α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten (816 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 21.10.2019 um 10:25 Uhr (Zitieren)
Da ist ein Dutzend eingermaßen kundiger Leute wochenlang damit beschäftigt, Eponomasien aus der Antike zu sammeln ... und dann übersehen sie die Mutter aller Eponomasien! - einen Begriff, den sel bst heute jedes Kind kennt, der aber ursprünglich der Name einer bestimmten Person aus der Antike war.

Unter den Lebenden werden allerdings, wenn ich recht informiert bin, nur noch zwei Menschen damit bezeichnet, von denen einer aus Japan kommt und der andere aus Bayern.
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
mitleser schrieb am 21.10.2019 um 17:19 Uhr (Zitieren)
Der berüchtigte Wald voller Bäume...
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
filix schrieb am 22.10.2019 um 00:59 Uhr (Zitieren)
Dabei ist doch angeblich heute so gut wie jeder einer ("Der Kunde ist ein Kaiser: Die neue Macht des Verbrauchers").
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
Γραικίσκος schrieb am 22.10.2019 um 12:06 Uhr (Zitieren)
Ja, in der Werbung ...
Den Eigennamen Kaiser gibt es ja auch, nichtmal selten.

Aber echte Kaiser, nein, da gibt es nur noch zwei.

Im Falle Caesars kann man dem Begriff beim Übergang vom Eigennamen über die Adoption des Nachfolgers und dessen Nachfolgers bis hin zur Bezeichnung eines Typus gleichsam zuschauen.

Vor Caesar mußten sich die Menschen mit μεγὰς βασιλεύς oder βασιλεύς βασιλέων behelfen.
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
Γραικίσκος schrieb am 22.10.2019 um 12:07 Uhr (Zitieren)
Ja, in der Werbung ...
Den Eigennamen Kaiser gibt es ja auch, nichtmal selten.

Aber echte Kaiser, nein, da gibt es nur noch zwei.

Im Falle Caesars kann man dem Begriff beim Übergang vom Eigennamen über die Adoption des Nachfolgers und dessen Nachfolgers bis hin zur Bezeichnung eines Typus gleichsam zuschauen.

Vor Caesar mußten sich die Menschen mit μεγὰς βασιλεύς oder βασιλεὺς βασιλέων behelfen.
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
Γραικίσκος schrieb am 22.10.2019 um 12:08 Uhr (Zitieren)
Ja, in der Werbung ...
Den Eigennamen Kaiser gibt es ja auch, nichtmal selten.

Aber echte Kaiser, nein, da gibt es nur noch zwei.

Im Falle Caesars kann man dem Begriff beim Übergang vom Eigennamen über die Adoption des Nachfolgers und dessen Nachfolgers bis hin zur Bezeichnung eines Typus gleichsam zuschauen.

Vor Caesar mußten sich die Menschen mit μεγὰς βασιλεύς oder βασιλεὺς βασιλέων behelfen.
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
filix schrieb am 22.10.2019 um 12:18 Uhr (Zitieren)
Diese Entwicklungsgeschichte insbesondere in der julisch-claudischen Dynastie, die daraus ja erst einen Titel machte, bringt es allerdings mit sich, dass wir die unumschränkte Herrschaft, die wir mit dem Ausdruck verbinden, eher mit seinen späteren Trägern als dem ursprünglichen Namensgeber assoziieren. Caesar ist, pointiert gesagt, nicht der Inbegriff eines Caesars.
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
Γραικίσκος schrieb am 22.10.2019 um 12:41 Uhr (Zitieren)
Da ist was dran, vor allem an der pointiert formulierten Aussage.
Caesar als Person ist noch kein Kaiser.

Hat das aber mit der unumschränkten Herrschaft als Kriterium zun tun?
Immerhin war Caesar Dicator auf Lebenszeit.
Aber:
- Seine Stellung war nicht erblich.
- Selbst wenn M. Antonius ihn zum König machen wollte, liegt darin noch nicht die Unterscheidung zwischen König und Kaiser.
- Die unumschränkte Herrschaft ist ja eigentlich das, was man als Souverän bezeichnet - etwas, das bereits auf den König zutrifft: er hat keinen Herrn mehr über sich.

Das Spezifische eines Kaisers - im Unterschied zum 'bloßen' König - ist ja die Herrschaft über mehrere Königreiche.

Zusätzlich kompliziert wird die Bedeutungsgeschichte dieses Titels dann noch dadurch, daß in der Spätantike zwischen Caesar und Augustus unterschieden wurde. Der Caesar war lediglich 'Unterkaiser' - eine für die heutige Wortbedeutung geradezu paradoxer Titel.

Die Realität, die historische besonders, spottet jeder klaren, eindeutigen Definition.
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
Γραικίσκος schrieb am 22.10.2019 um 12:42 Uhr (Zitieren)
als Souverän --> als Souveränität
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
filix schrieb am 22.10.2019 um 13:53 Uhr (Zitieren)
Die Frage ist nur, ob dieser spezifische Unterschied in seinen historischen Grundlagen so in den eponomastischen Gebrauch Eingang findet, der ja immer einen ganz bestimmten Aspekt isoliert (zumeist auf Kosten der Komplexität der wirklichen Verhältnisse, in der der Namensgeber lebte).
Ich denke, dass in dieser Hinsicht die gesteigerte Machtfülle, das Surplus, das den Kaiser vom König scheidet, vager Natur ist und nicht an Territorien allein festzumachen. Da könnte in historischer Perspektive mit der (dann in der frühmittelalterlichen Idee der translatio imperii besonders deutlich werdenden) politisch-ideelle Steigerung durch diesen Titel (jenseits eines unmittelbaren Zugewinns von Befugnissen oder Herrschaftsbereiche) zu tun haben, der immer auch mit dem Göttlichen in Verbindung steht - die kultische Verehrung der antiken Kaiser, dann die göttliche Legitimation der Herrscher des später so genannten heiligen römischen Reichs. Außerdem spielt daneben wohl die Vorstellung mit solcher Herrschaft einhergehenden Reichtums und entsprechender Prunkentfaltung eine gewisse Rolle, wenn es z.B. heißt "Frühstücken wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein König und Abendessen wie ein Bettler."
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
filix schrieb am 22.10.2019 um 13:55 Uhr (Zitieren)
politisch-ideellen ... Herrschaftsbreichen ...
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
Γραικίσκος schrieb am 22.10.2019 um 17:42 Uhr (Zitieren)
Das ist kulturgeschichtlich ein richtiger Zugang.

Mir wird allerdings soeben bewußt, daß ich selbst den Kaiser nicht von vornherein (also von Kindheit an), als eine primär römisch-westeuropäische Institution aufgefaßt habe und daß mich das noch bis heute beeinflußt.

Der Schah war ein Kaiser, Haile Selassie von Äthiopien ebenfalls, der Tenno ist einer.

Woher habe ich mein Verständnis?
In Märchen, wie man sie als Kind liest (also Grimm &c.), kommt nie ein Kaiser vor, nur hin und wieder ein König.
Mit Caesar habe ich das damals natürlich auch nicht in Verbindung gebracht.
Meiner Erinnerung nach ist dieser Begriff in meinem Leben erstmals bewußt aufgetaucht, als wir im Griechischunterricht das Deklinieren anhand von "ὁ μεγὰς βασλεύς, τοῦ μεγάλου βασιλέως" usw. geübt haben und ich den Lehrer gefragt habe: "König verstehe ich, aber was ist ein Großkönig?" Der Lehrer hat es dann als König der Könige, als Kaiser und in bezug auf Persien erklärt - was ja im Griechischunterricht nahelag.
So bin ich schon als Kind auf eine andere, sozusagen globale Schiene gekommen.

Die Kaiser des Hl. Römischen Reiches, die später im Geschichtsunterricht vorgekommen sind, waren so für mich von vornherein eine Art von Kaisern, neben denen in Byzanz übrigens.
Daß auch "Zar" von "Caesar" kam und die Zaren Kaiser von Rußland waren, tat dann ein Übriges.

Dies als autobiographische Anmerkung zu meinem Verständnis von Kaiser.
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
filix schrieb am 22.10.2019 um 22:49 Uhr (Zitieren)
In Märchen, wie man sie als Kind liest (also Grimm &c.), kommt nie ein Kaiser vor, nur hin und wieder ein König.


Spontan fallen mir als Gegenbeispiel zwei ziemlich berühmte Kunstmärchen Andersens ein, die in nicht wenigen Kinderbüchern enthalten sind: Die Nachtigall (worin der Kaiser von China und der Kaiser von Japan vorkommen) und Des Kaisers neue Kleider.

-

Mit welchen kulturellen und geschichtlichen Bildern sich diese Begriffe aufladen, ist eine spannende Fragen. Denken Franzosen eher an Napoleon, die Bewohner des ehemaligen Kakaniens an den vorletzten Habsburger auf dem Thron, die Deutschen lieber an den Tenno als an Friedrich Barbarossa, Stupor Mundi oder den späteren Gärtner von Doorn?
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
Γραικίσκος schrieb am 22.10.2019 um 23:37 Uhr (Zitieren)
"Des Kaisers neue Kleider", darauf hätte ich kommen müssen.
An "Die Nachtigall" erinnere ich mich dunkel.
Bei Grimm aber nicht, oder?

Ja, an wen (als Franzose, Österreicher, Deutscher) denkt man, wenn man an einen Kaiser denkt? Ich bin in dieser Hinsicht als Normaldeutscher sicher ungeeignet. Und das wegen ὁ μεγὰς βασλεύς.
Re: Eponomasien: Die Paradoxie des Naheliegendsten
filix schrieb am 23.10.2019 um 11:02 Uhr (Zitieren)
Bei den Gebrüdern Grimm regiert das Königtum (von König Drosselbart, dem Froschkönig bis zum Veranstalter des dreitägigen Balls, auf dem Aschenputtel aufkreuzt). Ein solcher an der Spitze eines freien, einigen Vaterlandes war ja auch noch der Traum des Abgeordneten Jacob 1848.

 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: Reiterstatue

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.