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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter (1071 Aufrufe)
John schrieb am 13.11.2009 um 14:44 Uhr (Zitieren)
Eine genauso interessante wie lustige Etymologie, die bis 1912 ungeklärt war, ist die des Wortes "Gas".
Johan Baptista van Helmont aus Brüssel schrieb 1652:
halitum illum Gas vocavi, non longe a Chao [sc. χάος] veterum secretum

Er sprach dieses Wort [xa:s] aus, also recht nahe am Griechischen. Beim Publikwerden dieses Wortes scheint man dann später die Aussprache [ga:s] verwendet zu haben.
Damit war zwar die Etymologie von "Gas" geklärt, zu χάος gibt es allerdings nur vage Vermutungen, es müsse zu χάσκω oder χαίνω (sich öffnen) gehören.

Dabei ist es doch so wie mit dem Gottesbeweis von Thomas von Aquin - die Frage nach der Erstursache, dem Weltlenker, der also selbst ohne Ursache sein muss. Immer weiter zurück zu fragen hört wohl entweder mit der These "Gott" oder mit einer unendlichen Evolutionskette auf.
Wenn man mathematische Grundsätze anwendet, gewinnt die Evolution, denn jede Zahl hat einen natürlichen Vorgänger. Legt man logische Grundsätze an, wird man nicht um eine Erstursache herum kommen, oder?
Re: van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter
Γραικίσκος schrieb am 13.11.2009 um 14:52 Uhr (Zitieren)
Legt man logische Grundsätze an, wird man nicht um eine Erstursache herum kommen, oder?

Das denke ich nicht, denn das Kausalgesetz ("Jedes Ereignis ist Wirkung einer Ursache.") erlaubt es nicht, bei irgendeinem Ereignis anzufangen buw. - rückwärts gesehen - dabei aufzuhören. Jedes Ereignis ...
Allerdings hat die moderne Physik da ein Modell entwickelt, demzufolge das Raum-Zeit-Kontinuum mit dem Urknall beginnt und die Frage "Was war woher?" deswegen obsolet ist.
Denn 'Schöpfung' bedeutet doch wohl die Annahme, daß vor dem Beginn des Kosmos ein göttlicher Akt erfolgt ist. Hier wird aber anscheinend der Begriff 'vorher' unangemessen.
Re: van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter
John schrieb am 13.11.2009 um 14:57 Uhr (Zitieren)
Also doch eine Erstursache, nämlich der Urknall.
Re: van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter
Γραικίσκος schrieb am 13.11.2009 um 15:08 Uhr (Zitieren)
Ja - gemäß diesem Modell. Nur nicht Gott (als Schöpfer), für den ja kein Platz mehr zu sein scheint.
Das Kausalgesetz hat ja bereits durch die Quantenphysik einige Schrammen abbekommen. Und natürlich geht es auch am Anfang des Kosmos um Quantenzustände.
Re: van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter
John schrieb am 13.11.2009 um 15:57 Uhr (Zitieren)
Das erste Problem ist, dass wir durch ein Kausalgesetz ja überhaupt erst dazu kommen, vom Urknall auszugehen. Wenn sich das Universum ausbreitet, muss es anfangs viel kleiner gewesen sein. (q.e.d.)
Das zweite Problem ist, dass wir von einer zeitlosen und unvorstellbaren geringen Masse sprechen müssen, weil Zeit ja auch erst entstanden ist.
Diese beiden Sätze verweisen aber auf die Kategorien unseres Denkens an sich. Wenn wir nämlich darauf angewiesen sind, durch empirische Beobachtungen Rückschlüsse zulassen zu müssen, ist unser Horizont erreicht. Wir können also nur nach neuen Möglichkeiten suchen, zu denken. So wie Nietzsche die Moral aus dem Denkprozess genommen hat, müssen heute Zeit- und Raumbegriff isoliert werden. Das könnte noch gehen. Aber wenn man die Kausalität aus dem Denkvorgang streicht, wird man an seine Grenzen stoßen und/oder umdenken müssen.
Heidegger hat im Zusammenhang mit dem Denken einmal gesagt:
Darum gehört zum Anwesen nicht nur Unverborgenheit, sondern Gegenwart. Diese, im Anwesen waltende Gegenwart ist ein Charakter der Zeit. Deren Wesen lässt sich aber durch den überlieferten Zeitbegriff niemals fassen. [...]
Die Wesensherkunft des Seins des Seienden ist ungedacht. Das eigentlich zu Denkende bleibt vorenthalten. [...] Deswegen ist unser Denken noch nicht eigens in sein Element gelangt.
Re: van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter
Γραικίσκος schrieb am 14.11.2009 um 13:50 Uhr (Zitieren)
wird man an seine Grenzen stoßen und/oder umdenken müssen

Genau dazu zwingt uns die Quantenmechanik, und zwar auf eine radikale Weise.
Interessanterweise hat die Forschung dazu zwei Modelle zur Verfügung gestellt:
1. die Kopenhagener Deutung (Niels Bohr), welche Quantenvorgänge als abhängig von ihrer Beobachtung auffaßt und zudem den vom Kausalgesetz geforderten Determinismus aufgibt;
2. die Vielwelten-Deutung (Brian DeWitt & Hugh Everett), welche auf die Beobachtungsabhängigkeit verzichten kann und auch den Determinismus in Geltung läßt, dafür aber die Existenz einer Vielzahl von Universen (Multiversum) erfordert. Diesem Modell zufolge ist alles, was quantenphysikalisch möglich ist, auch [/i]wirklich[/i], aber in einem jeweils anderen Universum. Beobachtungen (Experimente) stellen lediglich fest, in welchem Universum wir uns befinden.

Soweit ich informiert bin, hängen 90 % der Physiker überhaupt dem Modell (1) an, hingegen 90 % der Kosmologen (Physiker, welche sich mit der Entstehung des Universums befassen) dem Modell (2) - dies dehalb, weil (1) keine Aussagen darüber machen kann, wer bei der Entstehung des Universums der Beobachter gewesen sein soll.

Und jetzt betätige ich mich mal als Prophet, John, indem ich eine Vermutung darüber aufstelle, welches der beiden Modelle Dir prima facie mehr zusagt.
Re: van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter
Γραικίσκος schrieb am 14.11.2009 um 13:57 Uhr (Zitieren)
Schonmal von "Schrödingers Katze" gehört? Dieses Gedankenexperiment veranschaulicht die Kopenhagener Deutung sehr schön: Vor der Beobachtung ist die Katze in der Kiste weder lebendig noch tot, sondern befindet sich in einem Möglichkeitszustand. Erst durch die Beobachtung entscheidet sich die Realität.

Ein normaler Mensch würde ja sagen: Sie ist vor der Beobachtung entweder lebendig oder tot, wir wissen es nur noch nicht.
Genau von dieser Perspektive nimmt die Kopenhagener Deutung Abstand. Die Vielwelten-Deutung behält sie bei, aber um den Preis der Annahme eines Multiversums, was ja auch nicht dem 'gesunden Menschenverstand' entspricht.
Zu diesem gibt es seit der Quantenmechanik keinen Weg zurück.
Re: van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter
Γραικίσκος schrieb am 14.11.2009 um 13:58 Uhr (Zitieren)
Erst durch die Beobachtung entscheidet sich die Realität.

Dieser Vorgang wird 'Kollaps der Wellenfunktion' genannt.
Re: van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter
Γραικίσκος schrieb am 14.11.2009 um 14:05 Uhr (Zitieren)
Experimentell ist zwischen diesen beiden Modellen bislang nicht zu entscheiden, d.h. sie führen zu den selben experimentellen Vorhersagen.

Ich habe mal gelesen, daß Physiker ein Experiment entwickeln wollen, das zwischen diesen beiden Modellen entscheiden kann, d.h. das so oder so ausfällt, je nachdem, welches von ihnen richtig ist.
Das wäre eine wissenschaftliche Sensation ersten Ranges!

Bis dahin gilt: Beide Modelle stimmen mit den experimentellen Befunden (Doppelspalt-Experiment usw.) überein. Mit dem gesunden Menschenverstand stimmen sie nicht überein.
Re: van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter
ανδρέας schrieb am 14.11.2009 um 14:25 Uhr (Zitieren)

Im Grunde sind wir nicht weiter, als zur Zeit des Höhlengleichnisses von Πλάτων:

Wir sehen nur die Schatten und sind in unserer Beobachtung gefesselt. Wir vermuten, dass 80 % der Materie "dunkle Materie" ist und wissen nicht vollständig, nach welchen Gesetzmäßigkeiten das Universum funktioniert. Daher meinen viele , einer müsse die Zündschnur für den Urknall ja angesteckt haben. Vielleicht sind wir einfach Teil einer so gigantischen Versuchsanordnung, dass wir uns zu wichtig nehmen und meinen, der kleine Abschnitt, den wir erkennen können, lasse auf das Ganze schließen. Ein Lebewesen, das an einem "schwarzen Raucher" lebt, kann sich außer der Chemosynthese sicher nicht vorstellen, dass es auch Pflanzen gibt, die Photosynthese betreiben. Es ist nicht von dieser Welt und lebt doch auf ihr.

Wir kennen die Ursachen nicht. Daher kann man auch nicht annehmen, dass es keine gibt, nur weil wir sie noch nicht gefunden haben.
Re: van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter
Γραικίσκος schrieb am 14.11.2009 um 14:34 Uhr (Zitieren)
Das
Daher kann man auch nicht annehmen, dass es keine gibt, nur weil wir sie noch nicht gefunden haben.

wäre natürlich naiv. Aber der Kausalbegriff wackelt ganz unabhängig davon, z.B. wenn räumlich auseinanderliegende Teilchenpaare zeitgleich und über Distanz ihren Ladungszustand ändern.

Übrigens: "dunkle Materie" war gestern, heute ist "dunkle Energie" das Rätsel. Nein, das "war gestern" ist übertrieben: Die Rätsel der dunklen Materie sind keineswegs gelöst, aber die Rätsel der dunklen Energie sind noch rätselhafter, z.B. scheint sie mit der Entfernung zu wachsen.

Von Platon unterscheidet die heutige Physik vor allem der hohe Grad ihrer Mathematisierung.
Re: van Helmont, das Gas, Thomas von Aquin und so weiter
ανδρέας schrieb am 14.11.2009 um 14:57 Uhr (Zitieren)

>>> z.B. wenn räumlich auseinanderliegende Teilchenpaare zeitgleich und über Distanz ihren Ladungszustand ändern. <<<

Alles eine Frage der Dimension. Ein Teil eines nicht magnetisierten Eisenstabes richtet sich durch Einwirkung eines Magneten parallel mit anderen Teilen magnetisch aus. Von Außen betrachtet wäre dies nicht überraschend, aber aus Sicht eines Kleinstlebewesens IN dem Metallstab, der dies beobachtet, schon. Er würde sich fragen, wieso diese fast unendlich weit auseinanderliegenden Teile plötzlich die gleiche magnetische Ausrichtung haben. Das Rätsel entsteht nur wegen des Standortes, den dieses Lebewesen nicht verändern kann.

 
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