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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der Einfluß des Heidentums auf das Christentum (1026 Aufrufe)
Γραικίσκος schrieb am 06.11.2009 um 14:18 Uhr (Zitieren)
Bei Hans-Werner Haussig ("Kulturgeschichte von Byzanz", S. 22-24) lese ich:
[...]
Für das Christentum lag das Gefährliche der neuen religiösen Bewegungen, etwa das des Neuplatonismus und der Religion Manis, darin, daß sie die überkommenen Vorstellungen der Volksreligion in nur wenig verändertem Gewande übernommen hatten. So war es etwa für die Entwicklung des Marienkultes innerhalb des Christentums von außerordentlicher Bedeutung, daß nicht nur Ägypten, wo das Verhältnis Isis-Horus bestimmte Züge des christlichen Verhältnisses von Gottesmutter und Gottessohn vorwegnahm, sondern auch in Syrien die dort verbreitete syrisch-arabische Sonnenreligion die Geburt des Sonnengottes von einer Jungfrau kannte. Der 25. Dezember, der Tag des christlichen Weihnachtsfestes, war in Syrien das Geburtstagsfest des Sonnengottes (Heliou Genethlion). An dem gleichen 25. Dezember (nach ägyptischer Zeitrechnung der 29. Chojak, der Tag der Kykellia, der Riten der Isis) wurde in Ägypten die Geburt des Gottes Horus durch die Göttin Isis gefeiert.
So hat der Einfluß der Volksreligionen nicht nur das Christentum im Osten geformt. Wie schon betont, ist der Einfluß des Ostens gerade im byzantinischen Christentum am stärksten gewesen. Das östliche Christentum hat viel stärker als das des Westens Formen der alten orientalischen Sonnenreligionen und Göttermutterkulte übernommen.
Man hat aber nicht nur den Geburtstag des christlichen Weltheilandes auf den schon immer mit zahlreichen Festen begangenen Tag der Geburt des großen Sonnengottes verlegt, sondern auch Christus im Bild mit dem orientalischen Sonnengott verbunden; das hat bis auf die Gegenwart die Darstellung Christi und seiner Apostel bestimmt. So stellte man Christus jetzt mit der Sonnenscheibe dar. Auf einigen Bildern steht er sogar auf dem Sonnenwagen. Die Sonnenscheibe wurde in der Gestalt des Nimbus ein fester Bestandteil der christlichen Ikonographie. Der Nimbus umrahmt den Kopf des Dargestellten als kreisrunde Scheibe. Diese Sonnenscheibe, das Symbol des Sonnengottes, hatte nicht nur das Christentum, sondern auch schon vorher der römische Kaiserkult übernommen. Auch hier erfolgte die Verbindung zugleich mit der Übernahme von Gebräuchen des Sonnenkultes. So feierte man noch im 11. und 12. Jahrhundert am 25. Dezember die Prokypsis, ein Fest, bei dem der Kaiser im Rahmen einer Pantomime die Gestalt des Sonnengottes annahm. Zu dieser Übertragung der Verehrung des Sonnengottes auf den Kaiserkult gehörte es, daß Konstantin sich und seine Familienangehörigen mit der Sonnenscheibe, dem Nimbus, abbilden ließ. Auf den jüngst aufgedeckten Fresken im Trierer Dom tragen auch die Mitglieder des Kaiserhauses den Nimbus. Der römische Kaiser tat mit der Übernahme des Sonnenkultes in den Herrscherkult das gleiche wie die sassanidischen Könige. Auch sie ließen sich mit der Sonnenscheibe darstellen. Auf den großen Felsbildern und auf einem Teil der persischen Silberschalen trägt der sassanidische König den Nimbus, die Sonnenscheibe. Die damit zum Ausdruck kommende Verkörperung des Sonnengottes durch den Herrscher war erst eine Folge des Hellenismus. Die alten achämenidischen Könige der Perser ließen sich ähnlich wie auch die ägyptischen Pharaonen nur bei der Annbetung des Sonnengottes abbilden.
Mit der vom Hellenismus übernommenen Verbindung von Herrscher- und Gotteskult kam es im Christentum auch zur Schaffung einer eigenen Ära. Wie die Seleukiden und die römischen Kaiser sich einer solchen Ära bedienten, so folgte darin das Christentum auch dem Herrscherkult und hat sich, ähnlich wie im iranischen Bereich die Bewegung der Manichäer, eine eigene Ära geschaffen. Auch die Gestalt der griechischen Göttin Nike wird vom Christentum und dem Buddhismus aus dem Bereich des hellenistischen Herrscherkultes übernommen. Ähnlich wie auf den Bildern den römischen Kaiser und den persischen König Wesen in Gestalt der griechischen Siegesgöttin begleiten, gehören die gleichen Gestalten auf den sakralen Bildern der Buddhisten und Christen zur Begleitung der beiden Religionsstifter. Die Gestalt der griechischen Göttin Nike wird auf die christlichen Engel übertragen.
[...]

Daß der Nimbus eigentlich ein Symbol des Sonnengottes ist, war mir unbekannt - so naheliegend es ist, wenn man es einmal hört.
Re: Der Einfluß des Heidentums auf das Christentum
Ὑληβάτης schrieb am 06.11.2009 um 14:25 Uhr (Zitieren)
Die Engel sind von Nike abgeleitet?
Ich dachte immer, dass auch Eros Flügel gehabt hätte. Sie Seelen nach griechischem Verständnis doch auch - aber Schmetterlingsflügel.
Oder?
Re: Der Einfluß des Heidentums auf das Christentum
Γραικίσκος schrieb am 06.11.2009 um 14:30 Uhr (Zitieren)
Die Engel(gestalt) von Nike, ja. Das paßt doch auch besser als der Eros.
Re: Der Einfluß des Heidentums auf das Christentum
Ὑληβάτης schrieb am 06.11.2009 um 14:43 Uhr (Zitieren)
Hmm.
Hermes, der Angelos, hatte auch Flügel, aber nicht auf den Rücken geschnallt.
Re: Der Einfluß des Heidentums auf das Christentum
Γραικίσκος schrieb am 06.11.2009 um 14:54 Uhr (Zitieren)
Denk' an die Nike von Samothrake (Paris, Louvre). Das ist doch die Gestalt eines Engels.
Re: Der Einfluß des Heidentums auf das Christentum
Γραικίσκος schrieb am 06.11.2009 um 15:01 Uhr (Zitieren)
Und was würde auch besser zu Michael passen und seinem triumphal-drohenden "Wer ist wie Gott?"?
Re: Der Einfluß des Heidentums auf das Christentum
Ὑληβάτης schrieb am 06.11.2009 um 15:01 Uhr (Zitieren)
Ja. Aber ich hätte nicht gedacht, dass Nike so wichtig war.
Re: Der Einfluß des Heidentums auf das Christentum
Φυσικός schrieb am 06.11.2009 um 17:44 Uhr (Zitieren)
Im Neuen Testament gibt es keine Stilisierung von Maria&Jesus als Mutter&Kind; insofern war eine Übernahme dieser Darstellungs- und Denkart aus dem Heidentum immer schon naheliegend.
 
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