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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Euklids erster Fehler? (821 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 23.01.2021 um 14:09 Uhr (Zitieren)
Im Heft 2.21 von "Spektrum der Wissenschaft" ist ein Artikel über einen Zweig der Informatik zu lesen: "Mathematiker aus Silizium" (S. 76-81).

Es geht um die Entwicklung von Programmen folgender Art:
1. Theorembeweiser, d.h. solche Programme, die mathematische Beweise führen können, deren Rechenoprationen für menschliche Mathematiker zu umfangreich bzw. kompliziert sind; das erste und vielleicht bekannteste Beispiel dafür ist der mehr als 40 Jahre alte Algorithmus zum Nachweis des Vier-Farben-Satzes.
2. Theoremlöser, nämlich Programme, welche schon bekannte Beweise auf Fehler hin überprüfen.

Im Zusammenhang mit 2. heißt es als Resultat: "Selbst der erste Satz in Euklids Elementen ist nicht perfekt."
Mehr wird dazu leider nicht gesagt.

Euklid:
I. Buch

Definitionen

1. Ein Punkt ist, was keine Teile hat.

Ich überlege.
Was kann überhaupt falsch bzw. unzulänglich an einer Definition sein?

a. Das Definiendum darf nicht im Definiens vorkommen. (Def. Onkel: der Onkel von Neffen und Nichten)
Das ist bei Euklid nicht der Fall.

b. Das Definiens sollte nicht zu eng gefaßt sein, nämlich nicht etwas ausschließen, was eigentlich dazugehört. (Def. Onkel: Der Bruder des Vaters von Söhnen und Töchtern - wodurch die Mutter ausgeschlossen wäre)

c. Das Definiens sollte nicht zu weit gefaßt sein, nämlich nicht etwas einschließen, was nicht dazugehört. (Def. Onkel: Der Bruder des Vaters oder der Mutter von Nachkommen - wodurch die Großneffen und Großnichten eingeschlossen wären)

In welcher Hinsicht ist nun Euklids Definition "nicht perfekt"?

Ist in dieser Definition etwas, (b) das hineingehören müßte, nicht erfaßt, oder (c) etwas das nicht hineingehört, mitumfaßt?
Gibt es - im Sinne von (c) - etwas, das keine Teile hat und dennoch kein Punkt ist?
Re: Euklids erster Fehler?
Johannes schrieb am 23.01.2021 um 15:02 Uhr (Zitieren)
Re: Euklids erster Fehler?
Γραικύλος schrieb am 23.01.2021 um 16:26 Uhr (Zitieren)
Ja, σημεῖον. Und das Problem, wo dann bei einer aus Punkten zusammengesetzten Linie die Dimension der Länge herkommen soll.
Das ist aber alt.
Wenn ich Spektrum recht verstehe, handelt es sich nun jedoch um ein neues, durch ein Theoremlöser-Programm entdecktes Problem.
Oder ist hat dieses Programm lediglich das alte Problem neu entdeckt?

Euklids Definition, so habe ich mir gedacht, müßte auch auf die 0 zutreffen, könnte mithin zu weit sein, sofern die 0 kein Punkt ist.
(Der Laie spricht.)
Re: Euklids erster Fehler?
Γραικύλος schrieb am 23.01.2021 um 16:28 Uhr (Zitieren)
Oder das Problem liegt hierin:
Die Bedeutung des Begriffs Punkt ergibt sich aus der Gesamtheit des Axiomensystems. Eine Interpretation als Objekt ohne Ausdehnung ist nicht zwingend.
Re: Euklids erster Fehler?
filix schrieb am 23.01.2021 um 21:19 Uhr (Zitieren)
In der Sprache der Mathematik ist ein Satz ja nicht irgendeine in sich geschlossene sprachliche Äußerung, sondern ein Lehrsatz oder Theorem, d.h. eine mittels Axiomen, Definitionen und anderen Theoremen als wahr erwiesene Einsicht wie z.B. in dem Ausdruck Satz des Pythagoras, für den Euklid in Die Elemente (nicht als Erster und schon gar nicht als Letzter) einen Beweis vorstellt. Da es in dem Artikel um Theorembeweise geht, wird also kaum der erste Satz auf Seite eins des Werkes gemeint sein.
Re: Euklids erster Fehler?
Γραικύλος schrieb am 24.01.2021 um 00:03 Uhr (Zitieren)
Hm. Mehr Informationen liefert Spektrum leider nicht. Es ist schwierig, wenn einen gerade ein so nebenher stehender Satz mit einer Frage anspringt.

Das erste Postulat, das erste Axiom und der erste Lehrsatz in Euklids Elementen erscheinen mir jedenfalls völlig unbedenklich.
Aber beim Punkt, also bei der ersten Definition, da gibt es ja immerhin das bekannte, oben erwähnte Problem.
Re: Euklids erster Fehler?
filix schrieb am 24.01.2021 um 00:06 Uhr (Zitieren)
Was verstehst du denn unter dem ersten Lehrsatz Euklids?
Re: Euklids erster Fehler?
Γραικύλος schrieb am 24.01.2021 um 00:15 Uhr (Zitieren)
§ 4 (= L. 1):
Wenn in zwei Dreiecken zwei Seiten zwei Seiten entsprechend gleich sind und die von den gleichen Strecken umfaßten Winkel einander gleich, dann muß in ihnen auch die Grundlinie der Grundlinie gleich sein, das Dreieck muß dem Dreieck gleich sein, und die übrigen Winkel müssen den übrigen Winkeln entsprechend gleich sein, nämlich immer die, denen gleiche Seiten gegenüberliegen.

"L" habe ich als "Lehrsatz" interpretiert.
Re: Euklids erster Fehler?
Γραικύλος schrieb am 24.01.2021 um 00:40 Uhr (Zitieren)
Die Kongruenzsätze sind doch Lehrsätze, oder?
Re: Euklids erster Fehler?
filix schrieb am 24.01.2021 um 00:46 Uhr (Zitieren)
Ich denke, es ist die davor stehende Errichtung eines gleichseitigen Dreiecks über einer gegebenen Strecke gemeint, über die Mängel bei der dabei gelieferten Beweisführung bemerkt einleitend folgende Darstellung: It is surprising that such a short, clear, and understandable proof can be so full of holes. These are logical gaps where statements are made with insufficient justification. Since the first proof in the Elements is the one in this proposition, it has received more criticism over the centuries than any other:

https://mathcs.clarku.edu/~djoyce/elements/bookI/propI1.html

Proposition ist nur ein wertender Ausdruck für ein lesser theorem oder einen nicht so bedeutenden Satz:

Proposition: (lateinisch für „Aussage“) Gewissermaßen ein ”kleinerer“ Satz, also eine Aussage, der man diese gewichtige Bezeichnung nicht zugestehen will, sonst würde es vor Sätzen nur so wimmeln.

https://www.mat.univie.ac.at/~michael/EmA/EmA_Briefe/EmA_Kapitel_2/ema_06_Def_Thm_130930_fehlerhaft.pdf[/quote]
Re: Euklids erster Fehler?
Johannes schrieb am 24.01.2021 um 08:14 Uhr (Zitieren)
Obwohl dies unter der Überschrift Definitionen steht, handelt es sich hierbei natürlich nichtum Definitionen im modernen Sinne. Der Satz gibt vielmehr an, in welcher Richtung manidealisieren muss, um, ausgehend von den alltäglichen Begriffen Punkt und Linie, zu dengemeinten idealen Objekten Punkt und Linie zu gelangen. Über die Frage der Existenzderart idealer Objekte verliert Euklid kein Wort. Als Anhänger der platonischen Lehre ist fürihn die Existenz idealer Objekte selbstverständlich. Und ebenso selbstverständlich ist fürihn, dass die Mathematik sich nur mit derartigen idealen Objekten zu beschäftigen hat.

https://www.swisseduc.ch/mathematik/geometrie/euklid/docs/euklid.pdf

vgl.:
https://www.antike-griechische.de/Euklid.pdf
Re: Euklids erster Fehler?
Γραικύλος schrieb am 24.01.2021 um 15:31 Uhr (Zitieren)
Wie auch immer, inzwischen habe ich den Eindruck, daß das Programm bei Euklid keinen Fehler neu entdeckt hat (wozu es eigentlich gedacht ist), sondern - testhalber? - ein bereits bekanntes Problem.
 
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