Γραικίσκος schrieb am 10.01.2020 um 16:25 Uhr (Zitieren)
In seinem Roman "Salammbô" schildert Gustave Flaubert Ereignisse in Karthago, die sich an dem Söldneraufstand nach der Niederlage im 1. Punischen Krieg orientieren.
In Kapitel XIII ("Moloch") stellt Flaubert ein Kinderopfer dar, das die Karthager in ihrer Bedrängnis dem phönizischen Gott Baal (alias Moloch) darbringen.
Daß dieser Gott Kinderopfer liebte, habe ich schonmal irgendwo gelesen.
Weiß jemand, welcher historischen Quellen Flaubert sich hier bedient hat?
Re: Flauberts Quellen zu "Salammbô"?
Gast schrieb am 10.01.2020 um 19:37 Uhr (Zitieren)
Γραικίσκος schrieb am 11.01.2020 um 14:30 Uhr (Zitieren)
Ich danke für die Hinweise.
Re: Flauberts Quellen zu "Salammbô"?
filix schrieb am 12.01.2020 um 02:31 Uhr (Zitieren)
Ganz so einfach ist die Sache nicht. Flaubert hat ja in diesem Roman, nachzulesen bei den Goncourts, einem ehrlichen und klugen Leser une bosse de haschich historique für wenigstens vier Stunden versprochen. Das erfordert eine tüchtige Dosis, die allerdings bei näherer Betrachtung einen hohen Anteil an Streckmitteln zeigt.
Was der Meister aus Croisset allein in der von dir im anderen Thread geposteten Opferszene abbrennt, speist sich aus religionsgeschichtlichen Handbüchern (u.a. Creuzer), historischen Kurzdarstellungen, dem Alten Testament, antiken Texten, er leiht sich die Beschreibung der Priester bei Lukrez, Apuleius, Lukian, flicht in den Sonnehymnus Augustinus ein, steckt das Personal in Kostüme, deren Beschreibungen man in der Bibel verstreut wiederfindet, leiht sich Zeremonielles aus den Berichten über die Dea Syria, die er mit einer eleusinischen Formel anreichert usf. Akribisch dargestellt hat das u.a. Arthur Hamilton in Sources of the religious element in Flaubert's Salammbô (1917): https://archive.org/details/sourcesofreligio00hamiuoft/page/n3:
Re: Flauberts Quellen zu "Salammbô"?
Γραικίσκος schrieb am 12.01.2020 um 14:55 Uhr (Zitieren)
Mit diesen Angaben kann man ermessen, mit welcher kompilierenden Phantasie Flaubert gearbeitet hat. Dieser Rausch war sorgsam geplant.
Antike Phänomene in moderner Version zu schildern, erfordert angesichts der oft mageren Quellenlage einiges an Arbeit, an Suchen und Zusammenfügen.
Re: Flauberts Quellen zu "Salammbô"?
filiξ schrieb am 12.01.2020 um 18:06 Uhr (Zitieren)
Im wunderbaren Briefwechsel Flauberts mit den faulen Ekeln, wie sich die Goncourts einmal bezeichneten, 2004 erschienen bei Haffmanns/Zweitausendeins, gibt es einige ebenso erhellende wie unterhaltsame Berichte aus der Werkstatt dieses literarischen Rausch- und Feuerwerkers, überhaupt Einblicke in die Ideenwelt der Moderne, die aus der Kunst eine ästhetische Droge machen wollte.
Diese Absicht, eine synästhetischen Reizwirkung zu erzielen, erinnert einen an Richard Wagner.