John schrieb am 16.12.2009 um 16:13 Uhr (Zitieren)
(Lektion/Leçon. Frankfurt a.M. 1980)
Der Begriff Delirium ist hier auffallend. Das Bestreben einiger Philosophen scheint darin zu bestehen, gegen diese Geisteskrankheit einen Zustand der Gesundheit anzustreben und "zur Welt" oder "zu Bewusstsein" zu kommen. Das schlägt wiederum die Brücke zum Text von Karl Barth, den ich vor kurzem hier zitiert habe. Der Wille zum Menschsein ist die Gesundheit.
So betrachtet, stellt sich das Problem der Universalien als ein Kampf zwischen Be- und Entgrenzendem dar, das [b]im Menschen selbst[/i] stattfindet. Oder anders gesagt: Weil er sich selbst als dazu bestimmt glaubt, gesund zu sein, bringt der Mensch den Willen auf, jeder Spur, die darauf hindeuten könnte, er sei krank, nachzugehen und sie im Keim zu ersticken. Er kann gar nicht anders, weil er sich sonst - so sagt es Nietzsche - selbst verfehlen würde. Gesundheit bedeutet dann das Streben nach Allwissenheit, die ein Attribut Gottes darstellt.
Jetzt wieder theologisch und mit Luther:
Der Mensch will selbst Gott sein, und zwar im Bewusstsein um seine eigene Unvollkommenheit.
Seine Entgrenzungsversuche begeht er - ganz faustisch - auf verschiedenste Arten: Durch das Studium, durch Esoterik, Paktgeschäfte mit Pudeln oder gar Selbstmord.