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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Du Drache im Schafspelz! (717 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 13.11.2019 um 14:54 Uhr (Zitieren)
Von dem Schriftsteller Hermippos, einem Vertreter der Alten Komödie, ist das folgende Fragment aus "Geburt der Athene" überliefert:
τὴν μὲν διάλεκτον καὶ τὸ πρόσωπον ἀμνίου
ἔχειν δοκεῖς, τὰ δ' ἔνδον οὐδὲν διαφέρεις
δράκοντος.

(Fragments of Old Comedy, 3 vls., ed. by Ian C. Storey. Cambridge (Mass.)/London 2011, vol. 2, p. 282)

Der Zusammenhang ist nicht ersichtlich. Ob Hermippos es gewagt hat, dies über Athene zu sagen?
Re: Du Drache im Schafspelz!
Γραικύλος schrieb am 09.01.2022 um 14:51 Uhr (Zitieren)
Übersetzung:
You seem to have the speech and face of a lamb, but inside you are no different from a serpent.
Re: Du Drache im Schafspelz!
Bukolos schrieb am 10.01.2022 um 23:35 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικίσκος am 13.11.19, 14:54Ob Hermippos es gewagt hat, dies über Athene zu sagen?

Wenn man sich daran erinnert, dass Athene mitsamt πολεμήια τεύχεα aus dem väterlichen Kopf hüpfte, klingt die Annahme, τὸ πρόσωπον ἀμνίου sei von ihr gesagt worden, eher nicht so wahrscheinlich.
Re: Du Drache im Schafspelz!
Γραικύλος schrieb am 11.01.2022 um 11:11 Uhr (Zitieren)
Da wir es mit einer Komödie zu tun haben und Komik oft aus dem offenkundigen Widerspruch zwischen Gesagtem und Anschauung entsteht, bin ich mir aufgrund Deines Argumentes keineswegs sicher.
Ich frage mich eher, ob die Komödie in Sachen Blasphemie (τὰ δ' ἔνδον οὐδὲν διαφέρεις
δράκοντος) so weit zu gehen wagte.
Re: Du Drache im Schafspelz!
Bukolos schrieb am 11.01.2022 um 13:24 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικύλος am 11.1.22, 11:11Da ... Komik oft aus dem offenkundigen Widerspruch zwischen Gesagtem und Anschauung entsteht

Hm, ja, aber zur Annahme ironischer Komik will nun der zweite Teil des Fragments nicht recht passen: der Sprecher betont ja gerade die Diskrepanz zwischen Erscheinung und verborgener Absicht des/der Angesprochenen.
Re: Du Drache im Schafspelz!
Γραικύλος schrieb am 11.01.2022 um 13:48 Uhr (Zitieren)
Obgleich wir im Dunkeln tappen, kann ich mir vorstellen, daß es als Witz auf der Bühne funktioniert, und ob das insgesamt kohärent ist, einen Sinn ergibt, ist dafür nicht entscheidend. Es gibt eine Menge Witze, die unlogisch und genau deswegen komisch sind.
Du siehst unter meiner Hypothese Widersprüche in dem Satz, und ich sage, daß er gerade deshalb komisch (gewesen) sein könnte.

Ob das hier tatsächlich der Fall war, also auf Athene bezogen wurde, das weiß ich selbstverständlich nicht. Erstaunen würde es mich im Hinblick auf die blasphemische Aussage über Athene in Athen.
Re: Du Drache im Schafspelz!
Γραικύλος schrieb am 11.01.2022 um 13:49 Uhr (Zitieren)
Wobei Blasphemie auch nicht ausgeschlossen ist. Wenn ich recht informiert bin, galt Hermippos selbst unter attischen Komikern als extrem.
Re: Du Drache im Schafspelz!
Bukolos schrieb am 12.01.2022 um 13:56 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικύλος am 11.1.22, 13:48Du siehst unter meiner Hypothese Widersprüche in dem Satz, und ich sage, daß er gerade deshalb komisch (gewesen) sein könnte.

Ich glaube, da hast du mich missverstanden. Für mich ist es zwar vorstellbar, dass (wie du zuerst argumentiert hattest) ein komischer Effekt aus einem Widerspruch zwischen der manifesten Erscheinung einer Bühnenfigur und deren Repräsentation in der Anrede erzielt wird. Problematisch wird es aber (zumindest für meine Phantasie), wenn man einen situativen Rahmen konstruieren will, in dem der Sprecher einem kampfbereit gerüsteten Gegenüber eine (nur) latente Aggressivität vorwerfen wollte.

Hinzu kommt, dass das Etymologicum magnum das Fragment unter dem Stichwort ἀρνειός überliefert und den Genitiv ἀμνίου auf ein maskulines ἄμνιος zurückführt, obwohl man wahrscheinlich von einer (neutralen) Diminutivbildung zu ἀμνός ausgehen kann*. Denkbar ist, dass der Lexikograph den Kontext des Fragments kannte und wusste, dass der Adressat männlich war.

Was die Blasphemie betrifft, müsste man nachschauen, ob die Vorwürfe, mit denen Götter einander in einem fiktiven Dialog belegten, im antiken Athen jemals als Blasphemie gewertet wurden. Man war immerhin einiges gewöhnt, sowohl aus der Ilias als auch von der Bühne (bspw. aus dem Prometheus).

* So Christophoros Gkaras in seinem Kommentar zum Hermippos (Freiburg/Br. 2008, Diss.), S. 24:
https://freidok.uni-freiburg.de/data/6517[/sub]
Re: Du Drache im Schafspelz!
Γραικύλος schrieb am 12.01.2022 um 15:40 Uhr (Zitieren)
Problematisch wird es aber (zumindest für meine Phantasie), wenn man einen situativen Rahmen konstruieren will, in dem der Sprecher einem kampfbereit gerüsteten Gegenüber eine (nur) latente Aggressivität vorwerfen wollte.

Nennt man das nicht Understatement, den Witz der Untertreibung?
"Du scheinst mir etwas gereizt zu sein, mein Guter!"

Wenn der erwähnte Lexikograph den Kontext kannte und in dieser Kenntnis eine maskuline Form angibt, dann ist die Sache natürlich entschieden.

Daß es für Blasphemie in der griechischen Literatur genügend Belege gibt, vermute auch ich. Die Griechen waren nicht zuletzt begnadete Schimpfer, und es gab wenig, wovor sie haltmachten.
Ob sie es darin bis zu Becketts berühmter Aussage über Gott gebracht haben: "This old bastard, he doesn't exist!", das weiß ich nicht.
 
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