Graeculus schrieb am 19.04.2009 um 10:35 Uhr (Zitieren)
Es gehört jetzt eigentlich nicht in ein Griechischforum, aber solange wir kein Ägyptenforum haben ...
Der Pharao Echnaton (ca. 1350 v. Chr.) ist nicht nur ein Religionsstifter und als solcher der Begründer des Monotheismus, er ist auch der einzige Religionsstifter, von dem wir einen Originaltext besitzen (notabene: die fünf Bücher Mosis stammen nicht von Moses).
Es handelt sich um seinen Aton-Hymnus, zu dem ich eine Frage habe:
Thomas Mann hat in seinem Roman "Joseph und seine Brüder" diesen Echnaton als im Grunde kindlichen Naivling dargestellt. Und bis heute ist - wie auch anders? - das Urteil über ihn umstritten.
Mir ist aufgefallen, daß er zumindest ein guter Beobachter gewesen sein muß (und ein guter Dichter). Denn ihm ist aufgefallen - ich habe die Stelle fett markiert -, daß Küken, schon bevor sie schlüpfen, zu zwitschern beginnen und daß das bedeutet: sie müssen in ihrem Ei Luft haben.
Dafür sorgt Aton etc. etc.
Und das ist meine Frage: Wie kommt eigentlich die Luft ins Ei?
Re: Aton-Hymnus
Lateinhelfer schrieb am 19.04.2009 um 13:15 Uhr (Zitieren)
Doch....gehört schon hierher, auch wenn die Griechische Kolonisation von Ägypten erst später als deine Textstelle begonnen hat.....
(ἀποικία (Apoikia) auch ein interessantes Thema....)
Die Ptolemäer als Makedonier haben ja über Ägypten geherrscht...(ca. um 300 v.Chr -30 v. Chr.)
Ist im Ei nicht schon eine kleine Luftsichel angelegt? ;-)
Re: Aton-Hymnus
Graeculus schrieb am 19.04.2009 um 13:22 Uhr (Zitieren)
Ja, reicht die denn, die kleine Luftsichel? Der Sauerstoff darin ist doch rasch aufgebraucht.
Re: Aton-Hymnus
Graeculus schrieb am 19.04.2009 um 13:23 Uhr (Zitieren)
Ist vielleicht die Eierschale porös? Aber wenn ich Eier ins Wasser lege, steigen keine Luftbläschen auf.
Re: Aton-Hymnus
Graeculus schrieb am 19.04.2009 um 13:28 Uhr (Zitieren)
Auffallend (und einzigartig, soweit ich sehe) an Echnatons Monotheismus ist der Umstand, daß seine Religion nicht mit Geboten verknüpft ist und daß die Gefahr, die von Gott ausgeht, nicht sein Zorn, seine Strafe ist, sondern seine ("nächtliche") Abwesenheit.
Dieser Umstand spricht auch gegen die (zuerst wohl von Sigmund Freud vertretene) Hypothese, die Juden, die zur Zeit Echnatons in ägyptischer Sklaverei gewesen seien, hätten - durch den Ägypter (Thut-)Moses - ihren Glauben aus Ägypten importiert.
Re: Aton-Hymnus
Lateinhelfer schrieb am 19.04.2009 um 13:31 Uhr (Zitieren)
@Graeculus:
Ich glaube die "Ei-frage" kann Hilde, unsere Biologin, beantworten....Hilde, wo bist du!?
Re: Aton-Hymnus
Bibulus schrieb am 19.04.2009 um 13:49 Uhr (Zitieren)
Doch, die Eierschale ist "porös",
bzw. der Sauerstoff kann durch die Schale diffundieren
Re: Aton-Hymnus
Graeculus schrieb am 19.04.2009 um 13:51 Uhr (Zitieren)
Wieso dann keine Bläschen?
Re: Aton-Hymnus
Bibulus schrieb am 19.04.2009 um 13:58 Uhr (Zitieren)
Allerdings ist zu beachten:
Solange das Küken inaktiv ist, reicht diese Diffusion aus.
Sobald aber das Küken angefangen hat,
die Eierschale von innen zu öffnen und
durch einen Zufall das Ei auf diese Öffnung
gedreht wird, erstickt das Küken.
Das geschieht oft in Brutkästen,
die die Eier regelmäßig wenden und man nicht aufpasst,
wenn der Schlüpfvorgang einsetzt.
Re: Aton-Hymnus
Bibulus schrieb am 19.04.2009 um 14:00 Uhr (Zitieren)
Warum keine Bläschen?
Weil normalerweise in den Eiern,
mit denen Du experimentierst,
keine Küken vorhanden sind....
Re: Aton-Hymnus
Graeculus schrieb am 19.04.2009 um 14:01 Uhr (Zitieren)
Das habe ich noch nicht beobachtet, aber ich habe es Echnaton geglaubt, daß die Küken schon in der Schale zu tschilpen beginnen. Und dann muß der Sauerstoffverbrauch doch erheblich sein. Oder ist die Phase von dann bis zum Zerpicken der Schlae ganz kurz?
Re: Aton-Hymnus
Bibulus schrieb am 19.04.2009 um 14:03 Uhr (Zitieren)
@Graeculus,
Kennst Du den Witz nicht?
Am Frühstückstisch.
Klein-Fritz::"Mama, ich mag mein Ei nicht."
"Sei still und iß!"
"Mama, ich mag aber wirklich nicht!"
"Kind, nun mach hin!
Stille, nach einer kurzen Zeit:
"Mama, muß ich den Schnabel auch mitessen?"
Re: Aton-Hymnus
Graeculus schrieb am 19.04.2009 um 14:03 Uhr (Zitieren)
Na klar. Aber das sollte doch die Existenz von Sauerstoff im Ei nicht verhindern. Denn der Zustand der Kükenlosigkeit im Ei ändert doch nichts an der Porosität der Schale.
Re: Aton-Hymnus
Bibulus schrieb am 19.04.2009 um 14:09 Uhr (Zitieren)
Das Schlüpfen ist ein aktiver Vorgang durch das Küken.
Es bedeutet einen erheblichen Energie- und Kraftaufwand.
Das Küken muß es in relativ kurzer Zeit schaffen,
ein Loch in die Schale zu picken ("Eizahn"!).
D.h. diese Diffusion kann nicht die
ausreichende Sauerstoffversorgung
für einen längeren Zeitraum sicherstellen.
Die Diffusion geschieht im molekularen Bereich,
also nicht für das menschliche Auge sichtbar....
Re: Aton-Hymnus
Bibulus schrieb am 19.04.2009 um 14:10 Uhr (Zitieren)
mit anderen Worten:
Es gehen keine "Bläschen" durch die Eierschale
;-)
Re: Aton-Hymnus
Bibulus schrieb am 19.04.2009 um 14:13 Uhr (Zitieren)
im Übrigen:
Der gesamte Vorgang der Diffusion, bzw. Osmose
in der Natur und in Zellen ist noch nicht in
allen Einzelheiten hinreichend wissenschaftlich geklärt
Re: Aton-Hymnus
Hilde schrieb am 19.04.2009 um 14:14 Uhr (Zitieren)
Jetzt hat Bibulus schon alles gesagt, dem ist nichts mehr hinzuzufügen!
Re: Aton-Hymnus
Graeculus schrieb am 19.04.2009 um 14:14 Uhr (Zitieren)
Ah, das ist dann klar. Dann konnten weder Echnaton noch ich das sehen.
Der Punkt geht also an die moderne Biologie und an Dich.
Re: Aton-Hymnus
Hilde schrieb am 19.04.2009 um 14:16 Uhr (Zitieren)
Vielleicht noch:
die Schlüpfphase dauert mehrere Stunden, vom ersten Anpicken der Schale bis zum vollständigen Schlüpfen. Und in dieser Zeit ist dann auch das Tschilpen im Ei zu hören .
Re: Aton-Hymnus
Graeculus schrieb am 19.04.2009 um 14:18 Uhr (Zitieren)
Und das muß Echnaton fasziniert und seinen theologischen Impetus befeuert haben!
Ist das nicht ein bemerkenswerter Pharao?
Re: Aton-Hymnus
Hilde schrieb am 19.04.2009 um 14:21 Uhr (Zitieren)
Noch eine Ergänzung zur Luftsichel im Ei:
Je älter ein Ei ist, desEo größer ist die Luftblase. deswegen kann man ja auch alte und frische Eier in Salzwasser unterscheiden (unterschiedliches spezifisches Gewicht).
Re: Aton-Hymnus
Graeculus schrieb am 19.04.2009 um 14:25 Uhr (Zitieren)
Danke, Bibulus, danke, Hilde! Ich verstehe das jetzt sehr viel besser. Mit der Interpretation von Beobachtungen muß man also sehr, sehr vorsichtig sein.
Zum Glück nimmt dieser Fehler dem Hymnus nichts (oder wenig) von seiner zeitlosen Schönheit.
Re: Aton-Hymnus
Graeculus schrieb am 19.04.2009 um 14:31 Uhr (Zitieren)
Übrigens: Dieser Gott hat einen Sohn!
Gemeint ist damit Echnaton selbst.
Die Frage, welche theologischen Folgen Echnatons Aton-Hymnus gehabt hat, ist wohl noch nicht endgültig beantwortet. Im AT soll er seinen Niederschlag in Pslam 104 gefunden haben:
Nur für Vers 35 gibt es keinerlei Entsprechung bei Echnaton.