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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch? (1330 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 24.10.2009 um 15:05 Uhr (Zitieren)
Ich lege auf einen Tisch ein Federmäppchen und einen Füller.
Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Zwei Dinge?
Nun schraube ich die Kappe des Füllers ab und lege sie daneben.
Sind es nicht drei Dinge?
In dem Federmäppchen befinden sich Stifte, ein Lineal, ein Spitzer.
Der Spitzer besteht aus Schneidmesser, Schraube und Hülse.
All diese Dinge bestehen aus Molekülen und Atomen.
Wie viele Dinge liegen wirklich auf dem Tisch?

Aristoteles hat dafür einen Vorschlag: Zu einem Ding gehört alles, was gemeinsam bewegt wird.
Demnach ist das Federmäppchen samt Inhalt ein Ding, bis ich den Inhalt auspacke. Der Spitzer ist ein Ding, bis ich ihn auseinanderschraube.

Aber demnach sind auch der Schultisch und der darunterklebende Kaugummi ein Ding.

Ist das plausibel?
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Alexander schrieb am 24.10.2009 um 19:14 Uhr (Zitieren)
Wenn man Aristoteles´ These folgt, ist das sehr wohl plausibel. Der Kaugummi und der Tisch wäre demnach ja nur dann nicht EIN DIng, wenn man von der Funktion ausgeht, wenn man also sagt, die Verbindung von mehreren EInzeldingen ergibt nur dann ein neues Ding, wenn sie einen Zweck erfüllt bzw. einen Sinn hat (was ja beim unter dem Tisch klebenden Kaugummi nicht der Fall ist). Geht man aber ausschließlich von einer stofflichen Verbindung aus, ist alles, wie gesagt, ganz plausibel.

Ich muss hierzu aber anmerken, dass ich von Philosophie nicht wirklich eine Ahnung habe, wenn also der Gedanke unsinnig erscheint, vergiss ihn einfach :)
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 24.10.2009 um 20:26 Uhr (Zitieren)
Tisch und Kaugummi haben eine völlig verschiedene Herkunft und ebenso eine völlig verschiedene Funktion. Ihre Verbindung verdankt sich einem Zufall, nicht ihrem Wesen. Sie als ein Ding anzusehen, weil bei jedem Verrücken des Tischs das Kaugummi mitbewegt wird, läßt mich die Stirn runzeln.
Bei Füller und Kappe, bei Spitzerhülse, -messer und -schraube verhält es sich da ja etwas anders.
Ich denke, es müßte eine Wesens- oder Funktionsverknüpfung geben, damit man von einem Dinge sprechen kann.
So wie Mitochondrien, also parasitäre Einzeller, durch ihre Funktion zu einem Bestandteil des Menschen werde.
Falls ich mich da nicht irre.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Alexander schrieb am 24.10.2009 um 21:14 Uhr (Zitieren)
Diamanten auf Handys haben ja auch keinerlei Funktion bezüglich des Wesens eines Handys (ist vielleicht nicht das beste Beispiel, aber ein besseres fällt mir momentan nicht ein). Dennoch kommt wohl niemand auf den Gedanken, sie von dem Ding "Handy" zu trennen. Das heißt nicht, dass ich Aristoteles´ Vorschlag zustimme, nur scheint mir eine Wesens- oder Funktionsverknüpfung als Bedingung zwar notwendig aber nicht hinreichend zu sein, um ein Ding zu definieren.
Ist wohl alles eine Frage der Betrachtungsweise...
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 24.10.2009 um 21:22 Uhr (Zitieren)
Wenn wir Diamanten als Teil eines Handys akzeptieren, obwohl sie fürs Telephonieren keine Funktion haben, dann wäre die Funktionsverknüpfung nicht nur keine hinreichende, sondern nicht einmal notwendige Bedingung für die Einheit eines Dings. Logisch, gesehen.
Hingegen Mitochondrien sind eine notwendige Bedingung für die Existenz eines Menschen.
Die Frage ist sehr knifflig.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 25.10.2009 um 16:43 Uhr (Zitieren)

Nachdem mich meine Frau gestern ins Bett genötigt hat, damit ich endlich meinen Schnupfen los werde, prüfe ich nun, ob ich wieder klar denken kann:
Vermutlich lässt sich das Problem mit der Mengenlehre lösen.

Der Inhalt des Federmäppchens ist Teilmenge der Menge "Federmäppchen". Ebenso die Mitochondrien in der Zelle.
Der Kaugummi und der Tisch bilden ein Kartesisches Produkt. Ebenso die Diamanten und das Handy.
„Die Produktmenge von A und B ist die Menge aller geordneten Paare, deren erstes Element aus A und deren zweites Element aus B ist.“

Aber vielleicht wäre Aristoteles ja auch verrückt geworden, wenn er Cantor gekannt hätte.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 25.10.2009 um 16:53 Uhr (Zitieren)
Das ist ein interessanter Ansatz. Ist ein "geordnetes Paar" etwas, das gemeinsam auftritt? Das wäre ja von Aristoteles nicht so weit entfernt.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 25.10.2009 um 17:05 Uhr (Zitieren)
Die Mengenlehre sagt dazu:

Ein geordnetes Paar besteht aus zwei Angaben nicht notwendig voneinander verschiedener Objekte, wobei eine der Angaben ausgezeichnet ist. Das ausgezeichnete Objekt wird oft vordere Komponente, das andere hintere Komponente des geordneten Paars genannt. Auch spricht man von linker bzw. rechter oder erster bzw. zweiter Komponente.

(a,b)

Also zwei Elemente, die verknüpft sind, aber aus unterschiedlichen Mengen stammen: a aus A und b aus B (Tische und Kaugummis). nunja, Cantor wurde verrückt ...
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 25.10.2009 um 18:28 Uhr (Zitieren)
>>> Aristoteles hat dafür einen Vorschlag: Zu einem Ding gehört alles, was gemeinsam bewegt wird. <<<

Dann wäre die Erde ein Ding, da wir alle auf ihr gemeinsam durch Zeit und Raum bewegt werden.
Das konnte Aristoteles natürlich nicht wissen.
Menschen als Teilmenge der Erde.Ganz unbedeutender Bestandteil. Alles eine Frage der Perspektive. Die Erde nur Teil des Sonnensystems, das wiederum Teil der Galaxie (Milchstraße ) ist.

Aber Definitionen sind ja nicht richtig oder falsch, sondern nur zweckmäßig oder unzweckmäßig.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 25.10.2009 um 18:30 Uhr (Zitieren)
Boah! Das ganze Universum wäre ein Ding! Das gefällt mir.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 25.10.2009 um 18:41 Uhr (Zitieren)

Universum sagt`s doch schon: uni versus - in eins gekehrt - also ein Ding
:-)
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 25.10.2009 um 18:48 Uhr (Zitieren)
wie sagt es Goethe:

Wenn im Unendlichen dasselbe
sich wiederholend endlich fließt
das tausendfältige Gewölbe
sich endlich ineinander schließt

Strömt Lebenslust aus allen Dingen
dem kleinsten bis zum größten Stern
und alles Drängen alles Ringen
ist ew`ge Ruh in Gott dem Herrn

schön.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 25.10.2009 um 18:49 Uhr (Zitieren)
ups,

streiche 2. te Zeile endlich fließt, setze ewig fließt
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 25.10.2009 um 19:07 Uhr (Zitieren)
Hat das Gedicht einen Titel? Dann kann ich es in meiner Ausgabe leichter finden.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 25.10.2009 um 19:09 Uhr (Zitieren)

Der Titel entspricht der ersten Zeile:

"Wenn im Unendlichen dasselbe"
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 25.10.2009 um 19:14 Uhr (Zitieren)
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Ὑληβάτης schrieb am 26.10.2009 um 13:02 Uhr (Zitieren)
Mir käst der Bregen! "Notwendige Voraussetzung", "hinreichend" ... Das gehört nicht zu meiner Gedankenmenge!
Was passiert eigentlich, wenn auf dem Füller die Kappe eines anderen Füllers steckt? Gehören Krebszellen zum Menschen, oder Splitter unter der Haut?

Solche eigentlich einfachen Fragen, wie "Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?" werden im Hirn von Philosophen immer furchtbar knifflig - und das ist gut so, weil es Denkgewohnheiten und geistige Trägheit durchbricht.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 26.10.2009 um 17:10 Uhr (Zitieren)
Für ein Fußballspiel ist eine Fußballmannschaft eine notwendige Bedingung, keine hinreichende. D.h. ohne Fußballmannschaft kein Fußballspiel.
Eine hinreichende Bedingung für ein Fußballspiel ist eine Mannschaft aber nicht, sondern zwei Fußballmannschaften, zwei Tore, ein Platz und ein Ball. Über den Schiedsrichter kann man streiten.

Ein Kaugummi ist für einen Tisch weder notwendig noch gar hinreichend. So auch Krebszellen oder Splitter unter der Haut.

Ob die Krebszellen und die normalen Körperzellen zusammen einen Menschen (ein Krebspatienten) ausmachen, ist eine andere Frage. Nur sind die Krebszellen für einen Menschen eben weder notwendig noch gar hinreichend. Krebszellen müssen nicht in einem Menschen vorhanden sein (sie sind keine notwendige Bedingung), und Krebszellen allein machen auch noch keinen Menschen (sie sind keine hinreichende Bedingung).

Hinreichende Bedingungen sind zugleich notwendige Bedingungen (2 Mannschaften, 2 Tore, 1 Platz und 1 Ball sind notwendig für ein Fußballspiel), aber notwendige Bedingungen sind nicht auch schon hinreichende Bedingungen (1 Ball ist notwendig, reicht aber nicht für ein Spiel).

Aber wie gesagt, das ist eine ganz andere Frage als die, was zu einem bestimmten Menschen gehört. Notwendige Bedingungen dürfen dabei natürlich nicht fehlen; aber es gibt eine ganze Menge Eigenschaften z.B. an mir, die keine notwendigen sind. So wie meine Haare Teil von mir sind, obwohl ich sie mir abrasieren lassen könnte, und dennoch bliebe ich ein spezifischer Mensch: Γ.
So ist das Kaugummi für den Tisch keine notwendige Bedingung, aber wenn es nun mal fest daran klebt, könnte es Teil des Tisches sein.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 26.10.2009 um 17:18 Uhr (Zitieren)
Es könnte sein, daß meine Haare ein Teil von mir sind (weil sie "regelmäßig mit mir bewegt werden"), aber sie sind sicher keine notwendiger Teil von mir (ich könnte sie mir abrasieren). Eine Perücke wäre kein Teil von mir, weil ich sie nicht nur entfernen, sondern jederzeit auch wieder aufsetzen, sogar durch eine andere Perücke ersetzen kann.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Ὑληβάτης schrieb am 26.10.2009 um 17:22 Uhr (Zitieren)
Eine Perücke könnte hinreichend sein, weil man Dich sonst nicht erkennt. ;-)
Ein Dozent hat sich mal den Feuerzangenbowlen-Bart abrasieren lassen - danach war er so ganz anders!

Ich glaube, über "hinreichend" und "notwendig" muss ich noch nachdenken. Aber danke schonmal.
Eigentlich bin ich ja kein Fußballfan!
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 26.10.2009 um 17:26 Uhr (Zitieren)
Es gab mal die Autobiographie eines krebskranken Lehrers (sie hieß "Mars", veröffentlicht unter dem Pseudonym "Fritz Zorn"), in welcher der Autor behauptete, das Karzinom 'passe zu ihm', 'gehöre zu seinem Wesen'.
Da fangen dann die Probleme an. Sagen wollte er anscheinend, das Karzinom sei ein notwendiger Bestandteil seiner Existenz.
[Ehe Ihr jetzt wieder kichert: Es handelte sich nicht um einen Philosophen, er war nur Lehrer und hatte Krebs.]
Immerhin kann man das anscheinend so sehen.
Es gibt sogar einen Artikel darüber bei Wikipedia: Fritz Zorn. Eigentlich hieß er wohl Fritz Angst.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 26.10.2009 um 17:29 Uhr (Zitieren)
Ὑληβάτης Äußerungen gehen wohl in die gleiche Richtung: Man kann der Meinung sein, eine Perücke, ein Bart oder eben eine Krebserkrankung seien notwendig für einen bestimmten Menschen.
Der Arzt, der den Patienten behandelt (wg. Krebs), ist dann wohl anderer Ansicht.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 26.10.2009 um 17:34 Uhr (Zitieren)
Das
„Ich bin jung und reich und gebildet; und ich bin unglücklich, neurotisch und allein...“

ist ein Zitat aus dem Buch.
Mann, das läuft in der 24. Auflage!
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Ὑληβάτης schrieb am 26.10.2009 um 17:56 Uhr (Zitieren)
Wobei eher das Erscheinungsbild mit Haaren zu einer Person gehört, nicht die Perücke.
Aber ich glaube, dass ich abschweife.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 26.10.2009 um 18:22 Uhr (Zitieren)
Das kommt drauf an. Bei Heino sind es 1. Perücke und 2. Sonnenbrille, d.h. zwei Dinge, die für mich gewiß nicht notwendig sind, ohne die wir ihn aber nicht erkennen würden.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 26.10.2009 um 18:24 Uhr (Zitieren)
"Es gibt nichts auf der Welt, und sei es auch noch so kompliziert, was bei näherem Hinsehen nicht noch viel komplizierter würde."
Wer hat das gesagt?
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 26.10.2009 um 18:28 Uhr (Zitieren)
Ich glaube, man sollte die Qualität ins Spiel bringen, also die Eigenschaft eines Dings. Zwei Bestandteile können gemischt eine neue Eigenschaft hervorrufen – ein neues Ding. Ein System /Ding ist bekanntlich mehr als die Summe seiner Teile. Beispiel: 2 ungesunde nicht trinkbare Substanzen (Natronlauge = Na OH und Salzsäure = HCL ergeben im richtigen Mischungsverhältnis - Salzwasser (H2O und NaCL) und das ist harmlos und in geringen Mengen schadlos trinkbar. Es geht auch anders herum: 2 harmlose Substanzen können zu einer chemischen Waffe gemischt werden. Die Anzahl der Bestandteile bleibt bestehen, aber die Eigenschaften verändern sich. Wir erhalten ein neues Ding.
Beim Federetui hat sich ja die zählbare Menge der Teile ja nicht geändert – egal ob in oder außerhalb des Behältnisses, auch die Qualität nicht. Außer, wenn man den Tisch, der vorher ordentlich aufgeräumt war, als ein Ding betrachtet und nun als unordentlich bezeichnet. Aber diese Frage quält nur den Neurotiker und bringt den Philosophen ins Schwitzen.
Hätte Aristoteles erkannt, dass im Meer = Salzwasser, das Potential für Salzsäure und Natronlauge enthalten ist, wäre er sicher nicht darauf gekommen, dass alles was sich gemeinsam bewegt, ein Ding ist. Das Meerwasser bewegt sich ja auch durch den Wind .
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Ὑληβάτης schrieb am 26.10.2009 um 18:32 Uhr (Zitieren)
Und der Seetang mit ihm.
Wahrscheinlich habe ich gesagt, dass sich die Welt verkompliziert, wenn man noch genauer hinschaut, aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern. ;-)
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 26.10.2009 um 18:37 Uhr (Zitieren)
Du unterscheidest 'Ding' und 'Bestandteil'?
Wobei Du die Bestandteile modern, d.h. chemisch, auffaßt.
Aristoteles hat ein Ding als Zusammensetzung von εἶδος und ὕλη (Form und Stoff) aufgefaßt. Ist das mit Deinem Vorschlag irgendwie kompatibel? Nein, vermutlich gibt bei Dir der materielle Stoff bereits die Form an. Die Art der Atome bestimmt, was das Ding ist. Und die Atome kann man nicht wieder in εἶδος und ὕλη unterteilen.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 26.10.2009 um 18:38 Uhr (Zitieren)

Ach ja: aus dem gefüllten Federmäppchen (1 Ding) wird nun ein leeres Federmäppchen (neue Eigenschaft). Die Teile darin waren ja schon da, man konnte sie nur nicht erkennen und zählen, weil sie verborgen waren. Nur weil man es nicht sieht, bedeutet dies nicht, dass es nicht da ist. Weil ich nicht höre, dass draußen ein Lebewesen bellt, darf ich nicht darauf schließen, dass da kein Hund ist. Die Anzahl der Dinge auf dem Tisch bleibt gleich - sie ist nur nicht erkennbar bevor man sie analysiert (=ausgepackt) hat. Vor der Analyse ist alles nur Spekulation - da man nicht weiß, was drin steckt. Aristoteles stellt eine Scheinfrage, da er die Auflösung mit Rätseln behaftet, obwohl er die Lösung kennt.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 26.10.2009 um 18:44 Uhr (Zitieren)
Aber wieviele Dinge sind denn in dem Federmäppchen? Sind Füller und Kappe ein Ding oder zwei? Sind Schraube, Hülse und Messer ein Ding (Spitzer) oder drei?
Was Aristoteles dazu behauptet ("eins, wenn sie gemeinsam bewegt werden") ist doch kein Scheinproblem, auch wenn es bestreitbar ist.
Und wir hatten ja inzwischen schon Krebs und Mensch und die These von Fritz Zorn - mit der es ihm bitter ernst war.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 26.10.2009 um 19:01 Uhr (Zitieren)

Ist ein Auto ein Ding, wenn es gefahren wird?
Bin ich als Fahrer jetzt nicht mehr vorhanden?
Das Auto verändert seine Form nicht, wenn ich darin sitze. Ein Mensch bleibt ein Mensch auch, wenn er krank ist, weil sich seine Zellen verändern oder seine Psyche erkrankt. Nur weil etwas gemeinsam bewegt wird ist es dennoch nicht zwingend ein Ding, wie ich finde. Aristoteles hätte sich sich kaum als Zentaur bezeichnet, weil er ein Pferd reitet. Da werden zwei Dinge von eindeutiger Gestalt/Form aus unterschiedlichen Stoffen (wenn man nicht Atome nimmt) gemeinsam bewegt. Die Indios hielten allerdings die spanischen Ritter auch für EIN Ding. Sie haben sich geirrt.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 26.10.2009 um 19:15 Uhr (Zitieren)
Aristoteles muß wohl meinen: regelmäßig gemeinsam bewegt wird. Pferd und Mensch bewegen sich ja auch getrennt. (Die Indios haben sich geirrt, ja.)
Das Beispiel mit dem Auto ist aber besser: Zwar kann sich ein Mensch auch ohne Auto bewegen, aber nicht das Auto ohne Mensch. Wohl aber mit einem anderen Menschen.

Hm. Habe ich Dich denn richtig verstanden mit dem, was ich um 18.37 h geschrieben habe?
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 26.10.2009 um 19:24 Uhr (Zitieren)

Ja , sicher . Richtig verstanden schon. Aber ich halte Aristoteles Definition für nicht zweckmäßig - woffür er nichts kann, da er den Stand des damaligen Wissens wiedergab.
Sind siamesische Zwillinge ein Ding? "Normale" Zwillinge sind eindeutig 2 Dinge, obwohl Stoff und Form identisch sind. Sie könne auf einem Wagen gemeinsam bewegt werden. Das hätte sich Aristoteles natürlich auch denken können. Ich halte seine Definition einfach für unzweckmäßig, weil sie keine allgemeingültige ist und daher nicht anwendbar. Ich habe aber keine bessere und will nicht überheblich sein.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 26.10.2009 um 19:43 Uhr (Zitieren)

Da fällt mir auf: Aristoteles hat in seiner Kategorienlehre dieses Problem doch deutlich differenzierter erörtert ...
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
kornelia schrieb am 27.10.2009 um 20:49 Uhr (Zitieren)
Solange ich ein Federmäppchen und einen Füller auf dem Tisch liegen habe, habe ich 2 Dinge auf meinem Tisch liegen. Wenn ich mein Mäppchen öffne, den Inhalt auf dem Tisch entleere, danach die Kappe von meinem Füller drehe - und diese ebenfalls auf meinen Tisch lege, erst dann habe ich mehrere Dinge auf meinem Tische liegen.
(Es erinnert mich ein wenig an den Baum, der im Wald fällt und den keiner kann ihn hören?)!
Was soll's.
Solange mein Federmäppchen geschlossen und nicht ausgeräumt ist, sind Federmäppchen und sein Inhalt für mich eine Einheit. Alles andere wäre für mich zu verworren (was nichts heißen soll!).
Würde mich jedoch einer nach meinem Federpenal allein, d.h. ohne Tisch, befragen, so würde ich den Inhalt selbstverständlich eifrigst erwähnen! (Denn was wäre eine solch hübsche und außerordentlich praktische Hülle ohne Inhalt?)

Ausgezuzelt zwar, aber dennoch unübertroffen: "Alles ist relativ!"
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 27.10.2009 um 20:56 Uhr (Zitieren)
Ich verstehe alles ... nur nicht: ausgezuzelt.
(Da ich österreichische Redensarten sammle, bitte ich um Aufklärung/Übersetzung.)

P.S.:
Bin ich schiach? Ich glaube schon.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 27.10.2009 um 20:59 Uhr (Zitieren)
Ich liebe österreichische Liedermacher: Ludwig Hirsch, Arik Brauer, Wolfgang Ambros, Kurt Sowinetz usw.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
kornelia schrieb am 27.10.2009 um 21:04 Uhr (Zitieren)
Ich liebe die österreichischen Liedermacher unter anderen auch!

Ausgezuzelt bedeutet ausgesogen. Ausgesaugt - leer - kraftlos! Wie die schlaffe Brust einer Amme, oder so!
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 27.10.2009 um 21:13 Uhr (Zitieren)
Dann lassen wir doch mal einen zu Wort kommen:
Arik Brauer

DIE JAUSE
(1971)


[gesprochen:]
Du ißt aan Kipferl, trinkst aan‘ Kaffee –
und derweil passier’n Sach’n ...

[gesungen:]
Ja da setz ich mich zur Jaus’n
Gar so sicher und so fesch,
weil ich will ein Kipferl schmaus’n,
ja das Kipferls is‘ so resch.
G’rad hab ich die Butter auffepatzt
und denk mir nix dabei,
da is‘ einer g’storb’n als wie ein‘ Häuselratz –
weg’n dera Hungerei.

Das Kaffeeheferl tu ich ruck’n
und ich gieß mir am Kaffee
weißes Schlagobers drüber gupf’n
und ich träum vom ersten Schnee.
Grad hab ich den Zucker eineg‘schupft
und denk mir nix dabei,
da sind s‘ ihrer zwölfe über’s Messer g’hupft
weg’n der Faschisterei.

Und ich tunk das Kipferl eine,
ja ich weich’s ein bisserl auf,
und dann schließ ich meine Augerl
und ich reiß die Pap’n auf.
Grad hab ich das Kipferl eineg’steckt
Und denk mir nix dabei,
ja das ist ein‘ ganze Stadt verreckt, -
weg’n dera Bomberei.

Und ich heb in die Höh‘ das Heferl,
ja ich nehm an gut’n Schluck
und mei‘ Zungen holt das Kipferl
aus der Back’n mit ein‘ Ruck.
Grad hab ich das Kipferl abebampft
Und denk mir nix dabei,
ja da ist die ganze schöne Welt verdampft, -
weg’n aaner Streiterei.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 27.10.2009 um 21:16 Uhr (Zitieren)
Unübersetzbar. Zum Glück.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 27.10.2009 um 21:19 Uhr (Zitieren)
Auch sehr schön:
DA HERR MINISTER

Wolfgang Ambros


Da Herr Minister hod den Blues
er is so oid, er is so schwoch
und es erdrückt eam de Verpflichtung
so liegt er hoid a Nocht lang woch.

Dann schloft er ein, zwa Stund vuam Aufstehn,
da Schlof erlöst eam von de Suag’n
man sicht genau, da Herr Minister lebt
wia du und i von heit auf muag’n.

Dann steht er auf und schaut in Spiag’l
und seine Lippen formen sich zum Fluch
er waß sie überhaupt nimmermehr zum höf’n
er steht ganz knapp vuam Zusammenbruch.

Wos dann passiert ist furchtboa peinlich
so völlig sinnlos und so dumm,
so würdelos und so blamabel,
da Herr Minister bringt si um.
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
ανδρέας schrieb am 27.10.2009 um 21:27 Uhr (Zitieren)
Den Text kann ich sogar verstehen.
Wunsch und Wirklichkeit liegen in der Realität weit auseinander .

:-D
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
kornelia schrieb am 27.10.2009 um 21:34 Uhr (Zitieren)
Warum hast du diesen Liedtext gewählt?






Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
kornelia schrieb am 27.10.2009 um 21:40 Uhr (Zitieren)
Ihr seid viel zu schnell für mich.
Aric Brauer schrieb dieses Lied wohl in den 70ern. Aber auch in Österreich hat sich einiges verändert. Was Ambros' Text betrifft, befürchte ich, dass die Minister mittlerweilen zu jung und fesch geworden sind.

Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
kornelia schrieb am 27.10.2009 um 21:42 Uhr (Zitieren)
Lieber Γραικίσκος ,
ich schicke dir morgen eine Übersetzung. Heute wird wird es sich mir leider nicht mehr ausgehen!
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 27.10.2009 um 21:47 Uhr (Zitieren)
In Italien gibt's jetzt einen ... den Präsidenten von Latium, der hat sicher den Blues. Und was wissen wir schon, was Berlusconi sieht, wenn er in den Spiegel schaut? Einen Jungen, Feschen?

P.S.: Ich verstehe Arik Brauer. Sogar "Häuselratz". (Auch wenn ich keine habe; dafür sorgt schon meine Katze.)
Für mich brauchst Du Dich um eine Übersetzung nicht zu bemühen. Aber danke für das Angebot. Und für "ausgezuzelt".
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
kornelia schrieb am 27.10.2009 um 21:57 Uhr (Zitieren)
"Und was wissen wir schon, was Berlusconi sieht, wenn er in den Spiegel schaut? Einen Jungen, Feschen?"

Du bist immer wieder anregend und nebenbei auch noch sehr amüsant!
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 27.10.2009 um 21:58 Uhr (Zitieren)
Ah, ich bin schiach!
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 27.10.2009 um 22:01 Uhr (Zitieren)
"I bin schiach." - "Schiach bin i!"
Richtig?
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
kornelia schrieb am 27.10.2009 um 22:06 Uhr (Zitieren)
Du verblüffst mich! Schiach?
Du erschienst mir immer nur als wunderschön:
Als ein Meister seiner Worte!!

(Oder bist du etwa Berlusconi?) ;-)
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
kornelia schrieb am 27.10.2009 um 22:13 Uhr (Zitieren)
"I bin schiach." - "Schiach bin i!"

Nach österreichischen dialektischen Gesichtspunkten absolut richtig!!

Aber alles andere liegt im Auge des Betrachters! :-)
Re: Wie viele Dinge liegen auf dem Tisch?
Γραικίσκος schrieb am 27.10.2009 um 22:17 Uhr (Zitieren)
"Mich kann niemand leiden - da können Sie meine Ex-Frau fragen!" (Hans Meyer, ehemaliger Trainer von Borussia Mönchengladbach)
 
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