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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
μη μου απτου (1578 Aufrufe)
ανδρέας schrieb am 27.11.2009 um 21:30 Uhr (Zitieren)

Der Ausdruck „ μη μου απτου“ (Joh. 20,17) wird in der vulgata mit „noli me tangere“
übersetzt. Aber griechisch wäre es auch mit „ binde dich nicht an mich“ oder „hänge nicht an mir“ zu übersetzen (erst in 2.ter Linie „berühren“, „anfassen“).

Die lat. Fassung ist m.E. schon deshalb unklar, weil Jesus lt. Bibel später den „ungläubigen Thomas“ ja sogar dazu aufforderte, den Finger in seine Wunden zulegen, ihn also zu berühren, um die Wahrhaftigkeit seiner Wiederauferstehung zu beweisen.

Ist dies ein Beispiel für den Reibungsverlust und die inhaltliche Bedeutungsverschiebung bei Übersetzungen?

In einer älteren Fassung der vulgata fand ich das „noli me tangere“ (das gern im Lateinunterricht in einem schlüpfrigen Zusammenhang Verwendung fand).
In der Lutherbibel findet sich die Fassung „Rühre mich nicht an“ (Bibelportal der Deutschen Bibelgesellschaft):

http://www.bibel-online.net/buch/43.johannes/20.html#20,17

Dagegen wird in der nova vulgata „tenere“ verwendet: halten, belasten, fesseln, besetzt halten > sich hängen an. Dies passt jedenfalls besser zur griechischen Fassung:

“ Iam noli me tenere, nondum enim ascendi ad Patrem; vade autem ad fratres meos et dic eis: Ascendo ad Patrem meum et Patrem vestrum, et Deum meum et Deum vestrum ”. (Nova vulgata, SACROSANCTI OECUMENICI CONCILII VATICANI II ), aus

http://www.vatican.va/archive/bible/nova_vulgata/documents/nova-vulgata_nt_evang-ioannem_lt.html#20

Kurzum:
Hat Luther unglücklich übersetzt (bzw. Melanchthon)? Haben die Lutheraner richtig übersetzt oder die Katholiken? Das ist immerhin ein Kritikpunkt, da sich Evangelische strikt an die Bibel gebunden fühlen (sola scriptura).

Ich hoffe, keinen Glaubenskrieg auszulösen …
Re: μη μου απτου
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 27.11.2009 um 21:39 Uhr (Zitieren)
Vorsicht!
ἅπτου ist Imperativ 2.Pers des Mediums....
..und da ist auch "berühren" eine gängige Übersetzungsmöglichkeit....
Re: μη μου απτου
ανδρέας schrieb am 27.11.2009 um 21:43 Uhr (Zitieren)

Das fand ich auch so im Langenscheidt für Medium.

Allerdings findet sich dies bei den Katholiken anders übersetzt:

Siehe die Einheitsübersetzung der Katholischen Bibelanstalt:

http://alt.bibelwerk.de/bibel/

17 Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen.
Re: μη μου απτου
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 27.11.2009 um 21:48 Uhr (Zitieren)
Das gibt´s einiges an Übersetzungsmöglichkeiten:
GEMOLL:
sagt auch: Hand anlegen, nach etwas greifen....berühren, erfassen, haften, sich anhaften ....
Dann wird´s schwierig mit einer genauen Interpretation..
Re: μη μου απτου
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 27.11.2009 um 21:54 Uhr (Zitieren)
....ich denke, da müssen wir auf unseren Theologen John warten....;-)
Re: μη μου απτου
ανδρέας schrieb am 27.11.2009 um 21:58 Uhr (Zitieren)

Tja, dann würde sogar Dan Browns Version, dass Magdalena und Jesus ... naja, usw. gemacht hätten, zumindest interpretierbar. (nicht heute Nacht Josefine .. Napoleon). Aber dies würde zu weit führen.

Immerhin zeigt die Stelle mal wieder, dass es schwierig ist, in diverse Sprachen zu übersetzen.
Zumal diese Stelle eigentlich ganz unproblematisch ist.
Re: μη μου απτου
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 27.11.2009 um 22:01 Uhr (Zitieren)
Immerhin zeigt die Stelle mal wieder, dass es schwierig ist, in diverse Sprachen zu übersetzen.

Ja, ich glaube, das ist oft das Problem....Übertragung aus den anderen Sprachen....treffen wir wirklich immer die richtige Bedeutung?
Re: μη μου απτου
ανδρέας schrieb am 27.11.2009 um 22:11 Uhr (Zitieren)

Dies ist natürlich ein harmloses Beispiel und fast schon ein "Streit" um des Kaisers Bart.
Mich ärgert es allerdings, wenn selbsternannte Laienprediger (kenne das von USA-Reisen) ohne professionellen Hintergrund mit der Bibel (oder anderen Schriften) umherlaufen und Wahrheiten verkaufen, die sie aus Schriften herausgelesen haben wollen, deren Ursprung sie nicht nachvollziehen können. Da ist Sektierern Tür und Tor geöffnet und man landet schnell bei "heiligen" Kriegen .

Also: nichts genaues weiß man nicht ...
Re: μη μου απτου
Βοηθὸς Ἑλληνικός schrieb am 27.11.2009 um 22:14 Uhr (Zitieren)
Ich bin jetzt kein Bibelspezialist, aber die vielen Übersetzungen aus der ursprünglichen Version bergen immer wieder die Gefahr, der Weiterleitung eines Fehlers....so dass die ursprüngliche Bedeutung....irgendwo liegt....
Re: μη μου απτου
John schrieb am 27.11.2009 um 22:41 Uhr (Zitieren)
Oh, ein Bibeldiskussion.:)
Die Frage ist ja, warum Jesus nicht ... werden will bzw. darf. Er muss erst noch in den Himmel auffahren!
Kapitel 21 ist vermutlich sekundär und wenn das 4. Evangelium mit 20,17 abschließen würde, hätte es große Ähnlichkeit zum Markusevangelium, dessen Schluss ja ebenfalls sekundär sein muss. Das werde ich in der Uni mal ansprechen. Vielleicht hat ανδρέας, ohne es zu wissen, die Frage des Johannesschlusses geklärt.;)
In jedem Fall würde ich die Übersetzung "Halte mich nicht auf!" befürworten. Da geht man auf Nummer sicher.
Re: μη μου απτου
ανδρέας schrieb am 27.11.2009 um 22:52 Uhr (Zitieren)

Hallo John,

damit unterstützt du die katholische Übersetzung (ich bin da neutral).
>Mir scheint der Sinn auch darin zu liegen, das Jesus nicht aufgehalten werden will, weil sein Weg die irdische Sphäre verlässt.

Aber was ist die Frage des Johannesschlusses?
Re: μη μου απτου
John schrieb am 27.11.2009 um 22:54 Uhr (Zitieren)
Noch schnell etwas vorab:
Wenn man es nicht besser glaubte, würde man die Szene doch für eine Liebesgeschichte halten, oder? Ich nehme jetzt einmal die lat. Fassung, die viel schöner klingt:
Dicit ei Iesus: "Mulier, quid ploras? Quem quaeris?". Illa, existimans quia hortulanus esset, dicit ei:
"Domine, si tu sustulisti eum, dicito mihi, ubi posuisti eum, et ego eum tollam".
Dicit ei Iesus: "Maria! ". Conversa illa dicit ei Hebraice: "Rabbuni!"


Wieso eigentlich mulier und nicht femina?
Re: μη μου απτου
John schrieb am 27.11.2009 um 23:00 Uhr (Zitieren)
Die Frage des Johannesschlusses ist... die Frage, die man sich stellen muss, wenn man Textfunde macht, wie Du sie gemacht hast.:)
Es ist doch wirklich seltsam, dass Maria Magdalena ihn nicht berühren soll, Thomas dagegen schon. Vielleicht glaubt sie schon, er dagegen aber noch nicht...?
Das Markusevangelium endet - eigentlich - mit den Worten:
...denn sie fürchteten sich.
Dazu passen die vermeintlichen Schlussworte aus Joh 20,18:
Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt.
Re: μη μου απτου
ανδρέας schrieb am 27.11.2009 um 23:02 Uhr (Zitieren)

Mulier steht für Ehefrau - Normalerweise, die verheiratete Frau. (nicht zwingend auf Jesus bezogen - Dan Brown lässt grüßen).

Da das NT griechisch geschrieben wurde, müsste die Frage der Eigenschaft Magdalenas doch daraus herzuleiten sein - oder?
Re: μη μου απτου
ανδρέας schrieb am 27.11.2009 um 23:06 Uhr (Zitieren)
"Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen" (Offb 21, 4).

>>> siehe, ich mache alles neu ...

Hier, scheint mir, wird die "reset-Taste" gedrückt.
Alles auf Anfang. Oder ein Neubeginn.
Re: μη μου απτου
John schrieb am 27.11.2009 um 23:07 Uhr (Zitieren)
Ich lese gerade Umberto Eco und in seinem Buch "Die Grenzen der Interpretation" spricht er davon, dass ein Text theoretisch unendlich viele Interpretationen zulässt; dass es davon aber auch einige geben muss, die definitiv falsch sein müssen. Das passiert, wenn eine Stelle der Grundaussage einer anderen radikal widerspricht.
Man muss natürlich Fingerspitzengefühl aufbringen, aber berechtigte Fragen an den Text sind eben die einzige Beteiligung beim Lesevorgang.
Re: μη μου απτου
ανδρέας schrieb am 27.11.2009 um 23:15 Uhr (Zitieren)

Tja, bei normalen Texten wirft die Interpretationsmöglichkeit niemanden aus der Bahn. Aber Bibelleser suchen ja Antworten und fragen sich: wieso steht das da und was ist die (frohe) Botschaft?
Das Problem liegt wohl in der Redundanz der Sprache selbst.
Re: μη μου απτου
John schrieb am 27.11.2009 um 23:37 Uhr (Zitieren)
Für mich ist immer wieder beeindruckend, dass die Jünger selbst an Jesus gezweifelt haben. Was sollten sie der Welt erzählen nach seinem Tod? Dass ihr Herr das ewige Leben verheißt und jetzt selbst tot war?
Und während sie diskutieren und Angst haben, es könnte ihnen wie Jesus ergehen kommt er und sagt: Hier bin ich.
Daraus resultieren (erst) dann Aussagen wie:
Der Herr ist wahrhaft auferstanden!
(Lk 24,34)
Re: μη μου απτου
John schrieb am 27.11.2009 um 23:40 Uhr (Zitieren)
Maria wird im NT übrigens nicht - wie üblich - als "Frau des..." bezeichnet. Es könnte sein, dass sie unverheiratet ihrem Herrn nachfolgte. Als Vorbild für die Nonne sozusagen...
Re: μη μου απτου
ανδρέας schrieb am 27.11.2009 um 23:56 Uhr (Zitieren)

Marias Rolle ist interpretationswürdig. Aber nun muss ich meiner mit mir verheirateten Frau folgen ... als ihr Jünger, sozusagen.

Gute Nacht!
Re: μη μου απτου
John schrieb am 27.11.2009 um 23:57 Uhr (Zitieren)
Gute Nacht!:)
 
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