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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Zur tragischen Tetralogie (403 Aufrufe)
Γραικύλος schrieb am 08.09.2021 um 15:58 Uhr (Zitieren)
Was der Neue Pauly über die Aufführungspraxis schreibt, deckt sich mit meinen Vorkenntnissen:
An den Dionysien waren nach der Aufführung von 20 Dithyramben (1. Tag) und 5 (bzw. 3) Komödien (2. Tag) die letzten drei Tage der Tragödie vorbehalten. Die Tragiker traten mit je einer Tetralogie gegeneinander an.

Dabei bestand eine Tetralogie aus einer tragischen Trilogie (wie sie in der "Orestie" des Aischylos erhalten ist) sowie einem Satyrspiel.

Im aus der Antike stammenden Αἰσχύλου βίος (13) lese ich nun:
Er lebte 68 Jahre, in denen er 70 Dramen verfaßte und dazu noch ungefähr 5 Satyrspiele. Siege erstritt er im ganzen 13; nicht wenige Siege aber trug er nach seinem Tode davon.

Wie kommt das zahlenmäßig hin? 70 kann man nicht durch 3 teilen; aber vielleicht hat er 33 Trilogien geschrieben und ist über der 34. gestorben. Doch die ungefähr 5 Satyrspiele passen ja überhaupt nicht in die angenommene Struktur.
Re: Zur tragischen Tetralogie
Bukolos schrieb am 08.09.2021 um 23:22 Uhr (Zitieren)
Bei den Lenäen wurden, glaube ich, keine Tetralogien aufgeführt. Anzunehmen wäre also, wollte man die Zahlen verteidigen, dass Aischylos auch hier aufführte.
Re: Zur tragischen Tetralogie
Γραικύλος schrieb am 08.09.2021 um 23:52 Uhr (Zitieren)
Das ist eine möglicher Erklärung, falls man den Zahlen traut.

33 Trilogien muß ich natürlich in 23 ändern.
Re: Zur tragischen Tetralogie
Bukolos schrieb am 09.09.2021 um 14:11 Uhr (Zitieren)
Die Lenäen kommen als Erklärung wohl nicht infrage. Man besitzt Fragmente von Siegerlisten für die lenäischen Komödien- und Tragödienaufführungen (IG II² 2325). Zwar fehlt der Anfang der Tragikerliste, aber anscheinend kann man den Zeitraum, in dem man bei den Lenäen Tragödien aufzuführen begann, aus dem Vorhandenen extrapolieren. In den Didascaliae der TrGF vol. 1 (Snell/Kannicht) legen sich die Autoren "ex opinione communi" auf "ca. 432" fest. Benjamin W. Millis und S. Douglas Olson (Inscriptional Records for the Dramatic Festivals in Athens, Leiden, Boston 2012, S. 204) halten auch die frühen 440er Jahre für möglich. Beides ist zu spät für Aischylos.

Aber die Didascaliae geben für Aischylos zwei Siege auf Sizilien an: mit den Αἰτναῖαι 476/5 und mit einer Wiederaufführung der Πέρσαι nach 472. Stücke, die für Aufführungen abseits der Großen Dionysien geschrieben worden sind, wären also weiterhin eine Erklärungsmöglichkeit für eine Tragödiengesamtzahl, die nicht durch drei teilbar ist.
Re: Zur tragischen Tetralogie
Γραικύλος schrieb am 09.09.2021 um 14:52 Uhr (Zitieren)
Danke für die Informationen!

Ich habe eine weitere Frage zum Αἰσχύλου βίος, und zwar zu 9:
Manche behaupten, er habe bei der Aufführung der "Eumeniden" den Chor einzeln auftreten lassen und hierdurch das Volk so sehr erschreckt, daß kleine Kinder gestorben, noch Ungeborene zur Welt gekommen seien.

Bei allem Schrecken, den die Erinyen verbreiten mögen - waren Frauen und Kinder zu den Theateraufführungen zugelassen?
Re: Zur tragischen Tetralogie
Bukolos schrieb am 09.09.2021 um 22:59 Uhr (Zitieren)
Schwierig. Zu einer vorsichtig formulierten, aber bejahenden Antwort dieser mindestens seit Böttigers Aufsatz Waren die Frauen in Athen Zuschauerinnen bey den dramatischen Vorstellungen? (1796) intensiv diskutierten Frage gelangt nach Auswertung diverser Belege (einschließlich des von dir angeführten) Jeffrey Henderson (Women and the Athenian Dramatic Festivals, TAPA 121, 1991, S. 133-147):

No ancient source confirms the hypothesis that women as a class, or any category of women, were excluded from the Athenian dramatic festivals, [...]. In addition, a significant number of ancient sources are best explained on the assumptions that at least some women did attend, that they took a lively interest in the plays, and that their responses were occasionally lively enough to prompt comic notice.

Ablehnend gegenüber Hendersons Argumenten äußert sich allerdings Simon Goldhill in The audience of Athenian tragedy (in: The Cambridge Companion to Greek Tragedy hg. P. E. Easterling, Cambridge 1997, S. 54-68). Er muss jedoch feststellen, dass die Frage bislang nicht sicher beantwortet werden kann.
Re: Zur tragischen Tetralogie
Γραικύλος schrieb am 10.09.2021 um 13:57 Uhr (Zitieren)
Sieh an, da bin ich auf ein seit 1796 bekanntes Problem gestoßen. Literaturkenntnis schützt vor Neuentdeckung.

Ich danke für die ausführliche Information.
 
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