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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Es muß Dinge außer uns geben (358 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 30.08.2021 um 17:18 Uhr (Zitieren)
Zu einer Diskussion, die später in der Philosophiegeschichte, etwa seit Berkeley intensiv geführt worden ist, liefert Plotin (Enneades IV 6,1) einen interessanten Beitrag:
[...] In jedem Fall von Gesichtswahrnehmung steht es doch wohl außer Frage, daß wir, wenn wir von irgend einem Ding eine Wahrnehmung erhalten, dorthin blicken und die Sehkraft dorthin richten, wo der Gegenstand sich in gerader Linie vor uns befindet, weil dort natürlich seine Erfassung stattfindet, wobei die Seele nach außen blickt, weil eben, meine ich, keine Prägung in ihr stattgefunden hat wie im Wachs von einem Siegelring. Denn sie brauchte ja gar nicht mehr nach außen zu blicken, weil sie bereits ein Abbild des Gegenstandes in sich trüge, wenn sie durch dies Eindringen des Abdrucks sähe.

Wenn ferner die Seele zu dem Sehbild auch den Abstand angibt und eine Aussage darüber macht, aus welcher Entfernung das Sehen stattfindet: wie sollte sie etwas, das in ihr selbst befindlich ist und keinen Abstand von ihr hat, als entfernt sehen können? Die Größe ferner, die der Gegenstand dort draußen hat, wie sollte sie ihren Betrag angeben können, oder auch nur sagen können, daß er überhaupt groß ist, wie z.B. beim Himmel, wo doch ein in ihr befindlicher Abdruck von so großer Ausdehnung jedenfalls nicht sein kann?

Und was das Wichtigste von allem ist: wenn wir nur Ab-von den Dingen erfaßten, die wir sehen, dann könnten wir nicht die Dinge selber, die wir sehen, erblicken, sondern lediglich ihre Abbildungen und Schattenbilder; und dann wären die Dinge selber etwas ganz Anderes als das, was von uns gesehen wird [ὥστε ἄλλα μὲν εἶναι αὐτὰ τὰ πράγματα, ἄλλα δὲ τὰ ἡμῖν ὁρώμενα].

Wenn es übrigens heißt, man könne einen Gegenstand, den man unmittelbar auf den Augapfel legt, nicht sehen, sondern müsse erst einen gewissen Abstand nehmen, um zu sehen, so ist das erst recht auf die Seele zu übertragen. Denn wenn wir den Abdruck des Gegenstandes in sie hineinverlegen, so kann jedenfalls die Stelle, an der der Abdruck sitzt, kein Bild sehen; denn das Sehende und das Gesehener müssen zweierlei sein [δεῖ γὰρ [καὶ] δύο γενέσθαι τό τε καὶ τὸ ὁρώμενον].

Verschieden muß also sein, was den Abdruck als anderwärts befindlich und nicht dort, wo es selber ist, befindlich sieht. Folglich muß das Sehen nicht ein in ihm selbst Befindliches, sondern ein nicht in ihm selbst Befindliches zum Gegenstand haben, damit Sehen stattfinden kann [δεῖ ἄρα τὴν ὅρασιν οὐ κειμένου, ἀλλὰ μὴ κειμένου, ἵνα ἦ ὅρασις].
[...]

(Plotins Schriften. Hrsg. v. Richard Harder. VI Bde. Darmstadt 1967; Bd. IVa, S. 84-87)
 
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