzusetzen).
Und da kommt Plutarch ins Spiel. Er schreibt über jene Formen von Atheismus und Aberglaube in einer Zeit, in der Griechenland seine politische Souveränität ja schon lange verloren hatte. Und er ist als Grieche im Römischen Reich mit immer neuen kulturellen Einflüssen konfrontiert - wie wohl viele Menschen in vielen Epochen. Interessant dabei ist für mich seine Definition von Aberglaube, zu der das Christentum nur in wenigen Punkten passt.
Sobald ich die Teubner-Ausgabe mit dem griechischen Text habe, stelle ich (bei Interesse) gern einmal ein paar interessante Auszüge ein.
Re: Graeculi?
διψαλέος schrieb am 26.08.2009 um 20:33 Uhr (Zitieren)
Die Urchristen betrieben in den Augen der damaligen Behörden ein okkulte Geheimreligion, mit für die damalige Zeit unverständlichen Riten
Religion war damals eine öffentliche Angelegenheit, denen sich die Christen entzogen.
Das machte sie verdächtig.
Dazu kam, daß gerade die Unterschichten, Sklaven und andere "übliche Verdächtige" Zuflucht zu dieser "Trost-Religion" suchten...
Dann entsprang das Christentum aus dem immer rebellischen Judentum in Palästina..
Das alles reichte, um die ansonsten in Religionsfragen
äußerst freisinnigen Römer zu Maßnahmen greifen zu lassen.
Re: Graeculi?
John schrieb am 26.08.2009 um 20:42 Uhr (Zitieren)
Diese Frage wird heftig diskutiert, weil es keineswegs klar ist, warum die frühen Christen verdächtig waren. Aus dem Briefwechsel zwischen Plinius d. J. und Kaiser Trajan - eines der wenigen außerbiblischen frühen Zeugnisse aus dieser Zeit - geht allenfalls hervor, dass es lokale Verfolgungen (und nur aufgrund von persönlichen Anzeigen) gegeben haben muss - evtl. wegen des sog. Hetärienverbotes, eine Art Parteienverbot, des Kaisers.
Interessant auch, dass die Juden einen Sonderstatus im Reich hatten. Warum also nicht auch die Christen?
Re: Graeculi?
Γραικίσκος schrieb am 26.08.2009 um 21:24 Uhr (Zitieren)
Das ist ein interessantes Thmea! Ich hoffe, mich mit ihm noch befassen zu können in den nächsten Tagen.
Für heute nur ein Kinderwitz zur Christenverfolgung:
Die kleine Lotte schaut sich ein Bild „Christenverfolgung unter Nero“ an ... und bricht in bittere Tränen aus. Der Vater fragt sie nach dem Grund ihres Jammers, woraufhin sie auf einen im Bild einsam und mürrisch kauernden Löwen zeigt, mit dem schmerzlichen Ausruf: „Ach, Papa, der arme Löwe da hat gar keinen Christen!“

[frei nach: Hans Blumenberg, Löwen. Frankfurt/Main 2001, S. 22]
Re: Graeculi?
διψαλέος schrieb am 27.08.2009 um 00:13 Uhr (Zitieren)
Ich betone:
Was ich hier vertrete, ist meine Amateurmeinung...
;-)

Zu Fragen der Statik der griechischen Tempel kann ich natürlich als "Experte" etwas fundierter beitragen....
;-)
(obwohl....,
wir wissen bis heute nicht, WIE sie es gemacht haben....
Auch mit den Pyramiden, obgleich da die Statik recht einfach ist...)
Re: Graeculi?
Γραικίσκος schrieb am 29.08.2009 um 10:40 Uhr (Zitieren)
Interessant auch, dass die Juden einen Sonderstatus im Reich hatten.

Welchen Sonderstatus hatten denn die Juden im Römischen Reich ... nach den Aufständen unter Vespasian und Hadrian?
Ich weiß nur (oder glaube zu wissen), daß sie nicht mehr in Palästina siedeln durften. Allerdings weiß ich auch nichts von späteren Judenverfolgungen, die denen der Christen zu vergleichen sind.
Re: Graeculi?
ανδρέας schrieb am 29.08.2009 um 11:01 Uhr (Zitieren)

Mit der Erstürmung der Festung Masada (70-73 n. Chr. )Vespasian/Titus und der Zerstörung des Tempels (heute steht nur noch die Klagemauer) war die vorher stets unruhige Provinz befriedet, viele flohen in die Diaspora. Den Römern war die jüdische Religion sehr suspekt und es ist nicht von einem Sonderstatus auszugehen. Die seit 63 v. Chr. (Pompeius) unterworfenen Juden waren einfach nur sehr renitent und schwer zu kontrollieren.
Die Folgen waren katastrophal für die Juden und haben die weitere Geschichte entscheidend beeinflusst.
 
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