α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ ς σ τ υ φ χ ψ ω Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ C Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω Ἷ Schließen Bewegen ?
Altgriechisch Wörterbuch - Forum
XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau (1003 Aufrufe)
kornelia schrieb am 18.11.2009 um 11:37 Uhr (Zitieren)
Friedrich Nietzsche "Menschliches, Allzumenschliches I
Ein Buch für freie Geister, (1887)
433.

"Xanthippe. — Sokrates fand eine Frau, wie er sie brauchte, — aber auch er hätte sie nicht gesucht, falls er sie gut genug gekannt hätte: so weit wäre auch der Heroismus dieses freien Geistes nicht gegangen. Tatsächlich trieb ihn Xanthippe in seinen eigentümlichen Beruf immer mehr hinein, indem sie ihm Haus und Heim unhäuslich und unheimlich machte: sie lehrte ihn, auf den Gassen und überall dort zu leben, wo man schwätzen und müssig sein konnte und bildete ihn damit zum größten athenischen Gassen-Dialektiker aus: ..."

Soweit, so herrlich!
Aber darauf folgt noch eine Aussage, die ich dämlicher Weise nicht verstehe:

"...der sich zuletzt selber mit einer zudringlichen Bremse vergleichen musste, welche dem schönen Pferde Athen von einem Gotte auf den Nacken gesetzt sei, um es nicht zur Ruhe kommen zu lassen."

Was meinte Nitzsche damit?
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
John schrieb am 18.11.2009 um 15:32 Uhr (Zitieren)
Ni(e)tzsche war kein großer Fan von Sokrates. Dieser, wie du zitierst, Gassendialektiker hat nach Nietzsche die Kunst zerstört, daher auch der zweideutige Titel: Sokrates und die Tragödie. Aus diesem Werk stammen Sätze wie:
Das Verderben nahm seinen Ausgangspunkt vom Dialog.

(Sokrates ist der Vater der Dialektik)

oder

Jedermann kennt die sokratischen Sätze „Tugend ist Wissen: es wird nur gesündigt aus Unwissenheit. Der Tugendhafte ist der Glückliche.“ In diesen drei Grundformen des Optimismus ruht der Tod der pessimistischen Tragödie.


Ich denke, Nietzsche macht sich hier - ganz im Sinne Schopenhauers (nur, dass der keinen Humor hatte) - über Xanthippe und vor allem über Sokrates lustig. Hinter jedem griechischen Mann steht eine Frau, aber falls er sie nur gut genug gekannt hätte, hätte er sie nicht gesucht...
Den letzten Satz verstehe ich ebenso im Sinne des Sterbens der Tragödie. Durch sein optimistisches Denken macht Sokrates das Pessimistische der Tragödie zunichte und lässt das schöne Pferd Athen damit nicht zur Ruhe kommen. Er bremst die Kunst durch den Verstand aus.
Aber dazu kann Γραικίσκος sicher ausführlicher sprechen bzw. mich korrigieren.
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
Γραικίσκος schrieb am 18.11.2009 um 15:58 Uhr (Zitieren)
Nur kurz (wenig Zeit heute):
1. Ja, Nietzsche war ein scharfer Sokrates-Kritiker, der dessen Intellektualismus ablehnte.
2. Es gibt drei Typen von Philosophen: a. die Stechfliege (hier: Bremse), b. der Begriffsasket [der die Sprache analysiert und korrigiert], c. der Moralist.
Die Funktion der Stechfliege besteht darin, in den Menschen eine Unruhe, ein Fragen an das scheinbar Selbstverständliche, einen Zweifel an allem Glauben zu erzeugen. Das Alte wird erschüttert, um etwas Neues zu inaugurieren.

Schon oft habe ich mich gefragt, welche Sorte von Philosoph 1. Nietzsche ist [ich denke: eine Stechfliege], 2. ich selber bin.
Aber 2 können andere sicher besser, 'objektiver' beantworten.
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
John schrieb am 18.11.2009 um 16:10 Uhr (Zitieren)
Zum Verhältnis von deutscher und griechischer Philosophie:

http://www.youtube.com/watch?v=ur5fGSBsfq8&feature=rec-LGOUT-exp_fresh+div-HM
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
kornelia schrieb am 18.11.2009 um 16:16 Uhr (Zitieren)
@John
Danke, dass du mich auf eine Spur gebracht hast! Alleine wäre ich darauf wohl nicht so schnell gekommen.
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
andreas schrieb am 18.11.2009 um 16:19 Uhr (Zitieren)
Nitzsche (geb. 1844) lebte von 1850 bis 1856 , also von seinem 6 bis 12 Lebensjahr in einem reinen Frauenhaushalt: mit Mutter, Schwester, Großmutter, zwei unverheirateten Tanten und dem Dienstmädchen !!

Ich glaube, da entwickelt mancher ein gestörtes Verhältnis zu Frauen. Hoffnungslos in der Unterzahl und chancenlos mag er vom Übermenschen geträumt haben, als Kind war er nur ein armes Würstchen.
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
Γραικίσκος schrieb am 18.11.2009 um 16:23 Uhr (Zitieren)
Die Idee vom Übermenschen taucht erst sehr spät in Nietzsches Werk auf und meint (ganz kurz), daß der Mensch über sich - über das, was er jetzt ist - hinauswachsen solle. Was ja an sich noch keine schlechte Idee ist.
Daß Nietzsche ein schiefes Verhältnis zu Frauen hatt, nehme auch ich an.
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
Γραικίσκος schrieb am 18.11.2009 um 19:51 Uhr (Zitieren)
Steht es vielleicht so, daß die weitaus meisten Philosophen ein 'schiefes Verhältnis' zu Frauen haben? (Bei den berühmten Philosophen fallen mir extrem wenige Gegenbeispiele ein. Fr. W. J. Schelling? Obwohl seine Heirat mit einer zweimal geschiedenen Frau im Anfang des 19. Jhdts. ein Skandal war, war die Ehe anscheinend doch glücklich.) Falls ja, woran mag das liegen?
Sind Philosophen zu rational?
"Hinter jedem großen Mann steht eine Frau" kann man jedenfalls, was die Philosophen angeht, nicht in dem Sinne behaupten, daß da eine Frau ist, die den 'großen Mann' (oje!) unterstützt.
Das, was ich hier schreibe, habe ich mir noch nie so bewußt gemacht; aber mir fallen wirklich sehr wenige Gegenbeispiele - Philosophen mit glücklicher Ehe - ein.
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
ανδρέας schrieb am 18.11.2009 um 20:40 Uhr (Zitieren)
Simone de Beauvoir
und Sartre waren nicht offiziell verheiratet, aber ...

Hannah Arendt und M. Heidegger (der war verheiratet, aber nicht mit ihr)

Wittgenstein war wohl völlig asexuell ...

B. Russel heiratete Alys Pearsall Smith gegen den Willen der Familie !!!

Ich denke, es gibt für alle Formen der Beziehungen zu Frauen gute und schlechte Beispiele - wie im richtigen Leben.
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
Γραικίσκος schrieb am 18.11.2009 um 20:50 Uhr (Zitieren)
Simone de Beauvoir und Sartre waren sicher alles andere als ein normales Liebespaar. Vor allem Sartre hatte ständig anderweitige Beziehungen, zu denen Simone ihm oft noch verholfen hat.

Heidegger und Hannah Arendt: Das war eine Ehebruchsbeziehung.

Wittgenstein war homosexuell, ganz eindeutig. Als alternder Professor hat er noch eine Liebesbeziehung zu einem Studenten begonnen.

Bertrand Russell war fünfmal verheiratet.

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling hatte eine tiefe Liebesbeziehung zu seiner Ehefrau, deren dritter Mann er allerdings war. Obendrein ist die Frau nach kurzer Ehe gestorben. Er hat danach für sie ein Buch ("Clara") geschrieben.

Kant war anscheinend asexuell.
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
Γραικίσκος schrieb am 18.11.2009 um 21:00 Uhr (Zitieren)
Das Beispiel für eine 'normale' Philosophenehe steht noch aus ...
Oder nehmen wir Hegel? Der war verheiratet und hatte ein Verhältnis zum Dienstmädchen der Familie.
Den unehelichen Sohn hat er in eine Kolonie befördert.
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
ανδρέας schrieb am 18.11.2009 um 21:00 Uhr (Zitieren)

Also, Γραικίσκος, ich kann nur immer wieder bewundern, auf welche Fragen du kommst. Überr solche Dinge habe ich meist noch nicht nachgedacht.

Vielleicht sind Philosophen ja einfach was Besonderes.

Mir fallen zuzeit keine klassisch -christlich -verliebten -ungeschiedenen - skandalfreien - standardorientierten Philosophen ein.

Aber ich suche noch!

;-)
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
John schrieb am 18.11.2009 um 21:41 Uhr (Zitieren)
Peter Sloterdijk ist zum dritten mal verheiratet - eigenen Angaben zufolge ca. 15 Jahre...

Interviewsituation:
Frage: Und wie ist es mit der Liebe?


Antwort: Das ist so eine Sache. Das Ding, das man damit bezeichnet, ist näher betrachtet ja eigentlich nichts anderes als eine langanhaltende Kampfbereitschaft im Hinblick auf denselben Gegner.
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
ανδρέας schrieb am 18.11.2009 um 21:48 Uhr (Zitieren)

Ganz schön zynisch !

Sind Zyniker frustrierte Idealisten, die das, was sie einmal anbeteten aus Enttäuschung negieren?

Wahrscheinlich trauen sich die, deren Ehe funktioniert gar nicht mehr, das zuzugeben ...
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
Γραικίσκος schrieb am 18.11.2009 um 21:55 Uhr (Zitieren)
Ambrose Bierce:
Zyniker, der – Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung Dinge sieht, wie sie sind, statt wie sie sein sollten. Hierher rührt die skythische Gepflogenheit, eines Zynikers Augen auszureißen, um seine Wahrnehmung zu verbessern.
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
John schrieb am 18.11.2009 um 21:56 Uhr (Zitieren)
Ich finde das ganz und gar nicht zynisch. Bei Sloterdijk schwingt zwar immer ein bisschen Ironie mit. Meine heimliche Vermutung ist sogar, dass er sich als eine Art reinkarnierten Nietzsche versteht, der sich den ironischen Leser wünschte. Was wird Γραικίσκος dazu wohl sagen?
Sei's drum: Funktioniert so nicht jede Beziehung, die länger als 2 Jahre hält?
Re: XXANTHIPPE - Hinter jedem gr. Mann steht eine Frau
ανδρέας schrieb am 18.11.2009 um 22:01 Uhr (Zitieren)

Meine Frau sagte zu mir vor einigen Jahren:
"DICH heirate ich nie wieder!"

Im Sommer hatten wir 20. sten Hochzeitstag ...
 
Antwort
Titel:
Name:
E-Mail:
Eintrag:
Spamschutz - klicken Sie auf folgendes Bild: Gebirge

Aktivieren Sie JavaScript, falls Sie kein Bild auswählen können.