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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Zum Lobe von Lorb #2: Menekrates - Der erste Chefarzt (950 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 12.07.2018 um 15:57 Uhr (Zitieren)
2.
Menekrates – Der erste Chefarzt

In der sizilischen Stadt Syrakus lebte um 350 v.u.Z. der berühmte Arzt Menekrates. Nachdem er, so überliefert es Athenaios („Die gelehrten Gäste“ VII, 289), mehrere Patienten gerettet hatte, die von anderen Ärzten für moribund erklärt worden waren, stieg ihm das offenbar zu Kopf. Mit der Stellung eines Halbgottes in Weiß wollte er sich nicht begnügen, sondern nannte sich selbst einen Gott – und zwar nicht irgendeinen, sondern Zeus höchstselbst.

Seine Patienten mußten vor Behandlungsbeginn schriftlich ihre Bereitschaft erklären, ihm im Falle der Heilung als Sklaven zur Verfügung zu stehen. Und tatsächlich kostümierte er sich als Zeus, während ihn besagte Patienten, ihrerseits als Götter wie Herakles, Hermes, Asklepios oder Apollon gekleidet, bei öffentlichen Auftritten begleiteten.

Auch Briefe an Berühmtheiten seiner Zeit schrieb er als „Menekrates Zeus“.
Bei König Philipp II. von Makedonien, dem Vater Alexanders des Großen, geriet er dabei an jemanden, der ihm gewachsen war. Dieser lud ihn nach Makedonien zu einem Gastmahl ein – eine Einladung, der Menekrates auch nachkam. Das muß eine aufwendige Reise quer durch das halbe Mittelmeer für ihn gewesen sein!
Am Ziel erwartete ihn im Speisesaal des Palastes eine erhöhte Liege (die Griechen aßen ja im Liegen), auf der Menekrates thronte wie auf einem Altar. Das war ganz nach seinem Geschmack. Ärgerlich wurde die Sache erst, als den anderen Gästen die Speisen aufgetragen wurden, während man vor Menekrates lediglich ... Weihrauch verbrannte.

Eine schöne, wenn auch wortlose Widerlegung seiner Gött-lichkeit, denn Götter benötigen keine irdischen Speisen, während Menekrates hungrig war.

Verärgert verließ er das Gastmahl, verlacht von Philipp und den anderen Gästen. Außer Spesen nichts gewesen.

Menekrates erscheint hier als Hanswurst; aber spätere Ärzte, z.B. Caelius Aurelianus, haben sich doch gerne auf seine medizinischen Methoden, die für uns heute verloren sind, berufen. Selbst Epileptiker soll er geheilt haben; man wüßte gerne, wie er das geschafft hat.
Für uns sind leider nur seine Hanstwurstiaden von Athenaios, Aelian und Plutarch überliefert, zugänglich in der Loeb Classical Library.

Den Standesdünkel haben heutige Chefärzte sicherlich aus eigener Kraft entwickelt.
Re: Zum Lobe von Lorb #2: Menekrates - Der erste Chefarzt
Φιλομαθής schrieb am 14.07.2018 um 11:01 Uhr (Zitieren)
Bemerkenswert, dass Menekrates in Syrakus derart gotteslästerlich auftreten konnte, während sein (mutmaßlicher) Zeitgenosse Aristoteles Athen verlassen musste, um nicht das Schicksal des Sokrates zu erleiden. ("Οὐ συγχωρήσω ̓Aθηναίοις δὶς ἁμαρτεῖν εἰς φιλοσοφίαν." Vita Aristotelis Marciana 41)

Zitat von Γραικίσκος am 12.7.18, 15:57Seine Patienten mußten vor Behandlungsbeginn schriftlich ihre Bereitschaft erklären, ihm im Falle der Heilung als Sklaven zur Verfügung zu stehen.

Das betrifft nach Athenaios allerdings nur jene Patienten, die er von der Heiligen Krankheit (ἱερὰ νόσος), also der Epilepsie, kurierte. Man könnte vermuten, dass ein solcher Kontrakt auch damit zusammenhing, dass Menekrates durchaus nicht fähig war, die Epilepsie zu heilen, aber doch ihre Symptome zu unterdrücken verstand, wozu eine fortwährende Betreuung der Patienten erforderlich wurde.
Re: Zum Lobe von Loeb #2: Menekrates - Der erste Chefarzt
Γραικίσκος schrieb am 15.07.2018 um 15:52 Uhr (Zitieren)
Das stimmt, Athenaios schreibt dies nur in bezug auf Epilepsie-Patienten.
Interessante Erklärung. Heilen konnte Menekrates die Epilepsie sicherlich nicht; doch wenn er die Symptome unterdrücken konnte, wird das auf die Zeitgenossen so gewirkt haben.

Welche Beruhigungsmittel kannte denn die Antike?
Re: Zum Lobe von Lorb #2: Menekrates - Der erste Chefarzt
Γραικίσκος schrieb am 30.07.2018 um 17:54 Uhr (Zitieren)
Da steht meine Frage noch im leeren Raum herum.
Re: Zum Lobe von Lorb #2: Menekrates - Der erste Chefarzt
filix schrieb am 30.07.2018 um 18:55 Uhr (Zitieren)
Möglicherweise hatten bestimmte antike diätetische Ansätze Erfolge bei der Behandlung, wie sie noch heute die bei pharmakoresistenten Formen der Epilepsie eingesetzte ketogene Diät erzielt.
Im Corpus Hippocraticum findet sich jedenfalls eine Schrift über die sogenannte heilige Krankheit, die ihr aber gerade diese Seite abspricht und sich im Rahmen antiker Humoralpathologie an einer Erklärung ihrer natürlichen Ursachen versucht: https://archive.org/stream/hippocrates02hippuoft#page/126/mode/2up
Re: Zum Lobe von Lorb #2: Menekrates - Der erste Chefarzt
Γραικίσκος schrieb am 31.07.2018 um 12:33 Uhr (Zitieren)
Da muß ich mir den Hippokrates mal vornehmen.
 
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