Die Landesregierung hat verfügt, daß an ausgewählten Schulen jeweils ein ganzer Oberstufenjahrgang sich psychologischen Tests zu unterziehen hat: einem Intelligenztest sowie einem Charaktertest. Die Schüler haben keinerlei Vorstellung, wozu das gut sein soll, und sie werden auch nicht gefragt. Mit gedämpfter Begeisterung absolvieren sie ihre Aufgaben zur räumlichen Vorstellung, zu logischen Problemen, zu Wortbeziehungen und schließlich sogar zu Tintenklecksen.

Wenigstens dürfen sie ihre Fragebögen anonymisieren, nämlich sich ein Kennwort auswählen. Als man sie später wenigstens über das Ergebnis des Intelligenztests informiert, besucht eine Psychologin die einzelnen Klassen, liest die Kennwörter vor und dazu den jeweils ermittelten IQ.

Ein Schüler in einer Klasse hat sich für das Kennwort Nausikaa entschieden. Es handelt sich um ein altsprachliches Gymnasium – da liegt dergleichen nicht ganz fern.

Die vortragende Psychologin zögert bei diesem Wort – es ist ihr ersichtlich unbekannt, und schließlich sagt sie zögernd: „Naúsikah“, also einfach mit der Betonung auf der erste Silbe und einem langen „a“ am Ende.
Eine studierte Frau, den Geisteswissenschaften von Berufs wegen nicht ganz fern, besitzt offenbar keinerlei Kenntnis von der Odyssee.

Die Klasse, das waren wir. Und man schrieb das Jahr 1966. Der Verlust klassischer Bildung reicht schon eine ganze Weile zurück.