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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Steinregen (546 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 21.06.2019 um 17:13 Uhr (Zitieren)
In seinem „Schatzkästlein des Rheinischen Hausfreundes“ berichtet Johann Peter Hebel (1760-1826), nachdem er Fälle von angeblichem Schwefel-, Blut- und Froschregen auf natürliche Weise als Fehldeutungen erklärt hat, von Steinregen:
Aber mit dem Steinregen verhält es sich anders. Das ist keine Einbildung. Denn man hat darüber viele alte glaubwürdige Nachrichten und neue Beweise, daß bald einzelne schwere Steine, bald viele miteinander von ungleicher Größe mir nichts, dir nichts aus der Luft herabgefallen sind. Die älteste Nachricht, welche man von solchen Ereignissen hat, reicht bis in das Jahr 462 vor Christi Geburt. Da fiel in Thrazien, oder in der jetzigen türkischen Provinz Rumili, ein großer Stein aus den Lüften herab, und seit jener Zeit bis jetzt, also in 2267 Jahren, hat es, soviel man weiß, 38mal Steine geregnet. Z.B. im Jahr 1492 fiel bei Ensisheim ein Stein, der 260 Pf. schwer war. Im Jahre 1672 bei Verona in Italien zwei Steine von 200 und 300 Pf. Nun kann man denken, von alten Zeiten sei gut etwas erzählen. Wen kann man fragen ob’s wahr sei? Aber auch ganz neue Erfahrungen geben diesen alten Nachrichten Glauben. Denn im Jahr 1789 und am 24. Juli 1790 fielen in Frankreich, und am 16. Juni 1794 in Italien viele Steine vom Himmel, das heißt hoch aus der Luft herab. Und den 26. April 1803 kam bei dem Ort l’Aigle im Orne-Departement in Frankreich ein Steinregen von 2000-3000 Steinen auf einmal mit großem Getöse aus der Luft. [1806]

(Johann Peter Hebel: Poetische Werke. Darmstadt (München) 1968, S. 46 f.)

Weiß jemand, wo dieser antike Fall aus Thrakien überliefert ist?
Re: Steinregen
Γραικίσκος schrieb am 21.06.2019 um 18:19 Uhr (Zitieren)
Herodot, Pausanias & Phlegon: Fehlanzeige.
Re: Steinregen
Γραικίσκος schrieb am 21.06.2019 um 18:53 Uhr (Zitieren)
Athenaios, Aulus Gellius: dito.
Re: Steinregen
Γραικίσκος schrieb am 23.06.2019 um 15:23 Uhr (Zitieren)
Den Fall aus der Antike habe ich immer noch nicht gefunden, wohl aber die folgende amüsant geschriebene Passage zum Thema Steinregen bei Charles Fort:
Der Kalkstein, der in Middleburgh, Florida, niedergegangen sein soll. Science, 11-118, erklärt dazu, er sei „auf ein altes Feld“ gefallen. Aber die Zeugen, die dorthin rannten, hoben etwas auf, das „von vornherein dort gelegen“ hatte. Der Autor, der uns dies mit der üblichen Phantasie der Exklusionisten erklärt, die man auch Dummheit nennt – zu Unrecht übrigens, weil es keine wirkliche Dummheit gibt –, glaubt, er könne sich einen recht großen Stein vorstellen, der schon lange auf kultiviertem Land herumliegt, aber zuvor nie jemandem aufgefallen war und beispielsweise nie beim Pflügen gestört hat. Er versichert uns allen Ernstes und unverfroren, der Stein habe 200 Pfund gewogen. Ich dagegen denke, ausgehend von meinen eigenen Erfahrungen mit unserer Wahrnehmung, daß ein 500 Pfund schwerer Stein vielleicht zwanzig Jahre lang unbemerkt im Wohnzimmer herumliegen kann, aber sicher nicht auf altem Ackerland, wo er beim Pflügen stört – falls er gestört hat.

[Charles Fort: Das Buch der Verdammten. Frankfurt/Main 1995, S. 99]

(Charles Fort ist der Begründer des 'Fortismus', d.h. des Sammelns unerklärter Phänomene.)
Re: Steinregen
Γραικίσκος schrieb am 23.06.2019 um 18:48 Uhr (Zitieren)
Jetzt bin ich durch einen Hinweis auf Livius I 31 gebracht worden:
Als sich durch den Sieg über die Sabiner König Tullus [Hostilius] und der ganze römische Staat großen Ruhmes und großer Macht erfreuten, wurde dem König und dem Senat gemeldet, auf dem Albaner Berg habe es Steine geregnet. Weil man das kaum glauben konnte, schickte man Leute hin, die das Zeichen vom Himmel überprüfen sollten; vor ihren Augen fielen zahlreiche Steine vom Himmel, nicht anders, als wenn die Winde geballten Hagel niedergehen lassen. Sie glaubten auch, aus dem Hain oben auf dem Gipfel des Berges eine mächtige Stimme zu vernehmen, die Albaner sollten nach dem Ritus ihrer Väter ihre Opfer vollziehen; sie hatten diese schon ganz in Vergessenheit geraten lassen, als hätten sie mit ihrer Heimatstadt auch ihre Götter hinter sich gelassen, und hatten entweder römische Kulte übernommen oder, mit ihrem Schicksal hadernd, was immer wieder vorkommt, die Verehrung der Götter ganz aufgegeben. Auch die Römer vollzogen auf dieses Zeichen hin im Namen des Staates ein neuntägiges Opfer [novendiale sacrum], entweder weil die himmlische Stimme auf dem Albaner Berg es gefordert hatte – auch das findet man nämlich überliefert – oder weil die Haruspices es so anordneten. Es hielt sich jedenfalls der Brauch, immer dann, wenn dieses Zeichen vom Himmel gemeldet wurde, neun Tage lang Feiern durchzuführen.

Da Tullus Hostilius von 673 bis 642 v.u.Z. regiert hat, kann das freilich nicht der Fall sein, von dem J. P. Hebel redet.
Re: Steinregen
Γραικίσκος schrieb am 23.06.2019 um 18:48 Uhr (Zitieren)
Auch handelt es sich hier um den Albaner Berg bei Rom, der weit von Thrakien entfernt ist.
Re: Steinregen
filix schrieb am 24.06.2019 um 12:08 Uhr (Zitieren)
Es handelt sich wohl um den Stein, dessen Fall aus den Lüften in Thraciae parte ad Aegos flumen nach Plinius Nat. hist. 2, 149 Anaxagoras im zweiten Jahr der 78. Olympiade caelestium litterarum scientia vorausgesagt haben soll. Nach der üblichen Berechnung ergibt das allerdings den Zeitraum 467/66 vor unserer Zeitrechnung.
Re: Steinregen
Γραικίσκος schrieb am 24.06.2019 um 14:10 Uhr (Zitieren)
Oja, zweifellos ist dies der Bericht, auf den Hebel sich bezieht:
Die Griechen preisen den Klazomenier Anaxagoras, weil er im zweiten Jahre der 78sten Olympiade zufolge seiner Wissenschaft von himmlischen Dingen vorausgesagt habe, an welchen Tagen ein Stein aus der Sonne herabfallen werde, und weil dies auch bei hellem Tage am Flusse Aigos in Thrake geschehen sei. Der Stein wird noch gezeigt, hat die Größe einer Wagenlast und ist schwärzlich von Farbe. In jenen Nächten leuchtete auch ein Komet am Himmel.
Wer diese Vorhersage glauben wollte, müßte nothwendig zugleich gestehen, daß die Sehergabe des Anaxagoras ein noch größeres Wunder sei, und daß die ganze Kenntniß der Natur damit aufgehoben und Alles verworren werden würde, wenn man glauben wollte, die Sonne selbst sei ein Stein, oder es sei je ein Stein in ihr gewesen.
Daß aber des öfteren Steine herabfallen, bleibt darum unbezweifelt [decidere tamen crebro non erit dubium]. Aus jenem Grunde wird auch in dem Gymnasion zu Abydos noch jetzt ein Stein verehrt, zwar nur von mäßiger Größe, dessen Niederfall auf die Mitte der Erde derselbe Anaxagoras vorausgesagt haben soll. Man verehrt auch einen solchen Stein zu Kassandria, das jetzt Potidaia heißt, und wohin gerade deßwegen eine Colonie geführt wurde; ich selbst habe einen auf der Feldmark der Vocontier gesehen, der kurz zuvor niedergefallen war.

Dieser Fall wird noch rätselhafter dadurch, daß Anaxagoras ihn (und einen weiteren Fall) vorhergesagt haben soll.
 
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