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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Dionysos und Jesus (2597 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 02.11.2009 um 17:50 Uhr (Zitieren)
Dionysos und Jesus (Christus) scheinen sich auf den ersten Blick sehr fremd zu sein, und ich vermute ohnehin, daß viele dem Teufel zugeschriebene Eigenschaften von Dionysos herrühren. Aber es gibt doch eine Reihe verblüffender Parallelen:
• Beide sind Mischwesen mit göttlichem Vater und menschlicher Mutter.
• Beide sind, ungeachtet der menschlichen Mutter, nicht auf normalem biologischem Wege entstanden: Dionysos von seinem Vater geboren, Jesus ohne menschlichen Vater gezeugt.
• Der göttliche Ursprung beider wird zunächst nur von wenigen anerkannt; sie müssen eigens durch Wunder beweisen, wer sie sind.
• Beide werden getötet und wiederbelebt.
• Ihnen und ihren Anhängern drohen Verfolgung und Tod.
• Beide sind Erlösergestalten und können ihre Anhänger ekstaseartig überkommen.
• In beider Kult spielt der Wein eine sehr wichtige Rolle. Durch ihn geht der Gott in den Menschen ein.

Was also genau macht Dionysos für Christen eigentlich so „teuflisch“, so zum Urbild „des Bösen“? (Die Gestalt seiner Anhänger, der Satyrn, ist anscheinend sogar für das optische Bild des Teufels verantwortlich.)
• Dionysos ist durchweg irdisch, sein Reich ist „von dieser Welt“.
• Die Nähe des Dionysos zu Wahnsinn und Grausamkeit ist ebenfalls unchristlich.
• Und schließlich wirkt Dionysos durch und durch amoralisch; das einzige, was er nachdrücklich fordert, ist, seine Göttlichkeit anzuerkennen.

Fallen jemandem noch weitere Gemeinsamkeiten und bzw. oder Unterschiede ein?
Re: Dionysos und Jesus
ανδρέας schrieb am 02.11.2009 um 18:44 Uhr (Zitieren)

Dionysos hatte mehrere eigene Nachkommen !
Re: Dionysos und Jesus
ανδρέας schrieb am 02.11.2009 um 18:47 Uhr (Zitieren)

So nebenbei: sein Sinnbild war u.a.d >>> KANTHAROS (Trinkgefäß für Wein).
Re: Dionysos und Jesus
Γραικίσκος schrieb am 02.11.2009 um 18:54 Uhr (Zitieren)
Dionysos hatte mehrere eigene Nachkommen!

Das ist gut. Dionysos hat nicht enthaltsam gelebt. Bei Jesus weiß man das zwar nicht so genau; aber er scheint - lt. Bergpredigt - nicht gerade für die freie Liebe gewesen zu sein, sondern strikte Regeln im Sinn zu haben. Dionysos hält sich ja an gar keine Regeln.
Re: Dionysos und Jesus
ανδρέας schrieb am 02.11.2009 um 18:59 Uhr (Zitieren)

Ich denke, gerade Augustinus hat das Bild von der richtigen Lebensweise im Christentum stark geprägt: Körper -Frauen- und Sinnes-feindlich.

Da war Dionysos genau der richtige, um mit den alten Göttern zu brechen.
Re: Dionysos und Jesus
Γραικίσκος schrieb am 02.11.2009 um 19:05 Uhr (Zitieren)
Die Bergpredigt ist, was den Umgang mit Trieben angeht, nicht gerade freizügig. Da hatten Paulus und Augustinus schon die passenden Ansatzpunkte. "Euch ist gesagt worden: Du sollst nicht ehebrechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau lüstern ansieht ..."

Interessant finde ich, daß (auch) Jesus Ekstase auslösen kann. Wer schon einmal eine Gospelmesse erlebt hat ...
Re: Dionysos und Jesus
ανδρέας schrieb am 02.11.2009 um 19:12 Uhr (Zitieren)

Die in Deutschland üblichen, eher nüchtern und sachlich gehaltenen Messen lösen aber nur bei sehr wenigen "Ekstase" aus. Was der alte Augustinus wohl davon gehalten hätte (meist amerikanische Freikirchen)wage ich nicht , mir vorzustellen ...
Re: Dionysos und Jesus
John schrieb am 02.11.2009 um 19:48 Uhr (Zitieren)
Dionysos soll der reinkarnierte Zagreus sein. Christus ist dagegen präexistent, "gezeugt und nicht geschaffen" (so bekennen wir ja heute noch im Gottesdienst). Und er hat "Funktionen" in der Zukunft, denn er "wird richten die Lebenden und die Toten".
Re: Dionysos und Jesus
ανδρέας schrieb am 02.11.2009 um 19:51 Uhr (Zitieren)

Der hübsche Name "Denise" leitet sich von Dionysos ab (dem Dionysos Geweihte) und eignet sich hervorragend für Weinköniginnen ... da kann Jesus nicht so recht mithalten :-)
Re: Dionysos und Jesus
ανδρέας schrieb am 02.11.2009 um 19:55 Uhr (Zitieren)

Verbindet sich mit Dionysos überhaupt irgendeine jenseitige Heilserwartung? Dionysos ist rein Ich-bezogen, Jesus verweist ja immer auf den Mitmenschen (Nächstenliebe). Heil in Jenseits durch soziales Verhalten im Diesseits. Kann ein Gegensatz größer sein?
Re: Dionysos und Jesus
Γραικίσκος schrieb am 02.11.2009 um 20:27 Uhr (Zitieren)
Zwar ist Dionysos auch mächtig im Jenseits. Er führte seine Mutter Semele, die bezeichnenderweise eine Sterbliche war, aus den Tiefen des Hades zum Himmel empor. Aber das Fortleben nach dem Tode, das Dionysos-Bacchus als Mysteriengott seinen Eingeweihten verspricht, unterscheidet sich nicht von den irdischen Dionysosfesten. Gelage und Opfer, Weinlese und Mänadentanz kehren im Jenseits wieder.

(Erika Simon: Die Götter der Griechen)
Re: Dionysos und Jesus
Γραικίσκος schrieb am 02.11.2009 um 20:38 Uhr (Zitieren)
Das ist ja auch eine 'Funktion für die Zukunft', oder? Aber natürlich ist diese Parallelität zu Jesus nicht sehr eng.
Re: Dionysos und Jesus
ανδρέας schrieb am 02.11.2009 um 21:19 Uhr (Zitieren)

Die Gelage im Jenseits hatten auch die Germanen (Walhall). Nunja, das ist mit der christlichen Erwartung nicht unbedingt kongruent. Viele Religionen zeigen ja ein bestimmtes Bild vom Jenseits. Allein die Tatsache, dass man ein solches (wie auch immer beschrieben) annimmt ist da nichts ungewöhnliches. Der Hades wird nicht gerade als Paradies beschrieben. Vielleicht war dies der besondere Vorteil, den Dionysos zu bieten hatte. (weitersaufen usw. ...) Nunja, wer weiß schon was kommt, wenn überhaupt. Ich sehe wenig verbindendes zu Jesus , was Dionysos betrifft. Das unentdeckte Land, von dem noch kein Sterblicher zurückgekehrt ist darf noch etwas warten, hoffe ich.
Re: Dionysos und Jesus
John schrieb am 02.11.2009 um 21:20 Uhr (Zitieren)
Es ist in vielen Religionen, Sekten und Weltanschauungen so, dass ein charismatischer Anführer (oder modern gesagt: Stifter) mit extravaganten Attributen ausgestattet ist, so schon Mose. Religionsgeschichtlich interessant ist also kein Vergleich von Göttern und Menschen (im Fall Jesu denke man dabei zunächst an einen Menschen), sondern von Personen wie Buddha, Jesus, Mohammed etc.
Am meisten interessiert mich dabei, warum man solche Geschichten ganz offensichtlich fingiert und welchen Nutzen man dadurch hätte. Die Lehre Jesu hat das doch gar nicht nötig. Meine Antwort ist, dass die Menschen, welche "Ekstase durch Bekehrung" erleben, es manchmal ein wenig zu gut meinen mit ihren Stiftern und ihnen andichten, was später zur Absicherung ihrer Göttlichkeit dienen soll.
Im Neuen Testament steht - neben diesen vermeintlichen Dichtungen - jedoch auch "Gut", was von allen Autoren einfach vorausgesetzt wird, wie die Auferstehung als σκάνδαλον und μωρία.
Meine Herren, das kann doch kein Zufall sein.;)
 
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