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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Ein Tyrann putscht sich an die Macht #1 (476 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 05.06.2021 um 16:03 Uhr (Zitieren)
Polyainos (Strategika V 1) über Phalaris von Agrigent:
Die Bewohner von Agrigent wollten dem Zeus Polieus für 200 Talente auf der Burg einen Tempel bauen, weil dieser felsig und sehr fest war und weil man es als heilig ansah, dem Gott seinen Sitz am höchsten Ort zuzuweisen.

Phalaris, ein Pächter der Staatseinkünfte [τοῦ ἔργου ἐπιστάτης], bot an, den Bau zu übernehmen, die besten Handwerker anzustellen, das Material günstig zu liefern und für die Bausumme eine sichere Bürgschaft zu leisten. Das Volk vertraute ihm den Bau an, weil es bei ihm als einem Pächter in derartigen Dingen Erfahrung voraussetzte. Er erhielt nun die öffentlichen Gelder, nahm viele Fremde in Dienst, kaufte viele Kriegsgefangene (als Sklaven) und ließ eine Menge Materialien, Steine, Holz und Eisen auf die Burg hinaufschaffen.

Als schon das Fundament gegraben wurde, schickte er einen seiner Leute in die Stadt und ließ bekannt machen: „Wer diejenigen anzeigt, die auf der Burg Steine und Eisen gestohlen hätten, soll so und so viel Geld erhalten [ὃς ἂν μηνύσῃ τοὺς κλέψαντας τοῦ ἐν τῇ ἄκρᾳ λίθου καὶ σιδήρου, λήψεται ἀργύριον τόσον].“ Das Volk war darüber entrüstet, dass angeblich Baumaterialien gestohlen worden waren. „Nun“, sagte Phalaris, „erlaubt mir, die Akropolis zu befestigen [οὐκοῦν, ἔφη, συγχωρήσατέ μοι περιφράξαι τὴν ἀκρόπολιν].“

Das Volk bewilligte ihm, sie mit einer Mauer zu umgeben und ringsum einen Wall aufzuwerfen. Er aber ließ die Gefangenen frei, bewaffnete sie mit Steinen, Beilen und Äxten, überfiel das Volk während der Thesmophorien, tötete die meisten Männer, brachte die Frauen und Kinder in seine Gewalt und wurde Tyrann von Agrigent.
Re: Ein Tyrann putscht sich an die Macht #1
Peter schrieb am 06.06.2021 um 11:30 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικύλος am 5.6.21, 16:03ein Pächter der Staatseinkünfte [τοῦ ἔργου ἐπιστάτης]

Die Übersetzung (oder eher Sacherläuterung) müsste zu τελώνης gehören. Man hätte auch kürzer Steuerpächter oder Zöllner schreiben können.
Re: Ein Tyrann putscht sich an die Macht #1
Peter schrieb am 06.06.2021 um 11:32 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικύλος am 5.6.21, 16:03weil dieser felsig und sehr fest war

Das bezieht sich doch auf die Burg, oder?
Re: Ein Tyrann putscht sich an die Macht #1
Γραικύλος schrieb am 06.06.2021 um 11:46 Uhr (Zitieren)
Ich verstehe das Problem. Eine Burg wurde der Berg ja erst später. Im griechischen Text ist von ἄκρη die Rede, was beides bedeuten kann: die Bergspitze und die darauf stehende Burg (vgl. Akropolis).

Daß Brodersen erst "Burg" übersetzt und dann maskulin mit "dieser" fortfährt, kann man als suboptimal ansehen.
Re: Ein Tyrann putscht sich an die Macht #1
Peter schrieb am 06.06.2021 um 12:08 Uhr (Zitieren)
Der Hinweis galt dem falschen Bezug des Relativums in der Übersetzung. Wer mag, kann übrigens einmal die Übersetzung von Carl Fuchs* neben Brodersons halten und beurteilen, was es bedeutet, wenn er schreibt, dass für seine Ausgabe "ältere Übersetzungen dankbar verglichen wurden" (S. 20).

* https://books.google.de/books?id=autPAAAAcAAJ&pg=PA230
Re: Ein Tyrann putscht sich an die Macht #1
Γραικύλος schrieb am 06.06.2021 um 13:37 Uhr (Zitieren)
Brodersen (nicht: Broderson) macht hier also zwei Fehler:
1. Die Burg ist zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht errichtet, daher müßte er "Berg(gipfel)" übersetzen.
2. Das "dieser" paßt nur zu dem Nomen, das da stehen müßte, aber nicht steht.
Re: Ein Tyrann putscht sich an die Macht #1
Peter schrieb am 06.06.2021 um 16:45 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικύλος am 6.6.21, 13:371. Die Burg ist zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht errichtet, daher müßte er "Berg(gipfel)" übersetzen.

Da einen Fehler zu sehen, wäre ich zurückhaltend. Bei einer von einer Stadtmauer umgebenen Stadt wie Akragas war die Burg selbst nicht unbedingt noch einmal befestigt.
Re: Ein Tyrann putscht sich an die Macht #1
Γραικύλος schrieb am 06.06.2021 um 17:00 Uhr (Zitieren)
Das Volk bewilligte ihm, sie [sc. die Akropolis] mit einer Mauer zu umgeben und ringsum einen Wall aufzuwerfen.

Das meine ich, das kommt ja doch später.
Re: Ein Tyrann putscht sich an die Macht #1
Peter schrieb am 06.06.2021 um 18:03 Uhr (Zitieren)
Ja, aber dass die Akropolis (innerhalb der Stadt) mit einer eigenen Befestigung versehen wird, heißt doch nicht, dass es vorher keine Akropolis gegeben habe.
Re: Ein Tyrann putscht sich an die Macht #1
Γραικύλος schrieb am 06.06.2021 um 18:13 Uhr (Zitieren)
Den Berg hat es gewiß schon vorher gegeben, möglicherweise auch irgendwelche Bauten auf ihm, die man Akropolis nennen konnte.
Diese Bauten bereits vor der Anlegung einer Befestigung "Burg" zu nennen, wie es Brodersen in seiner Übersetzung tut, das ist es, was ich für falsch halte.
Ich vermute, sein "dieser" zeigt an, daß er selbst an der Stelle "Berg" im Kopf hatte. Oder wie erklärst Du Dir dieses grammatische Versehen?
Re: Ein Tyrann putscht sich an die Macht #1
Peter schrieb am 06.06.2021 um 20:11 Uhr (Zitieren)
Zitat von Γραικύλος am 6.6.21, 18:13Diese Bauten bereits vor der Anlegung einer Befestigung "Burg" zu nennen, wie es Brodersen in seiner Übersetzung tut, das ist es, was ich für falsch halte.

Es mag hier, wie andernorts, so abgelaufen sein, dass zunächst eine befestigte Akropolis als Kern der Siedlung existierte. Als die Stadtanlage mit einer Stadtmauer umgeben wurde, hat man die Akropolis entfestigt, eben um zu verhindern, dass einzelne Aristokraten sich von dort aus der Stadt bemächtigen konnten.* Jedenfalls errichtet ja auch Phalaris (dieser Legende zufolge) die möglicherweise zweite Burgbefestigung unter einem Vorwand.

Notwendig waren darüber hinaus Einrichtungen für Be- und Entwässerung (Brunnen; Zisterne; Wasserversorgung) sowie zum Schutz gegen Übergriffe gegebenenfalls Fluchtburgen (ummauerte Akropolen); massive, das gesamte Siedlungsgebiet umfassende St.-Mauern (die neben ihrer fortifikatorischen Funktion schnell zum Symbol städtischer Autonomie wurden und in ihrer Anlage mit einer Entfestigung der Akropolen einhergingen, z. B. Athen) werden erst im späten 6. Jh. v. Chr. allmählich zur Regel (s. Befestigungswesen) (Christoph Höcker in DNP, s. v. Städtebau)
 
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