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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der homosexuelle Achill (807 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 06.01.2020 um 16:45 Uhr (Zitieren)
Homer in seiner „Ilias“ stellt Achilleus nicht als homosexuell dar, auch wenn seine Beziehung zu Patroklos als sehr enge und emotionale Freundschaft geschildert wird und der Tod des Patroklos eine entscheidende Wende in der Haltung des Achilleus bewirkt (Ilias XVI ff.). Möglicherweise war Homer der Ansicht, daß eine Homosexualität nicht zur heftigen Reaktion in dem Konflikt um die schöne Briseïs, zum „Zorn des Achilleus“, gepaßt hätte.

Deutlich wird die homosexuelle Beziehung jedoch bei Aischylos in einem seiner nur fragmentarisch erhaltenen Achilleus-Dramen angesprochen, in den „Myrmidonen“, wo Achilleus vor dem Leichnam des Patroklos steht:
Ach σέβας δὲ μηρῶν ἁγνὸν οὐκ ἐπῃδέσω,
ὦ δυσχάριστε τῶν πυκνῶν φιλημάτων.

Der Schenkel Bund, den heilgen, hast du nicht gescheut,
O du, undankbar für so viel Liebkosungen!

[fr. 228, Athenaios XIII 75]
Ach μηρῶν τε τῶν σῶν εὐσεβὴς ὁμιλία

Und deiner Schenkel gottgefälligen Verkehr

[fr. 229, Lukian Ἔρωτες 54]

Und Ovid läßt in seinen „Heroides“ die Briseïs über Achill seufzen:
Zehn Talente an Gold noch fügten hinzu sie den Gaben,
Sechsmal ein Doppelgespann Pferde, des Sieges gewohnt,
Selbst – was unnütz dir war [quodque supervacuumst] – noch lesbische Mädchen, an Schönheit
Herrlich, als Beute geführt aus der vernichteten Stadt:
Von Agamemnons Töchtern, den dreien, ward eine gesandt noch,
Dir zur Gattin erkoren, der du die Gattin nicht brauchst [sed non opus est tibi coniuge].

[Briseis Achilli 33-37]
Re: Der homosexuelle Achill
Quoth schrieb am 15.04.2021 um 22:50 Uhr (Zitieren)
Ich könnte mir auch denken, dass für Homer wie für die moderne Psychologie Homo- und Heterosexualität kein unversöhnlicher Gegensatz sind, sondern zwei Seiten einer Medaille.
Re: Der homosexuelle Achill
Quoth schrieb am 15.04.2021 um 22:51 Uhr (Zitieren)
Ich könnte mir auch denken, dass für Homer wie für die moderne Psychologie Homo- und Heterosexualität kein unversöhnlicher Gegensatz sind, sondern zwei Seiten einer Medaille.
Re: Der homosexuelle Achill
Γραικύλος schrieb am 15.04.2021 um 22:57 Uhr (Zitieren)
Wohl kein unüberbrückbarer Gegensatz. Und selbst bei Homer ist die Beziehung zwischen Achill und Patroklos ja sehr eng und emotional.
Re: Der homosexuelle Achill
Marcella schrieb am 16.04.2021 um 11:16 Uhr (Zitieren)
Platon jedenfalls empfiehlt fraglos die erotische Männerbeziehung am Beispiel von Achill und
Patroklos. Schwule Paare seien kampfstark!
Dazu schwärmt Gottfried Benn, was er diesmal nicht bei Nietzsche gefunden hat: "... Knabenliebe, damit der Held beim Mann bleibt, die Liebe der Kriegszüge, solche Paare standen wie ein Wall und fielen. Es war erotische Mystik". So Benn in sonst ziemlich protofaschistischen Aufsatz: Dorische Welt

https://de.qaz.wiki/wiki/Achilles_and_Patroclus
Re: Der homosexuelle Achill
Minoides schrieb am 16.04.2021 um 13:07 Uhr (Zitieren)
Zitat von Aurora am 16.4.21, 7:14https://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-476-03666-7_3[/quote]
Der Artikel erscheint mir sehr gut, weil er auf den wichtigen Punkt der sprachlich konstruierten Sexualitäten und die Inadäquatheit zeitgenössischer sexueller Identitätszuweisungen im Verhältnis zu denen Platons oder des Ilias-Autors aufmerksam macht.

Zitat von Aurora am 16.4.21, 7:14https://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-476-03666-7_3[/quote]
Zitat von Marcella am 16.4.21, 11:16https://de.qaz.wiki/wiki/Achilles_and_Patroclus[/quote]
Aber muss man wirklich einen kommerziellen Wikipedia-Schmarotzer verlinken, der noch dazu den Rechner jedes Unbedarften mit Trackingcookies überhäuft? Besser wären doch die englischen Original-Wikipedia-Seiten aus denen diese maschinellen Übersetzungen generiert wurden. Noch besser wäre, statt gedankenlosen Verlinkens, die Inhalte, die man für mitteilenswert hält mit eigenen Worten wiederzugeben, also irgendwie zu einer Mitteilung zu machen statt nur stumm den Zeigefinger auszustrecken.
Re: Der homosexuelle Achill
Minoides schrieb am 16.04.2021 um 13:09 Uhr (Zitieren)
Oh Mann, den Bug mit den Links kriegt der Seitenbetreiber anscheinend nicht mehr auf die Reihe.
Re: Der homosexuelle Achill
Marcella schrieb am 16.04.2021 um 13:11 Uhr (Zitieren)
Stimmt. Dass da Unkorrektheiten waren, war mir sogar schon aufgefallen. Noch einmal beherzige: Stets begleitendes Misstrauen, selbst bei Original- Wikipedia.
Re: Der homosexuelle Achill
Minoides schrieb am 16.04.2021 um 13:11 Uhr (Zitieren)
Neuer Versuch.
Zitat von Aurora am 16.4.21, 7:14https://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-476-03666-7_3

Der Artikel erscheint mir sehr gut, weil er auf den wichtigen Punkt der sprachlich konstruierten Sexualitäten und die Inadäquatheit zeitgenössischer sexueller Identitätszuweisungen im Verhältnis zu denen Platons oder des Ilias-Autors aufmerksam macht.

Zitat von Aurora am 16.4.21, 7:14https://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-476-03666-7_3

Zitat von Marcella am 16.4.21, 11:16https://de.qaz.wiki/wiki/Achilles_and_Patroclus

Aber muss man wirklich einen kommerziellen Wikipedia-Schmarotzer verlinken, der noch dazu den Rechner jedes Unbedarften mit Trackingcookies überhäuft? Besser wären doch die englischen Original-Wikipedia-Seiten aus denen diese maschinellen Übersetzungen generiert wurden. Noch besser wäre, statt gedankenlosen Verlinkens, die Inhalte, die man für mitteilenswert hält mit eigenen Worten wiederzugeben, also irgendwie zu einer Mitteilung zu machen statt nur stumm den Zeigefinger auszustrecken.
Re: Der homosexuelle Achill
Γραικύλος schrieb am 16.04.2021 um 18:31 Uhr (Zitieren)
Erstmal bin ich dankbar für den Hinweis auf Platons "Symposion"; diese Stelle hatte ich nämlich nicht mehr auf dem Schirm.

Zum Begriff der Homosexualität:

Es gibt ja eine klassische (?) Monographie zum Thema:
Kenneth J. Dover

Homosexualität in der griechischen Antike

München 1983

Das ist sicher bekannt, weshalb ich hier Retsina nach Griechenland trage.

Dover verwendet das Wort "Homosexualität" - welches auch sonst? Das untersuchte Phänomen, so ergibt sich, ist von spezieller, nämlich anderer Art als bei uns. Wobei mir nicht einmal klar ist, was genau man heute bei uns darunter versteht; in meinen jüngeren Tagen war das noch etwas klarer.
Irgendwas mit Sexualität und Liebe unter Männern wird wohl der gemeinsame Nenner sein, unter den dann aber ansonsten sehr Unterschiedliches fällt.

Das erinnert mich - man möge mich verzeihen - an unseren Hund: Er zeigt manchmal Angst, manchmal Zuneigung, und ich bin mir sehr wohl bewußt, daß bei einem Hund Angst und Zuneigung etwas anderes sind, anders funktionieren als bei Menschen (und selbst bei denen ist es noch sehr unterschiedlich).
Aber wie anders sollte ich, sollte man das nennen als: Angst, Zuneigung?
Man könnte natürlich immer sagen bzw. denken: Angst (H), Zuneigung (H), Angst (M), Zuneigung (M). Das wäre korrekt, freilich etwas künstlich und umständlich, zudem die Unterschiede statt der Gemeinsamkeiten betonend.

So auch mit der Homosexualität (griechisch) und der Homosexualität (modern).

Wenn also Achill und Patroklos in der mythischen Überlieferung in einer homosexuellen Beziehung zueinander standen, dann bedeutet das nicht exakt das, was es heute bedeuten würde; aber es ist auch nicht so sehr anders, daß der Begriff Homosexualität völlig unpassend wäre. Man sollte sich bei Verwendung des Wortes bestimmter Unterschiede bewußt sein.
Es ist aber doch wohl eine sexuelle und emotionale Beziehung unter Männern gemeint.

Demnächst werde ich mich dann mit der Platon-Stelle befassen.

Da ich nun kein einziges Mal Wikipedia verlinkt habe, befinde ich mich in froher Zuversicht, daß Minoides mir in dieser Hinsicht nichts ankreiden wird.
Re: Der homosexuelle Achill
Γραικύλος schrieb am 16.04.2021 um 23:39 Uhr (Zitieren)
man möge mich verzeihen --> man möge mir verzeihen (auch diesen Fehler)
Re: Der homosexuelle Achill
Γραικύλος schrieb am 18.04.2021 um 18:58 Uhr (Zitieren)
Hier nun als Nachtrag die Stelle in Platons "Symposion":
Wie anders steht es um den Achilles. Ihn, der Thetis Sohn, ehrten sie und versetzten ihn auf die Inseln der Seligen, weil er, von seiner Mutter belehrt, daß er sterben müßte, wenn er den Hektor tötete, anderenfalls aber in die Heimat zurückkehren und als Greis das Leben beschließen würde, gleichwohl sich ohne Zagen dafür entschied, für seinen Liebhaber [τῷ ἐραστῇ], den Patroklos, als Helfer und Rächer nicht nur in den Tod zu gehen, sondern ihm auch im Tode zu folgen. Daher die hohe Bewunderung, deren die Götter ihn vor allen anderen würdigten, weil er dem Liebhaber [τὸν ἐραστὴν] so selbstlos ergeben war. Äschylos aber macht Flausen, wenn er den Achilles als Liebhaber des Patroklos [Πατρόκλου ἐρᾶν] hinstellt. Ragte doch Achilles an Schönheit nicht nur über Patroklos[,] sondern über alle anderen Heroen hinaus, dazu war er noch bartlos, sodann weit jünger, wie Homer sagt (1). In Wahrheit halten zwar die Götter überhaupt ein tugendhaftes Liebesverhältnis hoch in Ehren, höhere Bewunderung indes und Anerkennung und tätige Güte wenden sie dem Geliebten zu, der für den Liebhaber, als dem Liebhaber, der für den Geliebten schwärmt [μᾶλλον μέντοι θαυμάζουσιν καὶ ἄγανται καὶ εὖ ποιοῦσιν ὅταν ὁ ἐρώμενος τὸν ἐραστὴν ἀγαπᾷ, ἢ ὅταν ὁ ἐραστὴς τὰ παιδικά]. Denn göttlicher ist der Liebhaber als der Geliebte, ist er doch des Gottes voll [θειότερον γὰρ ἐραστὴς παιδικῶν. ἔνθεος γάρ ἐστι]. Darum ehrten sie auch den Achilles höher als die Alkestis und versetzten ihn auf die Inseln der Seligen.

(179e – 180b)

(1) Ilias XI 786
 
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