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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
"πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ" (1650 Aufrufe)
διψαλέος schrieb am 20.09.2009 um 22:33 Uhr (Zitieren)
Ich bin auf einen Spruch gestoßen,
den ich nicht so verstehe...
"πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει"

"Alle Körper/Räume und Wasser stehen still"????
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 20.09.2009 um 22:37 Uhr (Zitieren)
Alles geht fort (o.ä.) und nichts bleibt.
χωρεῖ : eine Verbform (3. Pers. Sg. Ind. Präs. Akt.)
οὐδὲν: nichts
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
διψαλέος schrieb am 20.09.2009 um 22:39 Uhr (Zitieren)
ah!
dann habe ich mich völlig verlesen...
(Ich muß doch mal zum Augenarzt und Optiker)

Ich klebe schon mit der Nase am Monitor...
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 20.09.2009 um 22:42 Uhr (Zitieren)
Wikipedia sagt, dass das die Form des Panta-Rhei bei Platon ist. Ich kannte das noch gar nicht.
Woher hat Du das, o διψαλέος?
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
διψαλέος schrieb am 20.09.2009 um 22:44 Uhr (Zitieren)
oh!
Ich kenne beide Versionen:
"πάντα ῥεῖ"
"πάντε ῥεῖ"

mir persönlich gefällt das "πάντα" besser...
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 20.09.2009 um 22:46 Uhr (Zitieren)
"πάντα ῥεῖ" ist m.W. ein unechtes Heraklit-Wort.
Die andere Version kenne auch ich nicht.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 20.09.2009 um 22:48 Uhr (Zitieren)
Wikipedia sagt: "Kratylos 402A = A", aber kontrolliert habe ich's noch nicht.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 20.09.2009 um 22:48 Uhr (Zitieren)
Ach: πάντε müsste ein Dual sein. Vielleicht ist das ein Tippfehler?
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
διψαλέος schrieb am 20.09.2009 um 22:52 Uhr (Zitieren)
Γραικίσκος schrieb am 20.09.2009 um 22:46 Uhr:
"πάντα ῥεῖ" ist m.W. ein unechtes Heraklit-Wort.
Die andere Version kenne auch ich nicht.

tja...
Ich kann eigentlich nichts dazu sagen,
aber!
"πάντα ῥεῖ" war das erste, was ich damals, vor fast 40 Jahren im Griechisch-Kurs gelernt habe!
Das war der Eröffnungssatz unseres Lehrers!
;-)

Das hat sich bei mir unauslöschlich eingeprägt,
mag es falsch oder richtig sein!
;-)

Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 20.09.2009 um 22:56 Uhr (Zitieren)
Zumindest ist es geläufig und ein geflügeltes Wort.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 20.09.2009 um 22:59 Uhr (Zitieren)
Kratylos 402a:
Λέγει που Ἡράκλειτος ὅτι "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει", καὶ ποταμοῦ ῥοῇ ἀπεικάζων τὰ ὄντα λέγει ὡς "δὶς ἐς τὸν αὐτὸν ποταμὸν οὐκ ἂν ἐμβαίης".

Das ist aber schön!
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 20.09.2009 um 22:59 Uhr (Zitieren)
Kratylos; da steht es in indirekter Rede.
Dein Zitat, διψαλέος, wird auch benutzt im Vortrag "Reformtendenzen im deutschen Verkehrsrecht – erreichte und erhoffte Ziele" der sächsischen Polizei! Als Fazit. Wenn das man nichts ist!
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 20.09.2009 um 23:00 Uhr (Zitieren)
Doch nicht so indirekt ...
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 20.09.2009 um 23:08 Uhr (Zitieren)
Übersetzung:
Herakleitos sagt doch, daß alles davongeht und nichts bleibt, und, indem er alles Seiende einem strömenden Flusse vergleicht, sagt er, man könne nicht zweimal in denselben Fluß steigen.

Das erste, das διψαλέος-Zitat ist nur an dieser Stelle bezeugt.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 20.09.2009 um 23:17 Uhr (Zitieren)
Ich denke gerade darüber nach, inwieweit Jazz-Musik, besonders die swingende Klaviermusik von Billy Taylor, nach diesem Grundsatz funktioniert. Die Töne scheinen so leicht dahinzufließen.

Leider muss ich ins Bett, ohne den AcI noch geschafft zu haben.
καὶ ἄλλην ἡμέραν ὁ Ἥλιος ἐγείρει.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 21.09.2009 um 10:34 Uhr (Zitieren)
Ὁ ἥλιος ἀνόρουσε, τὸ φῶς τῆς ἡμέρας φαίνει τὸν οὐρανόν, ὦ Ὑληβάτης!

;-)
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 21.09.2009 um 21:01 Uhr (Zitieren)
Glaubt Platon bitte nicht, was er hier als Ansicht Heraklits wiedergibt. Weder seine "Zitate" noch das "πάντα ῥεῖ" entsprechen dem Tiefsinn Heraklits; außerdem sind diese Aussagen offensichtlich falsch - es kann nicht sein, daß alles sich ändert, ohne daß zumindest dies (das Gesetz ständiger Veränderung) bleibt.

Original-Heraklit:
"In dieselben Flüsse steigen wir und steigen wir nicht - wir sind es und wir sind es nicht."

Platon tut gleichsam so, als ob Heraklit nur die Hälfte davon behauptet hätte, nur die eine Seite der Medaille.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 21.09.2009 um 21:03 Uhr (Zitieren)
Heraklit war der erste Dialektiker. Und Dialektiker erkennt man daran, daß sie Widersprüche für wahr halten (so wie übrigens der späte Platon auch: in seinen Dialogen "Sophistes" und "Parmenides").
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 21.09.2009 um 22:59 Uhr (Zitieren)
Darüber muss ich erst 'ne Weile nachdenken. Aber danke für den philosophischen Input.
Dialektiker erkennt man daran, daß sie Widersprüche für wahr halten
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 21.09.2009 um 23:04 Uhr (Zitieren)
Vgl. Platons Kategorie des τὸ ἕτερον: Das Andere ist das Andere seiner selbst.
Aber das ist, wie gesagt, später Platon.

(Heute nennt sich sowas 'parakonsistente Logik'.)
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 21.09.2009 um 23:06 Uhr (Zitieren)
Auch hier sind jedenfalls Griechen die Ahnherren: Väterchen Heraklit, später Platon.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 11:24 Uhr (Zitieren)
Dialektiker erkennt man daran, daß sie Widersprüche für wahr halten.

Ich bitte, das nicht so zu verstehen, als ob man im dialektischen Denken sagen könne, was immer man wolle ("ex falso quodlibet"); vielmehr soll es einige Aussagen geben, die 1. widersprüchlich und 2. wahr sind. Den B ereich abzustecken, für welchen das gilt, ist eine eigene Aufgabe.
Als Beispiel habe ich oben das "echte" Heraklit-Fragment zitiert. Das l#uft darauf hinaus, daß, wer sagt, alles bleibe gleich, so wenig die Wahrheit sagt wie der, welcher sagt, alles ändere sich ständig. Erst beides zusammen - und damit der Widerspruch! - ist wahr. So bin ich etwa heute der Γραικίσκος, der vor fünfeinhalb Monaten hier eingestiegen ist, und doch bin ich anders: z.B. fünfeinhalb Monate älter.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
διψαλέος schrieb am 22.09.2009 um 16:05 Uhr (Zitieren)
Dialektiker erkennt man daran, daß sie Widersprüche für wahr halten.


na ja..
Ich sehe es eher so, daß die Dialektiker anstreben, die Widersprüche aufzulösen
These <-> Antithese -> Synthese -> These

der olle Hegel lässt grüßen
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 18:39 Uhr (Zitieren)
Bei Hegel werden Widersprüche in der Tat "aufgehoben" - ein vielsagendes Wort, das u.a. "bewahren" bedeutet, aber auch "hochheben" (auf eine höhere Stufe).
Das ist aber eine Spezialität von Hegel und trifft, soweit ich sehe, auf den Dialektiker Platon nicht zu. διψαλέος verallgemeinert also.

Wie gesagt, das heutige Interesse geht m.W. dahin, die Bereiche abzugrenzen, in denen Widersprüche zuzulassen sind bzw. unumgänglich sind.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 22.09.2009 um 20:54 Uhr (Zitieren)
Dialektiker erkennt man daran, daß sie Widersprüche für wahr halten.
Heißt das, dass man nicht versucht, einen Teil eines Widerspruchs wegzu-forsche, -argumentieren oder -ignorieren, sondern bei widersprüchlichen Tatsachen sagt: "Es gilt das eine, das andere und der Widerspruch zwischen den beiden"?
Z.B. Γραικίσκος (11:24) und Γραικίσκος 2 (18:39) sind nicht die gleichen,
aber Γραικίσκος (11:24) und Γραικίσκος 2 (18:39) sind die gleichen,
und da ist ein Widerspruch, aber das passiert halt.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 21:09 Uhr (Zitieren)
Γραικίσκος (11:24) und Γραικίσκος 2 (18:39) sind nicht die gleichen,
aber Γραικίσκος (11:24) und Γραικίσκος 2 (18:39) sind die gleichen,
und da ist ein Widerspruch, aber das passiert halt. ist unumgänglich so.
So bin ich etwa heute der Γραικίσκος, der vor fünfeinhalb Monaten hier eingestiegen ist, und doch bin ich anders: z.B. fünfeinhalb Monate älter.

Was nur identisch bleibt, wandelt sich nicht: was sich nur wandelt, wäre nicht etwas, das sich wandelt. "Es ist Γραικίσκος, der sich wandelt" bedeutet eben: er ist es und er ist es nicht.
So schreibt es ja Vater Heraklit.

Mathematik und Logik sind statisch (zeitinvariant); da wo Dialektiker heute am Werke sind, geht es um die Logik von Prozessen. Außerdem auch um die Logik von selbstbezüglichen Sätzen.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 22.09.2009 um 21:14 Uhr (Zitieren)
___ι—> (Geistesblitz)
Ich glaube, ich habs. Danke.

Sind Widersprüche unumgänglich, weil es um Prozesse geht?
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 21:22 Uhr (Zitieren)
1. weil es um Prozesse geht und 2. weil Denken selbstrefrentiell ist (z.B. dieser Satz ist ein Gedanke über die Natur des Denkens).
Hat Platon nicht die Dialektik entdeckt (im "Sophistes"), als er über Bewegung nachdachte? (Meine Lektüre ist schon ein paar Tage her.)
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 21:24 Uhr (Zitieren)
selbstreferentiell

Du erinnerst Dich an unseren Endlos-Thread über Paradoxien? Da waren viele bei, die durch Selbstbezüglichkeit entstehen, u.a. Russells Mengen, die sich selbst als Element enthalten.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 22.09.2009 um 21:28 Uhr (Zitieren)
Aha. Entstehen Widersprüche also erst im menschlichen Geist, als Nebenprodukt des Denkens?
Den "Sophistes" habe ich noch nie gelesen, aber das klingt interessant. Oje, ich bin ein philosophischer Analphabet!
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 21:40 Uhr (Zitieren)
Die Widersprüche durch Selbstreferentialität entstehen im Denken. Nicht so klar ist das, wenn man Bewegung (Prozesse) als widersprüchlich auffaßt. Liegt das am Denken oder an der Sache selbst?

Aber Du mußt doch die Paradoxien Zenons kennen, die allesamt Bewegungsparadoxien sind!
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 22.09.2009 um 21:46 Uhr (Zitieren)
philosophischer Analphabet

Achill und die Schildkröte? Der Pfeil? Die kenne ich.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 21:47 Uhr (Zitieren)
Zenons Argumentation ist ja so strukturiert:
1. Bewegung ist unlogisch (paradox).
2. Also gibt es keine Bewegung.
3. Da wir Bewegung wahrnehmen, muß Wahnehmung Täuschung sein.

In dem Film "Welt am Draht" von R. W. Fassbinder informiert jemand, der durchschaut hat, daß die handelnden Personen in einer nicht realen Welt leben, einen anderen, indem er auf ein Blatt einen gerüsteten Krieger und eine Schildkröte zeichnet.
Da der Adressat der Botschaft klassisch gebildet ist (Heil ihm!), weiß er nach kurzem Nachdenken, was die Botschaft bedeuten soll: Der Wettlauf zwischen Achilleus und der Schildkröte --> Zenon --> was wir wahrnehmen, ist nicht real.

Modernere Varianten dieses Themas ("Matrix") für den US-Markt verzichten auf klassische Anspielungen.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 22.09.2009 um 21:48 Uhr (Zitieren)
Ich dachte immer, das wären Trugschlüsse.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 22.09.2009 um 21:50 Uhr (Zitieren)
Also 21:48 hatte ich so um 21:46 1/2 geschrieben ... bezieht sich also nicht auf was auch immer ich jetzt lesen werde (21:47)!
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 21:51 Uhr (Zitieren)
1. Bewegung ist unlogisch (widersprüchlich, paradox).
2. Also gibt es keine Bewegung.

Darauf reagiert das dialektische Denken: Kann es sein, daß Bewegung zwar widersprüchlich ist, dies aber nicht bedeutet, daß sie nicht exisitiert, weil die Realität eben widersprüchlich ist?
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 21:54 Uhr (Zitieren)
Der ruhende Pfeil ist nicht so eindeutig ein Trugschluß. Bewegung findet nicht an einem Punkt, sondern zwischen zwei Punkten statt. Was aber, wenn zwischen den Punkten ... nur weitere Punkte sind? Die Strecke ist ja wohl so konzipiert, daß sie aus lauter Punkten besteht. An keinem dieser Punkte aber kann sich der Pfeil bewegen, denn Bewegung ... (s.o.)
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 22.09.2009 um 21:56 Uhr (Zitieren)
Bewegung ist unlogisch

Vielleicht bin ich zu sehr der Wahrnehmung verhaftet, aber schon beim ersten Hören dachte ich, dass z.B. an der Achilles-Schildkröte etwas falsch ist. Ich dachte immer, dass es sozusagen ein philosophischer Logikscherz wäre zu sagen, dass Achill die Schildkröte nie erreichen kann - weil ja jeder weiß, dass er es tut.
Zenon zerlegt doch die Abschnitte der Annäherung immer feiner - ist das nicht nur eine Möglichkeit des Denkens / der Betrachtung?
Aber das mit dem "das bedeutet nicht" habe ich erstmal verstanden.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 22.09.2009 um 21:58 Uhr (Zitieren)
denken denken denken ...
denken denken denken ... (Zitat von Winnie Pooh)
...
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
διψαλέος schrieb am 22.09.2009 um 22:06 Uhr (Zitieren)
Die Quantenphysik ist (für uns Menschen) voller Widersprüche, Unlogischkeiten (jaja, Monsterwort) und
unerklärlichen Phänomene.
Trotzdem funktioniert sie!
:-))
Marcconi, der Erfinder des Radios,
auf die Frage:
"Meister! Eine große Erfindung! Sie sind ein Genie!
Wie funktioniert es?"
Marcconi:
"Ich weiß es nicht, ich weiß nur, daß es funktioniert."
Ebenso "funktioniert" die Erklärung der Physik durch die Mathematik.
Die mathematische Formel mag klar und logishc sein.
Trotzdem erklärt sie nicht das "wie" und "warum",

Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 22:12 Uhr (Zitieren)
Den "Achilleus" halte ich für schwächer als den "Pfeil". Aber im Prinzip ist es frag-würdig (des Fragens würdig) zu sagen: "Ich weiß doch, daß er die Schildkröte überholt." Man sieht es eben nur. Aber wie zuverlässig ist das Sehen (im Vergleich zum Denken)?
Zenons Argumentation ist ja so strukturiert:
1. Bewegung ist unlogisch (paradox).
2. Also gibt es keine Bewegung.
3. Da wir Bewegung wahrnehmen - unbestritten! -, muß Wahnehmung Täuschung sein.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 22.09.2009 um 22:17 Uhr (Zitieren)
Schon wieder ist ein Post weg! Ich hatte mir so eine Mühe mit den Zitaten gegeben!

Bis morgen, ὦ φιλόσοφοι, denn bis morgen denke ich nach.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
διψαλέος schrieb am 22.09.2009 um 22:20 Uhr (Zitieren)
Zenons Prämisse "Bewegung ist unlogisch" (paradox)
ist richtig und falsch"Bewegung" ist zunächst für uns Lebewesen Ortsveränderung.
Im molekularen- und Quanten-bereich ist "Bewegung" Zustand.
bei 0° K gibt es keine Bewegung mehr und das Universum ist "tot".
(Entropie!)
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 22:24 Uhr (Zitieren)
Zenons Prämisse ...

Zumindest ist das keine (bloße) Prämisse, auch wenn es in meiner Aufzählung 1., 2., 3. so scheint. Denn zum Beweis dieser Annahme setzt er ja den "Achilleus" und den "Pfeil" ein. Was immer man von der Beweiskraft dieser Argumente halten mag - es sind Argumente mit dem Zweck der Stützung von 1.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
διψαλέος schrieb am 22.09.2009 um 22:25 Uhr (Zitieren)
Leben, also Stoffwechsel, ist der verzweifelte Versuch, sich gegen die Entropie zu stemmen..
Stoffwechsel braucht Energie, die sich das lebewesen aus der Umgebung zieht und damit gleichzeitig wiederum die Entropie beschleunigt....
(ein Paradoxon des Lebens)
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 22:27 Uhr (Zitieren)
bei 0° K gibt es keine Bewegung mehr ...

Dann ist vielleicht Wärme eine Illusion?

Gut, daß Ὑληβάτης schon im Bett liegt - er wäre andernfalls jetzt endgültig um den Schlaf gebracht.

Nun, in diese Richtung (Schlaf) bewege ich mich jetzt auch mal.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
διψαλέος schrieb am 22.09.2009 um 22:28 Uhr (Zitieren)
Dabei liegen die (logischen) Lösungen von Pfeil und Schildkröte nahe:
Die Unschärfen-Relation und die Quantenmechanik.
;-)

Wir dürfen nicht einfach von der "Stetigkeit" von Raum und Zeit ausgehen...
(auch wenn das im Alltag nützlich und vorteilhaft ist)
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 22:28 Uhr (Zitieren)
Leben, also Stoffwechsel, ist der verzweifelte Versuch, sich gegen die Entropie zu stemmen.

Ist Evolution nicht negative Entropie?
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
διψαλέος schrieb am 22.09.2009 um 22:31 Uhr (Zitieren)
Ist Evolution nicht negative Entropie?

Könnte man fast behaupten...
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
διψαλέος schrieb am 22.09.2009 um 22:51 Uhr (Zitieren)
Mir fällt auf,
unsere "Widerspruch"-Diskussion erstreckt sich über die beiden Albert-Foren....
;-)
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Γραικίσκος schrieb am 22.09.2009 um 22:55 Uhr (Zitieren)
Gut, daß Albert nicht noch ein Physik- und ein Philosophie-Forum betreibt!
Ich verlöre glatt die Übersicht.

Gute Nacht!
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 24.09.2009 um 21:29 Uhr (Zitieren)
Ich habe nachgedacht. Allein, ob's richtig, weiß ich nicht zu sagen.
Zenons Argumentation ist ja so strukturiert:
1. Bewegung ist unlogisch (paradox).
2. Also gibt es keine Bewegung.
3. Da wir Bewegung wahrnehmen - unbestritten! -, muß Wahnehmung Täuschung sein.
Ich muss ehrlich sagen, dass mir die Schlussfolgerung nicht gefällt, weil doch die Wahrnehmung das einzige ist, was wir an Informationen über die Welt haben - soweit es sie außerhalb des Denkens gibt. Aber das wird ein anderes Problem sein.
Zenons Schlussfolgerung führt sich selbst ad absurdum - so sehr, dass ich gerade überlege, ob dieser Fall schon im Paradoxon-Thread aufgetaucht ist. Wenn es keine Bewegung gibt, ist der Ausgangspunkt seiner Überlegung falsch.
... Oder halt! Fällt das unter die Dialektiker-Kategorie? 1. Es gibt Bewegung. 2. Bewegung ist paradox. 3. Satz 1 und 2 widersprechen sich, sind aber wahr.
Gibt es diese Kategorie dann eigentlich: "Wahr"?

Neulich habe ich eine Anekdote gelesen, die ich zitieren möchte.
"Wie viele Beine wird ein Schaf haben, wenn man den Schweif Bein nennt?", fragte Lincoln einmal seine Freunde. "Fünf", antworteten alle einstimmig. "Ihr irrt euch," sagte Lincoln, "denn wenn man einen Schweif ein Bein nennt, so wird noch immer kein Bein daraus."
Zenon geht in seinem Pfeil-Paradoxon davon aus, dass der Pfeil an einem Punkt "stillsteht", aber das kann er ja gar nicht, weil er sich konstant bewegt.
- Ist das unphilosophisch, oder habe ich den wichtigsten Punkt irgendwie verpasst?
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
ανδρέας schrieb am 24.09.2009 um 21:38 Uhr (Zitieren)
Der wichtigste Punkt ist doch wohl, dass der Mensch sich in seiner Wahrnehmung irren kann !
Nur weil man etwas nicht versteht, bedeutet dies doch nicht, dass es nicht ist. Dann stimmt Lincolns Ansicht sehr wohl: Wortklauberei löst kein Problem. Nur , weil Zenon Bewegung für unlogisch hält, muss sie es ja nicht sein. Vielleicht ist Zenon (war) ja auch nur nicht erkenntnisbereit genug, uninformiert, oder einfach so vermessen, dass er seine Ansicht absolut setzte. Das wird einige Philosophen vielleicht ärgern, aber wenn Widersprüche entstehen, könnte dies am Philosophen liegen, nunja ...
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 24.09.2009 um 21:46 Uhr (Zitieren)
Ja. In seiner Wahrnehmung kann man sich irren.
Aber. Letztendlich muss doch das Denken von der Wahrnehmung "abhängig" sein. Zenon nimmt zwei Beispiele, von deren Grundannahme er denkt, dass sie falsch sind. Alles löst sich also in einem Logikwölkchen auf. *puff, oder?*
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
ανδρέας schrieb am 24.09.2009 um 22:00 Uhr (Zitieren)
Ja, die Grundannahmen sind das Problem. Wennman die Erde für eine Flache Scheibe hält, kommt man zu seltsamen Schlussfolgerungen, die mit der Realität (empirisch ermittelt) nicht übereinstimmen. Ein Arzt stellt Diagnosen. Aber er erkennt am Verlauf der Krankheit, ob seine Vermutung nicht stimmen kann und revidiert sein Urteil (Krankeitssymptome können sich ähneln). Nach Zenon wäre nicht der Arzt im Irrtum, sondern die Krankheit, der Patient mithin gar nicht krank. Möglicherweise stirbt er völlig gesund, weil der Arzt seine Symptome für paradox hält. Es ist gar nicht so lange her, da kannte man die Ursache von Infektionen nicht. Es gab also keine Viren und Bakterien? Nein, wir haben es nur nicht gewusst - simpel. Oder es war ein Messfehler (Physiker fürchten das). Der Philosoph darf sich nicht abkoppeln und sollte im Leben stehen. Erkenntnis und Vorstellung sind nicht kongruent.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
Ὑληβάτης schrieb am 24.09.2009 um 22:12 Uhr (Zitieren)
Hm. Ich sehe das ja genauso; tut das nicht auch die epikureische Philosophie?
Mir gefällt allerdings nicht, dass das so plausibel klingt. Zenon und die ganze wahrnehmungskritische Meute war ja nicht dumm. Es muss Gründe geben.

denken denken denken ...
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
ανδρέας schrieb am 24.09.2009 um 22:13 Uhr (Zitieren)
Das Beispiel mit Lincoln entspricht Wittgensteins Kritik:Philosophie ist rein deskript. Die Beschreibung ist danach rein deskriptiv , nämlich die Beschreibung von Wörtern, aber nicht die Welterkenntnis. So tritt an die Stelle der Erklärung die Beschreibung.
Graeculus wird zürnen ...
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
ανδρέας schrieb am 24.09.2009 um 22:15 Uhr (Zitieren)
Irgendwie habe ich den Satz vermurkst ...
Philosophie ist danach rein deskriptiv , nämlich die Beschreibung von Wörtern, aber nicht die Welterkenntnis. So tritt an die Stelle der Erklärung die Beschreibung.
Re: "πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει" - Widerspruch zu "πάντα ῥεῖ"
ανδρέας schrieb am 24.09.2009 um 22:25 Uhr (Zitieren)
Aber deshalb ist die Philosophie wichtig: Sie stellt Fragen. Ohne Fragen und Regeln im Denken, Kategorisierungen findet Erkenntnis wohl gar nicht erst statt. Zenon war nicht dumm. Es gibt nur dumme Antworten. Seine Fragestellung war zu der damaligen Zeit eben nocht nicht lösbar. Sonst würde man alle klugen Köpfe heute für dumm halten, weil sie in ihrer Zeit noch nicht die Voraussetzungen für weitere Antworten hatten.
 
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