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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Zum Problem von Übersetzungen und zum Sinn von Kenntnissen der Originalsprache (499 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 07.05.2019 um 18:02 Uhr (Zitieren)
Was einem bei der Lektüre bloßer Übersetzungen passieren kann und wie hilfreich selbst rudimentäre Kenntnisse der Originalsprache sind, mag das folgende Beispiel verdeutlichen:
In dem für Unterrichtszwecke gedachten Werk „Geschichte in Quellen“ aus dem Bayerischen Schulbuchverlag, Bd. 1: Altertum (München ³1978), begegnet dem Leser auf Seite 349 die Übersetzung eines Suda-Artikels (s.v. βασιλεία) von Hermann Bengtson zum Thema „Innere Begründung der Königsherrschaft“:
„Nicht die Abstimmung und das Gerechte [die Legitimität] teilt den Menschen die Königsherrschaften zu, sondern die Fähigkeit, ein Heer und die Staatsgeschäfte zweckmäßig zu führen; von dieser Artung waren Philipp und die Nachfolger Alexanders.“

Selbst wenn man von dem altertümlichen, jungen Menschen heute wohl kaum geläufigen Wort „Artung“ absieht, erschließt sich der Sinn nur schwer; man stolpert über „Abstimmung“. Liest man nun im Original nach, dann findet man:
„Οὔτε φύσις οὔτε τὸ δίκαιον ἀποδιδοῦσι τοῖς ἀνθρώποις τὰς βααιλείας, ἀλλὰ τοῖς δυναμένοις ἡγεῖσθαι στρατοπέδου καὶ χειρίζειν πράγματα νουνεχῶς. οἷος ἦν Φίλιππος καὶ οἱ διάδοχοι Ἀλεξάνδρου.“

„Neque natura neque ius quibusvis hominibus sine discrimine regna tribuit, sed iis, qui exercitui praeesse et res prudenter administrare norunt: qualis fuit Philippus et successores Alexandri M.”

Da braucht es nicht viel an Griechisch- oder Lateinkenntnissen, um den Fehler zu durchschauen – einen Fehler, für den vermutlich nichtmal Hermann Bengtson selbst, sondern ein Setzer verantwortlich ist. Setzer gibt es zwar heute fast nicht mehr, Übersetzungsfehler aber schon. Und manchmal läßt bereits ein einziger falscher Buchstabe ein neues, aber sinnloses Wort entstehen.
Re: Zum Problem von Übersetzungen und zum Sinn von Kenntnissen der Originalsprache
Invictus schrieb am 08.05.2019 um 15:33 Uhr (Zitieren)
Interessant, ich kann tatsächlich nur wenig Griechisch und verstehe, dass "physis" wohl nicht mit "Abstimmung" übersetzt werden kann. Das Lateinische (was ich mehr oder weniger draufhabe) bestätigt dann die Vermutung. Ich frage mich, wie dem Setzer dieser Fehler unterlaufen ist.
Re: Zum Problem von Übersetzungen und zum Sinn von Kenntnissen der Originalsprache
Γραικίσκος schrieb am 08.05.2019 um 16:22 Uhr (Zitieren)
Der Sätzer hat aus "Abstammung", was sicherlich im Manuskript stand und hier den Sinn von φύσις bzw. natura erfaßt, "Abstimmung" gemacht; er hat einen Buchstaben verwechselt. Der Sätzer kontrolliert ja auch nicht den ihm vorliegenden Text anhand des Originals.

Heutzutage gäbe Bengston einfach eine Datei ab, und nur mit sehr viel Glück würde da ein Lektor nochmal drübersehen.
 
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