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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Geschlechtsverkehr ist schädlich, Jungfräulichkeit gesund (843 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 16.01.2019 um 14:14 Uhr (Zitieren)
Der ephesische Arzt Σωσανός aus dem ersten Jhdt. u.Z., lt. DNP "wichtigster Repräsentant der medizinischen Schule der Methodiker, im 20. Jh. als einer der bedeutendsten Ärzte der griech.-röm. Ant. wiedererkannt", schreibt in seinen Gynaecia I 32:
Wir meinen nun, daß eine Fortdauer der Jungfernschaft gesund ist, zumal der Geschlechtsverkehr an sich schon schädlich ist, wie im "Hygieinon" ausführlicher dargelegt wurde. Wir können ja beobachten, daß unter den Tierweibchen die kräftigsten diejenigen sind, die daran gehindert werden, den Geschlechtsverkehr auszuüben, und daß unter den Frauen diejenigen weniger anfällig für Krankheit sind, die aufgrund eines Gesetzes bzw. eines kultischen Dienstes nicht geshclechtlich verkehren dürfen, und diejenigen, die wegen gesetzlicher Vorschriften Jungfrauen bleiben müssen.

(Frauenmedizin in der Antike; hrsg. v. Charlotte Schubert und Ulrich Huttner. Düsseldorf/Zürich 1999, S. 43)

Dieses Werk Hygieinon ist nun leider nicht erhalten.
Indem ich über diese seltsame Auffassung nachdenke sowie über die ergänzende Bemerkung des Soranos, es müsse noch nachgedacht werden, wie sich diese Ansicht in das allgemeine Prinzip der Natur der Fortpflanzung einfügen lasse, fällt mir ein:
- Auch im Daoismus gilt der Geschlechtsverkehr als Energieverlust und daher als zu meiden.
- Geschlechtskrankheiten umgeht man natürlich auf diese Weise (obgleich die Antike weder die Syphilis noch AIDS kannte).
- Einer Untersuchung zufolge sind Nonnen signifikant seltener von Tumoren des Gebärmutterhalses betroffen.

Ich zögere aber, derartiges für Sosanos als Erklärung in Anspruch zu nehmen; er meint offenbar, enthaltsame Frauen seien fitter und weniger anfällig für Krankheiten aller Art ... dank eines besser funktionierenden Immunsystems?
Zudem schreibt er ja nichts über die Auswirkungen auf Männer.

Gibt es Überlegungen zum besseren Verständnis dieser für die Fortpflanzung bedenklichen Ansicht?
Re: Geschlechtsverkehr ist schädlich, Jungfräulichkeit gesund
οὔτις schrieb am 16.01.2019 um 16:06 Uhr (Zitieren)
Das eine schließt das andere nicht aus: Heilige Maria.

Ob sie nach der Geburt des Herrn weiterhin Jungfrau blieb, darüber spekulierte man zeitweise im Mittelalter.
Re: Geschlechtsverkehr ist schädlich, Jungfräulichkeit gesund
Γραικίσκος schrieb am 17.01.2019 um 14:45 Uhr (Zitieren)
Seit ich weiß, daß Jesus Brüder hatte, bin ich mir der Jungfäulichkeit Mariens noch ungewisser als vorher schon.

Kannst Du etwas Näheres über die mittelalterliche Diskussion angeben?
Re: Geschlechtsverkehr ist schädlich, Jungfräulichkeit gesund
HB schrieb am 17.01.2019 um 15:29 Uhr (Zitieren)
"In der griechischen Literatur wird αδελφός für leibliche Geschwister und nähere Verwandte gebraucht, ebenso wie übertragen im Sinn von Berufsgenosse, Glaubensbruder, Freund oder Mitmensch."

https://de.wikipedia.org/wiki/Geschwister_Jesu#Sprachwissenschaftliche_Analysen

Im Katholizismus werden die Brüder als Verwandte angesehen.
Re: Geschlechtsverkehr ist schädlich, Jungfräulichkeit gesund
οὔτις schrieb am 17.01.2019 um 17:15 Uhr (Zitieren)
Zur nachgeburtlichen Jungfernschaft Mariens findet sich einiges, wenn man „utero clauso“ googelt.
Re: Geschlechtsverkehr ist schädlich, Jungfräulichkeit gesund
οὔτις schrieb am 17.01.2019 um 17:38 Uhr (Zitieren)
Den Hinweis auf „utero clauso“ fand ich in:

Walter Delius, Geschichte der Marienverehrung. München 1963.

Ich besitze das Buch aber nicht; sonst könnte ich höflicher weiterhelfen.
Re: Geschlechtsverkehr ist schädlich, Jungfräulichkeit gesund
Γραικίσκος schrieb am 18.01.2019 um 13:23 Uhr (Zitieren)
Das stimmt schon, daß man ἀδελφός auch anders übersetzen kann. Allerdings ist mir nicht wohl bei dem Verfahren, sich bei verschiedenen Bedeutungsmöglichkeiten stets die dogmatisch passende herauszusuchen. Z.B. muß man παρθένος nicht mit "Jungfrau" übersetzen, tut es aber im Falle Mariens.
Und wenn Jesus in seinen Gleichnissen implizit eine Anerkennung der Sklaverei durchblicken läßt (wir verhalten uns zu Gott wie ein Sklave zu seinem Herrn), dann bevorzugt man für δοῦλος das verschämte "Knecht".

Wie gesagt, ich muß zugeben, daß es möglich ist, aber es überzeugt mich nicht.
 
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