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Altgriechisch Wörterbuch - Forum
Der Wille zum Menschsein (960 Aufrufe)
John schrieb am 04.12.2009 um 12:56 Uhr (Zitieren)
Ich bereite mich gerade auf eine Seminar namens "Der imperfekte Mensch. Theologische Anthropologie und Ethik im biotechnischen Zeitalter" vor. Es geht um die Frage von Krankheit und Gesundheit der Menschen, um die Rolle der Ärzte und die Frage, welche Ethik in Bezug auf das komplexe System von Versorgung angewandt werden soll/darf/muss. Dahinter steht die Frage, was der Mensch ist. Dazu habe ich eine schöne Verbindung von Medizin und Theologie gefunden:
Es gibt aber dennoch und von diesen mit Recht aufzuwerfenden Fragen nicht berührt, einen im Willen zum Leben eingeschlossenen und wie dieser selbst von Gott geforderten und im Gehorsam gegen ihn allen Ernstes aufzubringenden Willen zur Gesundheit.
Man darf unter Gesundheit nur nicht ein besonderes, für sich zu betrachtendes und zu besitzendes, sei es leibliches, sei es seelisches Etwas, von irgend einer besonderen Köstlichkeit verstehen, das dann als solches auch Gegenstand besonderer Zuwendung, Aufsuchung und Anstrengung werden könnte und müßte. Gesundheit ist Kraft zum Menschsein. Ihm dient sie ja als Fähigkeit, Rüstigkeit, Freiheit zur Ausübung der seelischen und leiblichen Funktionen, wie diese selbst nur Funktionen des Menschseins sind. Als diese Kraft kann und soll man sie wollen, indem man nämlich nach Leib und Seele - gesund? nein, eben - Mensch sein will: Mensch und nicht Tier oder Pflanze, Mensch und nicht Holz oder Stein, Mensch und kein Ding und auch nicht Exponent einer Idee, Mensch in der Befriedigung seiner triebhaften Bedürfnisse, Mensch im Gebrauch seiner Vernunft, Mensch in der Treue gegen seine Individualität und im Wissen um deren Schranken, Mensch in seiner Bestimmung zur Arbeit und zur Erkenntnis und zuhöchst vor allem: Mensch in seinem Verhältnis zu Gott und zum Mitmenschen, Mensch in der ihm gebotenen Tat seiner Freiheit.

(Eberhard Jüngel, "Grenzen des Menschseins", in ders.: "Entsprechungen: Gott – Wahrheit – Mensch" Tübingen 2002.)
Re: Der Wille zum Menschsein
John schrieb am 04.12.2009 um 13:09 Uhr (Zitieren)
Weiter unten dann auch eine hervorragende Stelle, die auf die Absicht des Autors hinweist:
Wiederum wird man aber von da aus auch nicht mit Zuständen absoluter, totaler Gesundheit und also mit der Existenz von Menschen rechnen dürfen, die des Gebotes, gesund sein zu wollen - weil sie es ohnehin wären - nicht bedürften. Auch die Gesunden bedürfen - vielleicht nicht des Arztes, wohl aber des Willens zur Gesundheit gar sehr.

Ich habe mal eine befreundete Psychologin gefragt, ob es überhaupt komplett gesunde, d.h. keinem Krankheitsbild entsprechende Menschen gibt. Die Antwort könnt ihr euch denken...
Re: Der Wille zum Menschsein
John schrieb am 04.12.2009 um 13:13 Uhr (Zitieren)
Eberhard Jüngel, "Grenzen des Menschseins", in ders.: "Entsprechungen: Gott – Wahrheit – Mensch" Tübingen 2002
Mein Fehler: Die Texte stammt aus Karl Barths Kirchlicher Dogmatik (Bd. 4), Zollikon-Zürich 1951, S. 404-426.
Den Jüngel-Text erspare ich euch lieber.;)
Re: Der Wille zum Menschsein
andreas schrieb am 04.12.2009 um 14:48 Uhr (Zitieren)

Mir hat mal ein Arzt gesagt:

Es gibt überhaupt keine gesunden Menschen - nur schlecht durchdiagnostizierte Patienten.
Re: Der Wille zum Menschsein
mercator schrieb am 06.12.2009 um 15:52 Uhr (Zitieren)
Warum willst du uns den Jüngel-Text ersparen?
Re: Der Wille zum Menschsein
John schrieb am 06.12.2009 um 23:27 Uhr (Zitieren)
Der Text von Eberhard Jüngel ist eine Art "logisches Thesenpapier", in dem er einige Grundbegriffe, wie Mensch, Gott, Grenzen und Verantwortung immer und immer wieder aufeinander bezieht, um letztlich zur Aussage zu kommen, dass der Mensch verantwortungsvoll in seiner Umwelt leben muss. Informativ, aber äußerst langweilig...
Re: Der Wille zum Menschsein
mercator schrieb am 08.12.2009 um 13:23 Uhr (Zitieren)
Mir ist der Autor bekannt ...
Re: Der Wille zum Menschsein
John schrieb am 08.12.2009 um 21:57 Uhr (Zitieren)
Persönlich?
Re: Der Wille zum Menschsein
mercator schrieb am 09.12.2009 um 23:00 Uhr (Zitieren)
persönlich, ja.
Re: Der Wille zum Menschsein
John schrieb am 10.12.2009 um 00:14 Uhr (Zitieren)
Wie Kant und Heidegger ist Jüngel wahrscheinlich auch ein großer Denker. Aber alle drei verbindet - in Bezug auf Jüngel meine ich natürlich nur diesen einen Text -, dass sie sprachlich gesehen enorme Nerven kosten. Bis hin zum absoluten Gelangweiltsein.
Aber bitte erzähl' dem Predigtpreisträger nichts davon, mercator.;)
Re: Der Wille zum Menschsein
mercator schrieb am 10.12.2009 um 21:24 Uhr (Zitieren)
Wenn du wüsstest , wieviele Bücher E. Jüngel zu Hause stehen hat, würde dich das nicht mehr so sehr verwundern ... :)
Re: Der Wille zum Menschsein
John schrieb am 10.12.2009 um 22:11 Uhr (Zitieren)
Vielleicht ist sein dialektisches Argumentieren auch einfach nichts für mich...
Ich vermisse ein wenig die Herzenssprache der Bibel in der Theologie. Und doch: Auch Paulus hat - entgegen seiner Selbstvorstellung als schlechter Redner - einige "anstrengende" Stellen:
οἶδα γὰρ ὅτι οὐκ οἰκεῖ ἐν ἐμοί, τοῦτ' ἔστιν ἐν τῇ σαρκί μου, ἀγαθόν τὸ γὰρ θέλειν παράκειταί μοι, τὸ δὲ κατεργάζεσθαι τὸ καλὸν οὔ
οὐ γὰρ ὃ θέλω ποιῶ ἀγαθόν, ἀλλὰ ὃ οὐ θέλω κακὸν τοῦτο πράσσω.
εἰ δὲ ὃ οὐ θέλω [ἐγὼ] τοῦτο ποιῶ, οὐκέτι ἐγὼ κατεργάζομαι αὐτὸ ἀλλὰ ἡ οἰκοῦσα ἐν ἐμοὶ ἁμαρτία.

(Röm 7,18-20)

Die Diskussion um das schwache Fleisch und den willigen Geist, der die Gebote Gottes liebt, ist keine einfache. Aber machen wir es nicht komplizierter, als es ohnehin schon ist.;)
Re: Der Wille zum Menschsein
mercator schrieb am 10.12.2009 um 22:45 Uhr (Zitieren)
Jüngel hat ein großes Faible (Schwäche) für den guten sprachlichen Ausdruck. Kann übrigens sehr gut Griechisch ...
Re: Der Wille zum Menschsein
John schrieb am 10.12.2009 um 23:04 Uhr (Zitieren)
Kam meine Rede wirklich so polemisch an? Das sollte sie nämlich keineswegs und über Herrn Jüngel wollte ich mich auch nicht lustig machen.
Ich bezweifle aber, dass man sich so ausführlich über eine - leicht in wenige Sätze zu verpackende - Aussage verständigen muss.
Hier der Text:
http://books.google.de/books?id=kZcPJljdg0EC&pg=PA355&lpg=PA355&dq=eberhard+j%C3%BCngel+grenzen+des+menschseins&source=bl&ots=Js6DYlV1Z7&sig=hwgaDtuqtQ-riLso7bY1tSeT3jg&hl=de&ei=924hS4akLYyAnQP06qnTBw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CAgQ6AEwAA#v=onepage&q=&f=false
Re: Der Wille zum Menschsein
mercator schrieb am 10.12.2009 um 23:10 Uhr (Zitieren)
Mir ist der Schreibstil von E. Jüngel ziemlich gut bekannt. Ist in etwa zu verleichen mit dem von Heidegger, man muss seine Texte erst "lesen lernen" (O-Ton).
Re: Der Wille zum Menschsein
John schrieb am 10.12.2009 um 23:36 Uhr (Zitieren)
Ja, so ist das bei vielen Autoren. Man muss erst ihre Eigenheiten kennen lernen, um sie in einer bestimmten Art und Weise zu lesen.
Leute, die Texte schreiben, sollten aber eher darum bemüht sein, verstanden zu werden.
Umberto Eco dazu:
Auch wenn man sich nicht um die intentio auctoris kümmert [...] es bleibt dennoch immer eine intentio operis, die sich dem mit gesundem Menschenverstand ausgestatteten Leser erschließt.

(Die Grenzen der Interpretation, dtv 1995, S. 48)

Aber warum muss man seine Intention, die ja auf der Hand liegt, so kryptifizieren; und zwar nicht durch Sprache bzw. Vokabeln - wie im Falle Heideggers (!) -, sondern durch verkomplizierte Gedankengänge?
 
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