Γραικύλος schrieb am 08.02.2021 um 00:03 Uhr (Zitieren)
Re: Endymion - der ewige Sch(l)äfer #2
filix schrieb am 08.02.2021 um 16:55 Uhr (Zitieren)
Das liest sich in Ansätzen wie die literarische Grundlage eines herrlichen Sarkophags, der sich, einst ein Exportartikel für das römische Gallien aus der Zeit der Severer, heute im Louvre* befindet.
Die dichte, durch die Fackeln, Indizes der Nacht, ganz ins traumhaft Unwirkliche versetzte Szene zeigt die von ihrem angehaltenen Gespann abgestiegene Selene in wallendem Gewand unter bogenförmig sich bauschendem Schleier (möglicherweise wie die anwesenden Tiere - Ziegen, Hunde - ein Hinweis auf die Gleichsetzung mit Artemis**) auf Endymion zuschreitend.
Der ist hier eben als Jäger (nicht als Hirte) von Hypnos, dem geflügelten Sohn der Nacht, über den zwei Speeren in der Linken in Schlaf versetzt, dargestellt.
Paul Zanker sieht den Grund für diese Rollenwahl in einem sozialen Vorbehalt der Käufer solch kostspieliger Sarkophage, die sich zwar fürs Pastorale begeistern, letztlich aber nicht mit dieser am unteren Ende sozialer Hierarchie angesiedelten Welt identifiziert werden wollen, schon gar nicht im Tode.
Die nur grob ausgeführten Köpfe von Selene und Endymion (und die Existenz eines wie ein Gegenstück wirkenden mythologischen Sarkophags) haben nämlich Anlass zur Vermutung gegeben, dass in einem letzten Schritt ein Ehepaar, d.h. der Tote hier als Endymion, seine trauernde Frau als Selene, hätte porträtiert werden sollen, wozu es aus welchen Gründen immer nie kam.
Gleichzeitig dürfte sich in der mythologischen Darstellung eine Lösung der spirituelle Krise des 3. Jhdts. u. Z. abzeichnen, wonach die von Selene(-Artemis) aus Liebe verliehene Unsterblichkeit, die sich mit der der trauernden Ehefrau verbindet, als Hoffnung auf Unvergänglichkeit für die Seelen aller Toten darstellt, die zum Mond wandern.