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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Die vorsichtige Belohnung eines siegreichen Feldherrn (463 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 08.11.2020 um 18:41 Uhr (Zitieren)
Schon die Antike kannte das Problem, welches ein siegreicher Feldherr für den Staat darstellte.
Jacob Burckhardt berichtet über eine originelle Lösung aus dem Italien der Renaissance:
[...] Von dieser Zeit an [sc. dem frühen 15. Jhdt.] bildete sich dann jenes über alle Maßen unmoralische Verhältnis zwischen den Regierungen und ihren Kondottieren aus, welches für das 15. Jahrhundert charakteristisch ist.

Eine alte Anekdote von jenen, die nirgends und doch überall wahr sind, schildert dasselbe ungefähr so: Einst hatten die Bürger einer Stadt – es soll Siena gemeint sein – einen Feldherrn, der sie von feindlichem Druck befreit hatte; täglich berieten sie, wie er zu belohnen sei[,] und ur-teilten, keine Belohnung, die in ihren Kräften stände, wäre groß genug, selbst nicht, wenn sie ihn zum Herrn der Stadt machten.

Endlich erhob sich einer und meinte: Laßt uns ihn umbringen und dann als Stadtheiligen anbeten. Und so sei man mit ihm verfahren ungefähr wie der römische Senat mit Romulus. [...]

(Jacob Burckhardt: Die Kultur der Renaissance in Italien. Frankfurt/Main 1956, S. 11)
Re: Die vorsichtige Belohnung eines siegreichen Feldherrn
Γραικύλος schrieb am 09.11.2020 um 17:44 Uhr (Zitieren)
Ein immer noch empfehlens- und lohnenswertes Buch, das freilich einige Kenntnisse voraussetzt.
Re: Die vorsichtige Belohnung eines siegreichen Feldherrn
Marcella schrieb am 10.11.2020 um 16:25 Uhr (Zitieren)
Der Sienese scheint eine begründete Ahnung von Nietzsches Konzept des Herrenmenschen gehabt zu haben. Oder war es Burckhardt selber?

"Jenseits der Herrschenden, losgelöst von allen Banden, leben die höchsten Menschen: und in den Herrschenden haben sie ihre Werkzeuge."
Nachlass Achtziger Jahre [998]

Sowas braucht Siena nicht.


Re: Die vorsichtige Belohnung eines siegreichen Feldherrn
Γραικύλος schrieb am 10.11.2020 um 18:29 Uhr (Zitieren)
Der Condottiere war ja gewiß kein von moralischen Skrupeln geplagter Mensch. Ihn zu ermorden und dann als Heiligen anzubeten, hat etwas von einem Witz.
Und Burckhardt nennt die Anekdote einen von denen, "die nirgends und doch überall wahr sind". Sie hat also wohl literarischen Charakter.

Nietzsche nimmt es sehr ernst damit, während Burckhardt eine gewisse Distanz wahrt. Wie übrigens auch im Umgang mit dem ihn bewundernden Nietzsche.
Re: Die vorsichtige Belohnung eines siegreichen Feldherrn
Marcella schrieb am 11.11.2020 um 13:21 Uhr (Zitieren)
Erst umbringen, dann kultisch verehren (als Stadtgott/-heiligen) - das riecht doch nach archaischem Topos und Mythos, "nirgends und doch überall wahr".
Freuds Urmord aus "Totem und Tabu" lässt grüßen.
 
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