α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Nur die halbe Wahrheit (1172 Aufrufe)
mitleser schrieb am 26.03.2020 um 17:18 Uhr (Zitieren)
Bei einem vor kurzem geführten Gespräch fiel mir wieder einmal auf, wie schnell und oft etwas gesagt/geschrieben wird ohne jedoch den weiteren Kontext davor/danach zu betrachten, so dass die Aussagen zwar wahr sind, aber oftmals doch bei näherer Betrachtung zumindest einen weiteren Aspekt mit sich bringen.
Dies geschieht besonders oft bei Zitaten oder Theorien berühmter Personen.
Ein Beispiel:
Bei der Frage "Ist der Mensch von Natur aus gut oder böse?" wird oftmals Hobbes mit seinem Ausspruch "homo homini lupus est" erwähnt,
seine Ergänzung,dass sich dies besonders auf das Verhalten der Staaten untereinander beziehe, wird jedoch oftmals vergessen.

Kennt ihr noch weitere Beispiele?


Re: Nur die halbe Wahrheit
Γραικύλος schrieb am 26.03.2020 um 18:40 Uhr (Zitieren)
Das Phänomen der aus dem Zusammenhang gerissenen und dadurch sinnentfremdeten Zitate gibt es gewiß.

Hobbes ist dafür kein schlechtes Beispiel. Er selbst schreibt: "Profecto utrumque vere dictum est: Homo homini Deus, & Homo homini lupus."
Das steht so in der Widmung seiner Schrift "De cive" an den Grafen Wilhelm von Devonshire.
Und in der Tat macht Hobbes im Kontext deutlich, daß er den ersten Satz auf die Beziehung der Bürger untereinander, den zweiten auf die der Staaten untereinander bezieht.

Es wird jedoch im eigentlichen Gedankengang von "De cive" und natürlich erst recht im "Leviathan" deutlich, daß was wirklich nur auf das Verhältnis von Bürgern im Staat zu beziehen ist, keinesfalls auf die Menschen im Naturzustand, also ohne Staat, wo ein "bellum omnium contra omnes" [auch so ein Zitat!] gilt.

Also: Ohne Staat ist auch jeder Mensch dem Menschen ein Wolf; und im "Leviathan" setzt Hobbes ja ausdrücklich das Verhältnis unter Saaten in Analogie zum Verhältnis unter Menschen im Narturzustand.
Also: daß das auf keinen Fall unter Menschen gilt, ist Hobbes' Meinung nicht! Nur der Staat schützt die Menschen vor ihrer eigenen Natur.

Was Hobbes nicht angibt, ist, daß der zweite Teil seiner Aussage, also "homo homini lupus", ein Zitat ist, und zwar von Seneca (Epistulae 1103, 1 und 105,7), der seinerseits Plautus zitiert (Asinaria V. 495: "Lupus est homo homini non homo").

Nun könnte/sollte man nachsehen, in welchem Sinne - Kontext! - denn Seneca und Plautus diesen Satz gebrauchen.

Und man kann fragen, woher Hobbes denn den ersten Teil des Satzes, "homo homini Deus", hat.

Man gewinnt dadurch eine Menge zusätzlicher Erkenntnisse und vertieft sein Verständnis.

Aber Deine eigentlich Frage geht ja dahin, ob wir dafür weitere Beispiele kennen: für oft, aber ohne Kontext zitierte Aussprüche.
Ich habe dazu sogar hier schon etliche Beispiele vorgestellt, die sich jetzt jedoch im Dickicht von über 5700 Themen verlieren.
Ich erinnere mich an Caesars "Auch du, mein Sohn Brutus", an die angeblich letzten Worte des Marathonläufers, an das "In hoc signo vinces" des Konstantin usw. Vielleicht zählen auch die drei ganz verschiedenen überlieferten letzten Worte Jesu dazu, obgleich er doch sicher nur ein letztes Wort gesprochen haben wird.

Das ist ein interessantes Thema, und ich bin für Hinweise, speziell zu Fällen aus der Antike, immer dankbar.
Re: Nur die halbe Wahrheit
Hylebates schrieb am 27.03.2020 um 10:12 Uhr (Zitieren)
Re: Nur die halbe Wahrheit
mitleser schrieb am 03.04.2020 um 15:17 Uhr (Zitieren)
Vielen Dank für den interessanten Link zu Hobbes.
Wenn ich es richtig verstanden habe, gilt bei Hobbes die These, dass der Mensch des Menschen Wolf sei, in Anbetracht lediglich der ersten Stelle als zu kurz gegriffen, da die weitere Einschränkung fehlt; in der Gesamtschau seiner Werke ist aber dennoch vetretbar zu sagen, dass der Mensch laut Hobbes generell des Mensches Wolf sei (Untereinander, Urzustand)?


Re: Nur die halbe Wahrheit
Γραικύλος schrieb am 03.04.2020 um 16:42 Uhr (Zitieren)
Insgesamt ist für Hobbes der Mensch von seiner Natur her des Menschen Wolf; es ist der Staat, der ihn zähmt.
Wieso dann der Mensch des Menschen Gott sei, verstehe ich noch nicht eindeutig. Ob er damit den Leviathan meint als künstlichen Menschen meint?
Re: Nur die halbe Wahrheit
Γραικύλος schrieb am 07.10.2020 um 15:51 Uhr (Zitieren)
Ἄνθρωπος ἀνθρώπου δαιμόνιον war ein griechisches Sprichwort, u.a. überliefert bei Zenobios. Die Suda erwähnt es.
 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: Schwert

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.