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Seele und Körper (326 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 15.03.2021 um 15:27 Uhr (
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Es ist von mancherlei Bedeutung, in welchem Verhältnis die Seele zum Körper steht - z.B. für die Frage einer Fortexistenz der Seele nach dem Zerfall des Körpers oder das Problem psychosomatischer Erkrankungen.
Aristoteles vertritt dazu folgenden Standpunkt (De anima 404a 12-16):
[...]
Doch scheinen auch die Leidenschaften der Seele sämtlich im verein mit einem Körper zu existieren [τὰ τῆς ψυχῆς πάθη πάτνα εἶναι μετὰ σώματος]: Eifer, Milde, Furcht, Erbarmen, Zuversicht, ferner Freude und das Lieben und das Hassen. Denn gleichzeitig mit ihnen erleidet der Körper etwas.
Illustrative Beispiele aber sind, dass manchmal, obwohl starke und klare Widerfahrnisse [παθήματα] eintreten, keine Aufgebrachtheit oder Furcht erregt wird, man hingegen manch-mal von kleinen und schwachen bewegt wird, wenn der Körper in Wallung ist und sich so verhält, wie wenn man zornig ist. Noch mehr aber ist dies augenscheinlich: dass man nämlich, obwohl nichts Furchterregendes vorfällt, in die Zustände dessen gerät, der sich fürchtet.
Wenn es sich aber so verhält, dann sind die Zustände <der Seele> offenbar in Materie befindliche Begriffe [δῆλον ὅτι τὰ πάθη λόγοι ἔνυλοί εἰσιν]. Von daher sind ihre Definitionen [οἱ ὅροι] offenbar von der Art wie z.B. „Zornigsein ist eine bestimmte Bewegung von einem derartigen Körper oder Teil oder Vermögen aus dieser Ursache um dessentwillen“.
Und deswegen ist es schon einen Aufgabe des Naturwissenschaftlers [φυσικός], Theorie der Seele zu treiben, sei es von ihr insgesamt oder von Seele solcher Beschaffenheit [ἢ πάσης ἢ τῆς τοιαύτης].
[...]
(Aristoteles: De anima – Über die Seele. Hrsg. von Thomas Buchheim. Darmstadt 2016, S. 56-59)